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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.

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DIE UNTERTHÄNIGEN LANDSCHAFTEN.
blickte, schwoll ihr das stolze Herz über diese Schändung der
theuren untergehenden Heimath und den Gemahl mit bitteren
Worten erinnernd seines Lebens sorglich zu schonen, stürzte sie
erst die Söhne und dann sich selber in die Flammen. Der Kampf
war zu Ende. Der Jubel im Lager wie in Rom war grenzenlos;
nur die edelsten des Volkes schämten im Stillen sich der neuesten
Grossthat der Nation. Die Gefangenen wurden grösstentheils zu
Sclaven verkauft; einzelne liess man im Kerker verkommen; nur
die vornehmsten, Bithyas und Hasdrubal wurden als römische
Staatsgefangene in Italien internirt und leidlich behandelt. Das
bewegliche Gut, so weit es nicht Gold und Silber war oder Weih-
geschenk, ward den Soldaten zur Plünderung preisgegeben; von
den Tempelschätzen ward die in Karthagos besseren Zeiten aus
den sicilischen Städten weggeführte Beute denselben zurückgege-
ben, wie zum Beispiel der Stier des Phalaris den Akragantinern.
Das Uebrige fiel an den römischen Staat. -- Indess noch stand
die Stadt zum bei weitem grössten Theil. Es ist glaublich, dass
Scipio die Erhaltung derselben wünschte; wenigstens richtete er
desswegen noch eine besondere Anfrage an den Senat. Scipio
Nasica versuchte noch einmal die Forderungen der Vernunft und
der Ehre geltend zu machen; es war vergebens. Der Senat be-
fahl dem Feldherrn die Stadt Karthago und die Aussenstadt Ma-
galia dem Boden gleich zu machen, dessgleichen alle Ortschaften,
die es bis zuletzt mit Karthago gehalten; sodann aber über den
Boden Karthagos den Pflug zu führen, um der Existenz der Stadt
in Form Rechtens ein Ende zu machen, und Grund und Boden
auf ewige Zeiten zu verwünschen, also dass weder Haus noch
Kornfeld je dort entstehen möge. Es geschah wie befohlen war;
siebzehn Tage brannten die Ruinen und wo die fleissigen Phö-
niker ein halbes Jahrtausend geschafft und gehandelt hatten, wei-
deten fortan römische Sklaven die Heerden ihrer fernen Herren.
Scipio aber, den die Natur zu einer edleren als zu dieser Hen-
kerrolle bestimmt hatte, sah schaudernd auf sein eigenes Werk;
und wenn schon den Sieger statt der Siegesfreude die Ahnung
der solcher Unthat unausbleiblich nachfolgenden Nemesis er-
fasste, so mögen wir Späteren uns erinnern, dass diese fre-
velhafte Vernichtung der grossen Stadt dereinst noch überbo-
ten werden sollte durch die noch freventlichere einer noch
grösseren, der karthagische Brand durch die muthwillige Anzün-
dung Roms durch seinen eigenen Kaiser. -- Es war noch übrig
für die künftige Organisation der Landschaft die Einrichtungen
zu treffen. Die frühere Weise mit den gewonnenen überseeischen

