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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.

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DAS GEMEINWESEN UND SEINE OEKONOMIE.
diesen zugemuthet ward von den einzelnen Gerichten zu essen
und nicht bloss zu kosten; man bezog für schweres Geld auslän-
dische Delicatessen -- das Fässchen Sardellen aus dem schwar-
zen Meer ward mit 1600 Sesterzen (100 Thlr.) bezahlt -- und
griechischen Wein, der bei jeder anständigen Mahlzeit wenigstens
einmal herumgereicht werden musste. Vor allem bei Tafel
glänzte die Schaar der Luxussclaven, die Kapelle, das Ballet, das
elegante Mobiliar, die goldstrotzenden oder gemäldeartig gestick-
ten Teppiche, die Purpurdecken, das antike Bronzegeräth, das
reiche Silbergeschirr. Hiegegen vor allem richteten sich die Lu-
xusgesetze, die häufiger (593. 639. 665. 673.) und ausführlicher
als je ergingen: eine Menge Delicatessen und Weine wurden darin
gänzlich untersagt, für andere nach Gewicht und Preis ein Ma-
ximum festgesetzt, ebenso die Quantität des silbernen Tafelge-
schirrs gesetzlich beschränkt, endlich allgemeine Maximalbeträge
der gewöhnlichen und der Festtagsmahlzeiten vorgeschrieben,
zum Beispiel 593 von 10 und 100 (20 Gr. und 6 2/3 Thlr.), 673
von 30 und 300 Sesterzen (2 Thlr. und 20 Thlr.). Zur Steuer
der Wahrheit muss leider hinzugefügt werden, dass von allen
vornehmen Römern nicht mehr als drei, und zwar keineswegs die
Gesetzgeber selber, diese stattlichen Gesetze befolgt haben sol-
len; auch diesen dreien aber beschnitt nicht das Gesetz des Staa-
tes den Küchenzettel, sondern das der Stoa. Es lohnt der Mühe
einen Augenblick noch bei dem trotz all dieser Gesetze steigenden
Luxus im Silbergeräth zu verweilen. Im sechsten Jahrhundert
war silbernes Tafelgeschirr mit Ausnahme des althergebrachten
silbernen Salzfasses eine Ausnahme; die karthagischen Gesand-
ten spotteten darüber, dass sie in jedem Hause, wo man sie ein-
geladen, dasselbe silberne Tafelgeräth wiedergefunden hätten.
Noch Scipio Aemilianus besass nicht mehr als 32 Pfund (900 Thlr.)
an verarbeitetem Silber; sein Neffe Quintus Fabius (Consul 633)
brachte es zuerst auf 1000 (28000 Thlr.), Marcus Drusus (Volks-
tribun 663) schon auf 10000 Pfund (280000 Thlr.); in Sullas
Zeit zählte man in der Hauptstadt bereits gegen 150 hundert-
pfündige silberne Prachtschüsseln, von denen manche ihren Be-
sitzer auf die Proscriptionsliste brachte. Um die hiefür ver-
schwendeten Summen zu ermessen, muss man sich erinnern,
dass man auch die Arbeit schon mit ungeheuren Preisen be-
zahlte, wie denn für ausgezeichnetes Silbergeräth Gaius Gracchus
den funfzehn-, Lucius Crassus Consul 659 den achtzehnfachen
Metallwerth bezahlte, der letztere für ein Becherpaar eines nam-
haften Silberarbeiters 100000 Sesterzen (7150 Thlr.) gab. So

