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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.

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VIERTES BUCH. KAPITEL I.
ten nicht zahlreichen Mannschaft besetzt, in der Hoffnung von
hier aus in die Aussenstadt eindringen zu können. In der That
waren sie schon einen Augenblick innerhalb der Thore gewesen
und eine Masse Leute des Lagertrosses waren herbeigeströmt in
der Hoffnung auf Beute. Allein wieder auf die Klippe zurückge-
drängt fanden sie sich ohne Zufuhr und fast abgeschnitten. Kaum
angekommen entsandte Scipio die mitgebrachte Mannschaft und
die Miliz von Utica zu Schiff nach dem bedrohten Punkt und es
gelang dessen Besatzung zu retten und denselben zu behaupten.
Während Scipio hierauf abwesend war um das Heer des Piso
wieder nach Karthago zurückzuführen, verlegten Hasdrubal und
Bithyas ihr Lager unmittelbar an die Stadt; sie erneuerten den
Angriff auf die Besatzung der Klippe vor Magalia; indess auch
jetzt erschien Scipio zeitig genug mit dem Vortrab der Haupt-
armee um dem Posten Beistand zu leisten. So begann jetzt von
neuem und ernstlicher die Belagerung. Vor allen Dingen säuberte
Scipio das Lager von der Masse des Trosses und der Marketen-
der und zog die erschlafften Zügel der Disciplin wieder mit Strenge
an. Zunächst ward sodann ein nächtlicher Angriff auf die Aussen-
stadt versucht; von einem Thurme aus, der den Mauern an Höhe
gleich vor denselben stand, gelangten die Römer auf die Zinnen
und öffneten ein Pförtchen, durch das das ganze Heer eindrang.
Die Karthager gaben die Aussenstadt und das Lager vor den Tho-
ren auf; in der inneren Stadt übernahm Hasdrubal den Oberbe-
fehl über die auf 30000 Mann sich belaufende städtische Be-
satzung. Er bewies seine Energie zuvörderst dadurch, dass er
sämmtliche römische Gefangenen auf die Mauerzinnen bringen
und sie vor den Augen des Belagerungsheers nach grausamen
Martern in die Tiefe stürzen liess; als hierüber Stimmen des Tadels
sich erhoben, wurde auch gegen die Bürger die Schreckensherr-
schaft eingeführt. Scipio inzwischen war zunächst darauf bedacht
der Stadt allen Verkehr nach aussen hin abzuschneiden. Er selbst
nahm sein Hauptquartier auf dem Erdrücken, durch den die kar-
thagische Halbinsel mit dem Festland zusammenhängt und schlug
hier trotz der vielfachen Versuche der Karthager den Bau zu stö-
ren ein grosses diesen Rücken in seiner ganzen Breite schliessen-
des Lager, das die Stadt auf der Landseite vollständig absperrte.
Indess liefen noch immer Proviantschiffe in den Hafen ein, theils
kühne Kauffahrer, die der hohe Gewinn lockte, theils durch Bi-
thyas Veranstaltung, der von Nepheris am Ende des tunetaner
Sees aus bei jedem günstigen Fahrwind Lebensmittel nach der
Stadt zu bringen versuchte; wie auch daselbst die Bürgerschaft

