Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.FÜNFTES BUCH. KAPITEL III. nilischen Antrag, weil nach dem gabinischen Gesetz der Wider-stand auf jeden Fall vergeblich war und weiterblickende Männer schon damals erkannten, dass es für den Senat die richtige Po- litik sei sich Pompeius möglichst zu nähern und bei dem voraus- zusehenden Bruch zwischen ihm und den Demokraten mit ihm gemeinschaftliche Sache zu machen. Die Männer des Schaukel- systems endlich segneten den Tag, wo auch sie eine Meinung zu haben scheinen und entschieden auftreten konnten, ohne es mit einer der Parteien zu verderben -- es ist bezeichnend, dass mit der Vertheidigung des manilischen Antrags Marcus Cicero zuerst die politische Rednerbühne betrat. Einzig die strengen Optima- ten, Quintus Catulus an der Spitze, zeigten wenigstens ihre Farbe und sprachen gegen den Vorschlag. Natürlich wurde derselbe mit einer an Einstimmigkeit grenzenden Majorität zum Gesetz erho- ben. Pompeius erhielt dadurch zu seiner früheren ausgedehnten Machtfülle noch die Verwaltung der wichtigsten kleinasiatischen Provinzen, so dass es innerhalb der weiten römischen Grenze kaum noch einen Fleck Landes gab, der ihm nicht gehorcht hätte, und die Führung eines Krieges, von dem man, wie von Alexan- ders Heerfahrt, wohl sagen konnte, wo und wann er begann, aber nicht, wo und wann er enden möge. Niemals noch, seit Rom stand, war solche Gewalt in den Händen eines einzigen Mannes vereinigt gewesen. Die gabinisch-manilischen Anträge beendigten den Kampf FÜNFTES BUCH. KAPITEL III. nilischen Antrag, weil nach dem gabinischen Gesetz der Wider-stand auf jeden Fall vergeblich war und weiterblickende Männer schon damals erkannten, daſs es für den Senat die richtige Po- litik sei sich Pompeius möglichst zu nähern und bei dem voraus- zusehenden Bruch zwischen ihm und den Demokraten mit ihm gemeinschaftliche Sache zu machen. Die Männer des Schaukel- systems endlich segneten den Tag, wo auch sie eine Meinung zu haben scheinen und entschieden auftreten konnten, ohne es mit einer der Parteien zu verderben — es ist bezeichnend, daſs mit der Vertheidigung des manilischen Antrags Marcus Cicero zuerst die politische Rednerbühne betrat. Einzig die strengen Optima- ten, Quintus Catulus an der Spitze, zeigten wenigstens ihre Farbe und sprachen gegen den Vorschlag. Natürlich wurde derselbe mit einer an Einstimmigkeit grenzenden Majorität zum Gesetz erho- ben. Pompeius erhielt dadurch zu seiner früheren ausgedehnten Machtfülle noch die Verwaltung der wichtigsten kleinasiatischen Provinzen, so daſs es innerhalb der weiten römischen Grenze kaum noch einen Fleck Landes gab, der ihm nicht gehorcht hätte, und die Führung eines Krieges, von dem man, wie von Alexan- ders Heerfahrt, wohl sagen konnte, wo und wann er begann, aber nicht, wo und wann er enden möge. Niemals noch, seit Rom stand, war solche Gewalt in den Händen eines einzigen Mannes vereinigt gewesen. Die gabinisch-manilischen Anträge beendigten den Kampf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0116" n="106"/><fw place="top" type="header">FÜNFTES BUCH. 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Wie<lb/> die sempronischen Gesetze die Revolutionspartei zuerst als poli-<lb/> tische Opposition constituirten, so ging dieselbe mit den gabi-<lb/> nisch-manilischen über von der Opposition in das Regiment.<lb/> Wie es ein groſsartiger Moment gewesen war, als mit der ver-<lb/> geblichen Intercession des Octavius der erste Bruch in die beste-<lb/> hende Verfassung geschah, so war es nicht minder ein bedeu-<lb/> tungsvoller Augenblick, als mit dem Rücktritt des Trebellius das<lb/> letzte Bollwerk des senatorischen Regiments zusammenbrach.<lb/> Wohl ward auf beiden Seiten dies empfunden; selbst die schlaffen<lb/> Senatorenseelen zuckten auf in diesem Todeskampf; aber es lief<lb/> doch der Verfassungskampf in gar anderer und gar viel kümmerli-<lb/> cherer Weise zu Ende als er begonnen hatte. Ein in jedem Sinne<lb/> adlicher Jüngling hatte die Revolution eröffnet; sie ward be-<lb/> schlossen durch kecke Intriganten und Demagogen des niedrigsten<lb/> Schlages. Wenn andererseits die Optimaten mit gemessenem Wi-<lb/> derstand, mit einer selbst auf den verlorenen Posten ernst aushar-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [106/0116]
FÜNFTES BUCH. KAPITEL III.