DAS GEMEINWESEN UND SEINE OEKONOMIE.
diesen zugemuthet ward von den einzelnen Gerichten zu essen
und nicht bloſs zu kosten; man bezog für schweres Geld auslän-
dische Delicatessen — das Fäſschen Sardellen aus dem schwar-
zen Meer ward mit 1600 Sesterzen (100 Thlr.) bezahlt — und
griechischen Wein, der bei jeder anständigen Mahlzeit wenigstens
einmal herumgereicht werden muſste. Vor allem bei Tafel
glänzte die Schaar der Luxussclaven, die Kapelle, das Ballet, das
elegante Mobiliar, die goldstrotzenden oder gemäldeartig gestick-
ten Teppiche, die Purpurdecken, das antike Bronzegeräth, das
reiche Silbergeschirr. Hiegegen vor allem richteten sich die Lu-
xusgesetze, die häufiger (593. 639. 665. 673.) und ausführlicher
als je ergingen: eine Menge Delicatessen und Weine wurden darin
gänzlich untersagt, für andere nach Gewicht und Preis ein Ma-
ximum festgesetzt, ebenso die Quantität des silbernen Tafelge-
schirrs gesetzlich beschränkt, endlich allgemeine Maximalbeträge
der gewöhnlichen und der Festtagsmahlzeiten vorgeschrieben,
zum Beispiel 593 von 10 und 100 (20 Gr. und 6⅔ Thlr.), 673
von 30 und 300 Sesterzen (2 Thlr. und 20 Thlr.). Zur Steuer
der Wahrheit muſs leider hinzugefügt werden, daſs von allen
vornehmen Römern nicht mehr als drei, und zwar keineswegs die
Gesetzgeber selber, diese stattlichen Gesetze befolgt haben sol-
len; auch diesen dreien aber beschnitt nicht das Gesetz des Staa-
tes den Küchenzettel, sondern das der Stoa. Es lohnt der Mühe
einen Augenblick noch bei dem trotz all dieser Gesetze steigenden
Luxus im Silbergeräth zu verweilen. Im sechsten Jahrhundert
war silbernes Tafelgeschirr mit Ausnahme des althergebrachten
silbernen Salzfasses eine Ausnahme; die karthagischen Gesand-
ten spotteten darüber, daſs sie in jedem Hause, wo man sie ein-
geladen, dasselbe silberne Tafelgeräth wiedergefunden hätten.
Noch Scipio Aemilianus besaſs nicht mehr als 32 Pfund (900 Thlr.)
an verarbeitetem Silber; sein Neffe Quintus Fabius (Consul 633)
brachte es zuerst auf 1000 (28000 Thlr.), Marcus Drusus (Volks-
tribun 663) schon auf 10000 Pfund (280000 Thlr.); in Sullas
Zeit zählte man in der Hauptstadt bereits gegen 150 hundert-
pfündige silberne Prachtschüsseln, von denen manche ihren Be-
sitzer auf die Proscriptionsliste brachte. Um die hiefür ver-
schwendeten Summen zu ermessen, muſs man sich erinnern,
daſs man auch die Arbeit schon mit ungeheuren Preisen be-
zahlte, wie denn für ausgezeichnetes Silbergeräth Gaius Gracchus
den funfzehn-, Lucius Crassus Consul 659 den achtzehnfachen
Metallwerth bezahlte, der letztere für ein Becherpaar eines nam-
haften Silberarbeiters 100000 Sesterzen (7150 Thlr.) gab. So

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[383/0393] DAS GEMEINWESEN UND SEINE OEKONOMIE. diesen zugemuthet ward von den einzelnen Gerichten zu essen und nicht bloſs zu kosten; man bezog für schweres Geld auslän- dische Delicatessen — das Fäſschen Sardellen aus dem schwar- zen Meer ward mit 1600 Sesterzen (100 Thlr.) bezahlt — und griechischen Wein, der bei jeder anständigen Mahlzeit wenigstens einmal herumgereicht werden muſste. Vor allem bei Tafel glänzte die Schaar der Luxussclaven, die Kapelle, das Ballet, das elegante Mobiliar, die goldstrotzenden oder gemäldeartig gestick- ten Teppiche, die Purpurdecken, das antike Bronzegeräth, das reiche Silbergeschirr. Hiegegen vor allem richteten sich die Lu- xusgesetze, die häufiger (593. 639. 665. 673.) und ausführlicher als je ergingen: eine Menge Delicatessen und Weine wurden darin gänzlich untersagt, für andere nach Gewicht und Preis ein Ma- ximum festgesetzt, ebenso die Quantität des silbernen Tafelge- schirrs gesetzlich beschränkt, endlich allgemeine Maximalbeträge der gewöhnlichen und der Festtagsmahlzeiten vorgeschrieben, zum Beispiel 593 von 10 und 100 (20 Gr. und 6⅔ Thlr.), 673 von 30 und 300 Sesterzen (2 Thlr. und 20 Thlr.). Zur Steuer der Wahrheit muſs leider hinzugefügt werden, daſs von allen vornehmen Römern nicht mehr als drei, und zwar keineswegs die Gesetzgeber selber, diese stattlichen Gesetze befolgt haben sol- len; auch diesen dreien aber beschnitt nicht das Gesetz des Staa- tes den Küchenzettel, sondern das der Stoa. Es lohnt der Mühe einen Augenblick noch bei dem trotz all dieser Gesetze steigenden Luxus im Silbergeräth zu verweilen. Im sechsten Jahrhundert war silbernes Tafelgeschirr mit Ausnahme des althergebrachten silbernen Salzfasses eine Ausnahme; die karthagischen Gesand- ten spotteten darüber, daſs sie in jedem Hause, wo man sie ein- geladen, dasselbe silberne Tafelgeräth wiedergefunden hätten. Noch Scipio Aemilianus besaſs nicht mehr als 32 Pfund (900 Thlr.) an verarbeitetem Silber; sein Neffe Quintus Fabius (Consul 633) brachte es zuerst auf 1000 (28000 Thlr.), Marcus Drusus (Volks- tribun 663) schon auf 10000 Pfund (280000 Thlr.); in Sullas Zeit zählte man in der Hauptstadt bereits gegen 150 hundert- pfündige silberne Prachtschüsseln, von denen manche ihren Be- sitzer auf die Proscriptionsliste brachte. Um die hiefür ver- schwendeten Summen zu ermessen, muſs man sich erinnern, daſs man auch die Arbeit schon mit ungeheuren Preisen be- zahlte, wie denn für ausgezeichnetes Silbergeräth Gaius Gracchus den funfzehn-, Lucius Crassus Consul 659 den achtzehnfachen Metallwerth bezahlte, der letztere für ein Becherpaar eines nam- haften Silberarbeiters 100000 Sesterzen (7150 Thlr.) gab. So

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/393>, abgerufen am 24.11.2024.