VIERTES BUCH. KAPITEL I.
ten nicht zahlreichen Mannschaft besetzt, in der Hoffnung von
hier aus in die Auſsenstadt eindringen zu können. In der That
waren sie schon einen Augenblick innerhalb der Thore gewesen
und eine Masse Leute des Lagertrosses waren herbeigeströmt in
der Hoffnung auf Beute. Allein wieder auf die Klippe zurückge-
drängt fanden sie sich ohne Zufuhr und fast abgeschnitten. Kaum
angekommen entsandte Scipio die mitgebrachte Mannschaft und
die Miliz von Utica zu Schiff nach dem bedrohten Punkt und es
gelang dessen Besatzung zu retten und denselben zu behaupten.
Während Scipio hierauf abwesend war um das Heer des Piso
wieder nach Karthago zurückzuführen, verlegten Hasdrubal und
Bithyas ihr Lager unmittelbar an die Stadt; sie erneuerten den
Angriff auf die Besatzung der Klippe vor Magalia; indeſs auch
jetzt erschien Scipio zeitig genug mit dem Vortrab der Haupt-
armee um dem Posten Beistand zu leisten. So begann jetzt von
neuem und ernstlicher die Belagerung. Vor allen Dingen säuberte
Scipio das Lager von der Masse des Trosses und der Marketen-
der und zog die erschlafften Zügel der Disciplin wieder mit Strenge
an. Zunächst ward sodann ein nächtlicher Angriff auf die Auſsen-
stadt versucht; von einem Thurme aus, der den Mauern an Höhe
gleich vor denselben stand, gelangten die Römer auf die Zinnen
und öffneten ein Pförtchen, durch das das ganze Heer eindrang.
Die Karthager gaben die Auſsenstadt und das Lager vor den Tho-
ren auf; in der inneren Stadt übernahm Hasdrubal den Oberbe-
fehl über die auf 30000 Mann sich belaufende städtische Be-
satzung. Er bewies seine Energie zuvörderst dadurch, daſs er
sämmtliche römische Gefangenen auf die Mauerzinnen bringen
und sie vor den Augen des Belagerungsheers nach grausamen
Martern in die Tiefe stürzen lieſs; als hierüber Stimmen des Tadels
sich erhoben, wurde auch gegen die Bürger die Schreckensherr-
schaft eingeführt. Scipio inzwischen war zunächst darauf bedacht
der Stadt allen Verkehr nach auſsen hin abzuschneiden. Er selbst
nahm sein Hauptquartier auf dem Erdrücken, durch den die kar-
thagische Halbinsel mit dem Festland zusammenhängt und schlug
hier trotz der vielfachen Versuche der Karthager den Bau zu stö-
ren ein groſses diesen Rücken in seiner ganzen Breite schlieſsen-
des Lager, das die Stadt auf der Landseite vollständig absperrte.
Indeſs liefen noch immer Proviantschiffe in den Hafen ein, theils
kühne Kauffahrer, die der hohe Gewinn lockte, theils durch Bi-
thyas Veranstaltung, der von Nepheris am Ende des tunetaner
Sees aus bei jedem günstigen Fahrwind Lebensmittel nach der
Stadt zu bringen versuchte; wie auch daselbst die Bürgerschaft

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[32/0042] VIERTES BUCH. KAPITEL I. ten nicht zahlreichen Mannschaft besetzt, in der Hoffnung von hier aus in die Auſsenstadt eindringen zu können. In der That waren sie schon einen Augenblick innerhalb der Thore gewesen und eine Masse Leute des Lagertrosses waren herbeigeströmt in der Hoffnung auf Beute. Allein wieder auf die Klippe zurückge- drängt fanden sie sich ohne Zufuhr und fast abgeschnitten. Kaum angekommen entsandte Scipio die mitgebrachte Mannschaft und die Miliz von Utica zu Schiff nach dem bedrohten Punkt und es gelang dessen Besatzung zu retten und denselben zu behaupten. Während Scipio hierauf abwesend war um das Heer des Piso wieder nach Karthago zurückzuführen, verlegten Hasdrubal und Bithyas ihr Lager unmittelbar an die Stadt; sie erneuerten den Angriff auf die Besatzung der Klippe vor Magalia; indeſs auch jetzt erschien Scipio zeitig genug mit dem Vortrab der Haupt- armee um dem Posten Beistand zu leisten. So begann jetzt von neuem und ernstlicher die Belagerung. Vor allen Dingen säuberte Scipio das Lager von der Masse des Trosses und der Marketen- der und zog die erschlafften Zügel der Disciplin wieder mit Strenge an. Zunächst ward sodann ein nächtlicher Angriff auf die Auſsen- stadt versucht; von einem Thurme aus, der den Mauern an Höhe gleich vor denselben stand, gelangten die Römer auf die Zinnen und öffneten ein Pförtchen, durch das das ganze Heer eindrang. Die Karthager gaben die Auſsenstadt und das Lager vor den Tho- ren auf; in der inneren Stadt übernahm Hasdrubal den Oberbe- fehl über die auf 30000 Mann sich belaufende städtische Be- satzung. Er bewies seine Energie zuvörderst dadurch, daſs er sämmtliche römische Gefangenen auf die Mauerzinnen bringen und sie vor den Augen des Belagerungsheers nach grausamen Martern in die Tiefe stürzen lieſs; als hierüber Stimmen des Tadels sich erhoben, wurde auch gegen die Bürger die Schreckensherr- schaft eingeführt. Scipio inzwischen war zunächst darauf bedacht der Stadt allen Verkehr nach auſsen hin abzuschneiden. Er selbst nahm sein Hauptquartier auf dem Erdrücken, durch den die kar- thagische Halbinsel mit dem Festland zusammenhängt und schlug hier trotz der vielfachen Versuche der Karthager den Bau zu stö- ren ein groſses diesen Rücken in seiner ganzen Breite schlieſsen- des Lager, das die Stadt auf der Landseite vollständig absperrte. Indeſs liefen noch immer Proviantschiffe in den Hafen ein, theils kühne Kauffahrer, die der hohe Gewinn lockte, theils durch Bi- thyas Veranstaltung, der von Nepheris am Ende des tunetaner Sees aus bei jedem günstigen Fahrwind Lebensmittel nach der Stadt zu bringen versuchte; wie auch daselbst die Bürgerschaft

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/42>, abgerufen am 24.11.2024.