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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.

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LITTERATUR UND KUNST.
geschah, so ward auch der Bauer mit seinen Leiden und Freuden
nach allen Seiten dargestellt -- von der Fülle dieses ländlichen
Repertoires geben eine Ahnung die zahlreichen derartigen Titel,
wie zum Beispiel ,die Kuh', ,der Esel', ,das Zicklein', ,die Sau',
,das Schwein', ,der kranke Eber', ,der Bauer', ,der Landmann',
,Pantalon Landmann', ,der Rinderknecht', ,die Winzer', ,das
Holzmachen', ,das Behacken', ,der Hühnerhof'. Immer noch wa-
ren es in diesen Stücken die stehenden Figuren des dummen und
des pfiffigen Dieners, des guten Alten, des weisen Mannes, die das
Publicum ergötzten; namentlich der erste durfte nicht fehlen, der
Harlekin dieser Posse, der gefrässige unflätige ausstaffirt hässliche
und dabei ewig verliebte Maccus, immer im Begriff über seine
eigenen Füsse zu fallen, von Allen mit Hohn und mit Prügeln
bedacht und endlich am Schluss der regelmässige Sündenbock --
die Titel ,Harlekin Soldat' ,Harlekin Wirth', ,Jungfer Harlekin',
,Harlekin in der Verbannung', ,die beiden Harlekine' mögen dem
gutgelaunten Leser eine Ahnung davon geben, wie mannigfaltig es
auf der römischen Mummenschanz herging. Obwohl diese Pos-
sen, wenigstens seit sie geschrieben wurden, den allgemeinen
Gesetzen der Litteratur sich fügten und in den Versmassen zum
Beispiel der griechischen Bühne sich anschlossen, so hielten sie
doch sich natürlicher Weise bei weitem latinischer und volks-
thümlicher als selbst das nationale Lustspiel; nur in der Form
der trayestirten Tragödie begab sich die Posse in die griechische
Welt * und auch dies Genre scheint erst von Novius und über-
haupt nicht sehr häufig cultivirt worden zu sein. Dass der Ton
nicht der feinste war, versteht sich; sehr unzweideutige Zweideu-
tigkeiten, grobkörnige Bauernzoten, kinderschreckende und ge-
legentlich fressende Gespenster gehörten hier einmal mit dazu
und persönliche Anzüglichkeiten, sogar mit Nennung der Na-
men, schlüpften nicht selten mit durch. Aber es fehlte auch nicht
an lebendiger Schilderung, an grotesken Einfällen, schlagenden
Spässen, kernigen Sprüchen und die Harlekinade gewann sich
rasch eine nicht unansehnliche Stellung im Bühnenleben der
Hauptstadt und selbst in der Litteratur.

Was endlich die Entwickelung des Bühnenwesens anbelangt,

* Lustig genug ging es hier zu. So hiess es in Novius Andromache:
Dies, bitt' ich, wolle in den Busen dir, mein Sohn
Versenken also wie die Winzer in den Korb

und in dessen Phoenissen:
Auf! waffne dich! mit der Binsenkeule schlag ich dich todt!
ganz wie Menanders ,falscher Herakles' auftritt.

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geschah, so ward auch der Bauer mit seinen Leiden und Freuden
nach allen Seiten dargestellt — von der Fülle dieses ländlichen
Repertoires geben eine Ahnung die zahlreichen derartigen Titel,
wie zum Beispiel ‚die Kuh‘, ‚der Esel‘, ‚das Zicklein‘, ‚die Sau‘,
‚das Schwein‘, ‚der kranke Eber‘, ‚der Bauer‘, ‚der Landmann‘,
‚Pantalon Landmann‘, ‚der Rinderknecht‘, ‚die Winzer‘, ‚das
Holzmachen‘, ‚das Behacken‘, ‚der Hühnerhof‘. Immer noch wa-
ren es in diesen Stücken die stehenden Figuren des dummen und
des pfiffigen Dieners, des guten Alten, des weisen Mannes, die das
Publicum ergötzten; namentlich der erste durfte nicht fehlen, der
Harlekin dieser Posse, der gefräſsige unflätige ausstaffirt häſsliche
und dabei ewig verliebte Maccus, immer im Begriff über seine
eigenen Füſse zu fallen, von Allen mit Hohn und mit Prügeln
bedacht und endlich am Schluſs der regelmäſsige Sündenbock —
die Titel ‚Harlekin Soldat‘ ‚Harlekin Wirth‘, ‚Jungfer Harlekin‘,
‚Harlekin in der Verbannung‘, ‚die beiden Harlekine‘ mögen dem
gutgelaunten Leser eine Ahnung davon geben, wie mannigfaltig es
auf der römischen Mummenschanz herging. Obwohl diese Pos-
sen, wenigstens seit sie geschrieben wurden, den allgemeinen
Gesetzen der Litteratur sich fügten und in den Versmaſsen zum
Beispiel der griechischen Bühne sich anschlossen, so hielten sie
doch sich natürlicher Weise bei weitem latinischer und volks-
thümlicher als selbst das nationale Lustspiel; nur in der Form
der trayestirten Tragödie begab sich die Posse in die griechische
Welt * und auch dies Genre scheint erst von Novius und über-
haupt nicht sehr häufig cultivirt worden zu sein. Daſs der Ton
nicht der feinste war, versteht sich; sehr unzweideutige Zweideu-
tigkeiten, grobkörnige Bauernzoten, kinderschreckende und ge-
legentlich fressende Gespenster gehörten hier einmal mit dazu
und persönliche Anzüglichkeiten, sogar mit Nennung der Na-
men, schlüpften nicht selten mit durch. Aber es fehlte auch nicht
an lebendiger Schilderung, an grotesken Einfällen, schlagenden
Späſsen, kernigen Sprüchen und die Harlekinade gewann sich
rasch eine nicht unansehnliche Stellung im Bühnenleben der
Hauptstadt und selbst in der Litteratur.