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DIE UNTERTHÄNIGEN LANDSCHAFTEN.
blickte, schwoll ihr das stolze Herz über diese Schändung der
theuren untergehenden Heimath und den Gemahl mit bitteren
Worten erinnernd seines Lebens sorglich zu schonen, stürzte sie
erst die Söhne und dann sich selber in die Flammen. Der Kampf
war zu Ende. Der Jubel im Lager wie in Rom war grenzenlos;
nur die edelsten des Volkes schämten im Stillen sich der neuesten
Groſsthat der Nation. Die Gefangenen wurden gröſstentheils zu
Sclaven verkauft; einzelne lieſs man im Kerker verkommen; nur
die vornehmsten, Bithyas und Hasdrubal wurden als römische
Staatsgefangene in Italien internirt und leidlich behandelt. Das
bewegliche Gut, so weit es nicht Gold und Silber war oder Weih-
geschenk, ward den Soldaten zur Plünderung preisgegeben; von
den Tempelschätzen ward die in Karthagos besseren Zeiten aus
den sicilischen Städten weggeführte Beute denselben zurückgege-
ben, wie zum Beispiel der Stier des Phalaris den Akragantinern.
Das Uebrige fiel an den römischen Staat. — Indeſs noch stand
die Stadt zum bei weitem gröſsten Theil. Es ist glaublich, daſs
Scipio die Erhaltung derselben wünschte; wenigstens richtete er
deſswegen noch eine besondere Anfrage an den Senat. Scipio
Nasica versuchte noch einmal die Forderungen der Vernunft und
der Ehre geltend zu machen; es war vergebens. Der Senat be-
fahl dem Feldherrn die Stadt Karthago und die Auſsenstadt Ma-
galia dem Boden gleich zu machen, deſsgleichen alle Ortschaften,
die es bis zuletzt mit Karthago gehalten; sodann aber über den
Boden Karthagos den Pflug zu führen, um der Existenz der Stadt
in Form Rechtens ein Ende zu machen, und Grund und Boden
auf ewige Zeiten zu verwünschen, also daſs weder Haus noch
Kornfeld je dort entstehen möge. Es geschah wie befohlen war;
siebzehn Tage brannten die Ruinen und wo die fleiſsigen Phö-
niker ein halbes Jahrtausend geschafft und gehandelt hatten, wei-
deten fortan römische Sklaven die Heerden ihrer fernen Herren.
Scipio aber, den die Natur zu einer edleren als zu dieser Hen-
kerrolle bestimmt hatte, sah schaudernd auf sein eigenes Werk;
und wenn schon den Sieger statt der Siegesfreude die Ahnung
der solcher Unthat unausbleiblich nachfolgenden Nemesis er-
faſste, so mögen wir Späteren uns erinnern, daſs diese fre-
velhafte Vernichtung der groſsen Stadt dereinst noch überbo-
ten werden sollte durch die noch freventlichere einer noch
gröſseren, der karthagische Brand durch die muthwillige Anzün-
dung Roms durch seinen eigenen Kaiser. — Es war noch übrig
für die künftige Organisation der Landschaft die Einrichtungen
zu treffen. Die frühere Weise mit den gewonnenen überseeischen

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[35/0045] DIE UNTERTHÄNIGEN LANDSCHAFTEN. blickte, schwoll ihr das stolze Herz über diese Schändung der theuren untergehenden Heimath und den Gemahl mit bitteren Worten erinnernd seines Lebens sorglich zu schonen, stürzte sie erst die Söhne und dann sich selber in die Flammen. Der Kampf war zu Ende. Der Jubel im Lager wie in Rom war grenzenlos; nur die edelsten des Volkes schämten im Stillen sich der neuesten Groſsthat der Nation. Die Gefangenen wurden gröſstentheils zu Sclaven verkauft; einzelne lieſs man im Kerker verkommen; nur die vornehmsten, Bithyas und Hasdrubal wurden als römische Staatsgefangene in Italien internirt und leidlich behandelt. Das bewegliche Gut, so weit es nicht Gold und Silber war oder Weih- geschenk, ward den Soldaten zur Plünderung preisgegeben; von den Tempelschätzen ward die in Karthagos besseren Zeiten aus den sicilischen Städten weggeführte Beute denselben zurückgege- ben, wie zum Beispiel der Stier des Phalaris den Akragantinern. Das Uebrige fiel an den römischen Staat. — Indeſs noch stand die Stadt zum bei weitem gröſsten Theil. Es ist glaublich, daſs Scipio die Erhaltung derselben wünschte; wenigstens richtete er deſswegen noch eine besondere Anfrage an den Senat. Scipio Nasica versuchte noch einmal die Forderungen der Vernunft und der Ehre geltend zu machen; es war vergebens. Der Senat be- fahl dem Feldherrn die Stadt Karthago und die Auſsenstadt Ma- galia dem Boden gleich zu machen, deſsgleichen alle Ortschaften, die es bis zuletzt mit Karthago gehalten; sodann aber über den Boden Karthagos den Pflug zu führen, um der Existenz der Stadt in Form Rechtens ein Ende zu machen, und Grund und Boden auf ewige Zeiten zu verwünschen, also daſs weder Haus noch Kornfeld je dort entstehen möge. Es geschah wie befohlen war; siebzehn Tage brannten die Ruinen und wo die fleiſsigen Phö- niker ein halbes Jahrtausend geschafft und gehandelt hatten, wei- deten fortan römische Sklaven die Heerden ihrer fernen Herren. Scipio aber, den die Natur zu einer edleren als zu dieser Hen- kerrolle bestimmt hatte, sah schaudernd auf sein eigenes Werk; und wenn schon den Sieger statt der Siegesfreude die Ahnung der solcher Unthat unausbleiblich nachfolgenden Nemesis er- faſste, so mögen wir Späteren uns erinnern, daſs diese fre- velhafte Vernichtung der groſsen Stadt dereinst noch überbo- ten werden sollte durch die noch freventlichere einer noch gröſseren, der karthagische Brand durch die muthwillige Anzün- dung Roms durch seinen eigenen Kaiser. — Es war noch übrig für die künftige Organisation der Landschaft die Einrichtungen zu treffen. Die frühere Weise mit den gewonnenen überseeischen 3*

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/45>, abgerufen am 21.11.2024.