nilischen Antrag, weil nach dem gabinischen Gesetz der Wider-
stand auf jeden Fall vergeblich war und weiterblickende Männer
schon damals erkannten, daſs es für den Senat die richtige Po-
litik sei sich Pompeius möglichst zu nähern und bei dem voraus-
zusehenden Bruch zwischen ihm und den Demokraten mit ihm
gemeinschaftliche Sache zu machen. Die Männer des Schaukel-
systems endlich segneten den Tag, wo auch sie eine Meinung zu
haben scheinen und entschieden auftreten konnten, ohne es mit
einer der Parteien zu verderben — es ist bezeichnend, daſs mit
der Vertheidigung des manilischen Antrags Marcus Cicero zuerst
die politische Rednerbühne betrat. Einzig die strengen Optima-
ten, Quintus Catulus an der Spitze, zeigten wenigstens ihre Farbe
und sprachen gegen den Vorschlag. Natürlich wurde derselbe mit
einer an Einstimmigkeit grenzenden Majorität zum Gesetz erho-
ben. Pompeius erhielt dadurch zu seiner früheren ausgedehnten
Machtfülle noch die Verwaltung der wichtigsten kleinasiatischen
Provinzen, so daſs es innerhalb der weiten römischen Grenze
kaum noch einen Fleck Landes gab, der ihm nicht gehorcht hätte,
und die Führung eines Krieges, von dem man, wie von Alexan-
ders Heerfahrt, wohl sagen konnte, wo und wann er begann, aber
nicht, wo und wann er enden möge. Niemals noch, seit Rom
stand, war solche Gewalt in den Händen eines einzigen Mannes
vereinigt gewesen.
Die gabinisch-manilischen Anträge beendigten den Kampf
zwischen dem Senat und der Popularpartei, den vor siebenund-
sechzig Jahren die sempronischen Gesetze begonnen hatten. Wie
die sempronischen Gesetze die Revolutionspartei zuerst als poli-
tische Opposition constituirten, so ging dieselbe mit den gabi-
nisch-manilischen über von der Opposition in das Regiment.
Wie es ein groſsartiger Moment gewesen war, als mit der ver-
geblichen Intercession des Octavius der erste Bruch in die beste-
hende Verfassung geschah, so war es nicht minder ein bedeu-
tungsvoller Augenblick, als mit dem Rücktritt des Trebellius das
letzte Bollwerk des senatorischen Regiments zusammenbrach.
Wohl ward auf beiden Seiten dies empfunden; selbst die schlaffen
Senatorenseelen zuckten auf in diesem Todeskampf; aber es lief
doch der Verfassungskampf in gar anderer und gar viel kümmerli-
cherer Weise zu Ende als er begonnen hatte. Ein in jedem Sinne
adlicher Jüngling hatte die Revolution eröffnet; sie ward be-
schlossen durch kecke Intriganten und Demagogen des niedrigsten
Schlages. Wenn andererseits die Optimaten mit gemessenem Wi-
derstand, mit einer selbst auf den verlorenen Posten ernst aushar-
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