Was endlich die Entwickelung des Bühnenwesens anbelangt,

* Lustig genug ging es hier zu. So hieſs es in Novius Andromache:
Dies, bitt' ich, wolle in den Busen dir, mein Sohn
Versenken also wie die Winzer in den Korb

und in dessen Phoenissen:
Auf! waffne dich! mit der Binsenkeule schlag ich dich todt!
ganz wie Menanders ‚falscher Herakles‘ auftritt.
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[421/0431] LITTERATUR UND KUNST. geschah, so ward auch der Bauer mit seinen Leiden und Freuden nach allen Seiten dargestellt — von der Fülle dieses ländlichen Repertoires geben eine Ahnung die zahlreichen derartigen Titel, wie zum Beispiel ‚die Kuh‘, ‚der Esel‘, ‚das Zicklein‘, ‚die Sau‘, ‚das Schwein‘, ‚der kranke Eber‘, ‚der Bauer‘, ‚der Landmann‘, ‚Pantalon Landmann‘, ‚der Rinderknecht‘, ‚die Winzer‘, ‚das Holzmachen‘, ‚das Behacken‘, ‚der Hühnerhof‘. Immer noch wa- ren es in diesen Stücken die stehenden Figuren des dummen und des pfiffigen Dieners, des guten Alten, des weisen Mannes, die das Publicum ergötzten; namentlich der erste durfte nicht fehlen, der Harlekin dieser Posse, der gefräſsige unflätige ausstaffirt häſsliche und dabei ewig verliebte Maccus, immer im Begriff über seine eigenen Füſse zu fallen, von Allen mit Hohn und mit Prügeln bedacht und endlich am Schluſs der regelmäſsige Sündenbock — die Titel ‚Harlekin Soldat‘ ‚Harlekin Wirth‘, ‚Jungfer Harlekin‘, ‚Harlekin in der Verbannung‘, ‚die beiden Harlekine‘ mögen dem gutgelaunten Leser eine Ahnung davon geben, wie mannigfaltig es auf der römischen Mummenschanz herging. Obwohl diese Pos- sen, wenigstens seit sie geschrieben wurden, den allgemeinen Gesetzen der Litteratur sich fügten und in den Versmaſsen zum Beispiel der griechischen Bühne sich anschlossen, so hielten sie doch sich natürlicher Weise bei weitem latinischer und volks- thümlicher als selbst das nationale Lustspiel; nur in der Form der trayestirten Tragödie begab sich die Posse in die griechische Welt * und auch dies Genre scheint erst von Novius und über- haupt nicht sehr häufig cultivirt worden zu sein. Daſs der Ton nicht der feinste war, versteht sich; sehr unzweideutige Zweideu- tigkeiten, grobkörnige Bauernzoten, kinderschreckende und ge- legentlich fressende Gespenster gehörten hier einmal mit dazu und persönliche Anzüglichkeiten, sogar mit Nennung der Na- men, schlüpften nicht selten mit durch. Aber es fehlte auch nicht an lebendiger Schilderung, an grotesken Einfällen, schlagenden Späſsen, kernigen Sprüchen und die Harlekinade gewann sich rasch eine nicht unansehnliche Stellung im Bühnenleben der Hauptstadt und selbst in der Litteratur. Was endlich die Entwickelung des Bühnenwesens anbelangt, * Lustig genug ging es hier zu. So hieſs es in Novius Andromache: Dies, bitt' ich, wolle in den Busen dir, mein Sohn Versenken also wie die Winzer in den Korb und in dessen Phoenissen: Auf! waffne dich! mit der Binsenkeule schlag ich dich todt! ganz wie Menanders ‚falscher Herakles‘ auftritt.

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/431>, abgerufen am 25.11.2024.