Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.VIERTES BUCH. KAPITEL XI. sondern nur durch Herstellung eines stetigen Zuflusses zu helfen,welche vielfach versucht ward, aber nicht gelang. In den Pro- vinzen nun gar geschah nicht das Geringste, um den dortigen Bauernstand vor dem Auskaufen durch die römischen Speculanten zu retten; die Provinzialen waren ja bloss Menschen und keine Partei. Die Folge war, dass mehr und mehr auch die ausserita- lische Bodenrente nach Rom floss. Uebrigens war die Plantagen- wirthschaft, die in Sicilien und Etrurien um die Mitte dieser Epoche bereits durchaus überwog, in ihrer Art zu hoher Blüthe gelangt, wie sie das Zusammenwirken eines energischen und ra- tionellen Betriebs und reichlicher Geldmittel nothwendig erzeugt. Die italische Weinproduction vor allem, die theils die Eröffnung gezwungener Märkte in einem Theil der Provinzen, theils das z. B. in dem Aufwandsgesetz von 593 ausgesprochene Verbot der ausländischen Weine in Italien auch künstlich förderten, erzielte sehr bedeutende Erfolge; der Amineer und der Falerner fingen an neben dem Thasier und Chier genannt zu werden und der ,opi- mische Wein' vom J. 633, der römische Elfer, blieb im An- denken lange nachdem der letzte Krug geleert war. -- Von Ge- werben und Fabrication ist nichts zu sagen, als dass die italische Nation in dieser Hinsicht in einer an Barbarei grenzenden Passi- vität beharrte. Man zerstörte wohl die korinthischen Fabriken, die Depositare so mancher werthvollen gewerblichen Tradition, aber nicht um selbst ähnliche Fabriken zu gründen, sondern um zu Schwindelpreisen zusammenzukaufen, was die griechischen Häuser an korinthischen Thon- oder Kupfergefässen und ähn- lichen ,alten Arbeiten' in sich schlossen. Was von Gewerken noch einigermassen gedieh, wie zum Beispiel die mit dem Bau- wesen zusammenhängenden, trug für das Gemeinwesen desshalb kaum einen Nutzen, weil auch hier bei jeder grösseren Unter- nehmung die Sclavenwirthschaft sich ins Mittel legte; wie denn zum Beispiel die Anlage der marcischen Wasserleitung in der Art erfolgte, dass die Regierung mit 3000 Meistern zugleich Bau- und Lieferungsverträge abschloss, von denen dann jeder mit sei- ner Sclavenschaar die übernommene Arbeit beschaffte. -- Die glänzendste oder vielmehr die allein glänzende Seite der römi- schen Privatwirthschaft ist der Geldverkehr und der Handel. An der Spitze stehen die Domanial- und die Steuerpachtungen, durch die ein grosser, vielleicht der grössere Theil der römischen Staats- einnahmen in die Tasche der römischen Capitalisten floss. Der Geldverkehr ferner war im ganzen Umfang des römischen Staats von den Römern monopolisirt; jeder in Gallien umgesetzte Pfennig, VIERTES BUCH. KAPITEL XI. sondern nur durch Herstellung eines stetigen Zuflusses zu helfen,welche vielfach versucht ward, aber nicht gelang. In den Pro- vinzen nun gar geschah nicht das Geringste, um den dortigen Bauernstand vor dem Auskaufen durch die römischen Speculanten zu retten; die Provinzialen waren ja bloſs Menschen und keine Partei. Die Folge war, daſs mehr und mehr auch die auſserita- lische Bodenrente nach Rom floſs. Uebrigens war die Plantagen- wirthschaft, die in Sicilien und Etrurien um die Mitte dieser Epoche bereits durchaus überwog, in ihrer Art zu hoher Blüthe gelangt, wie sie das Zusammenwirken eines energischen und ra- tionellen Betriebs und reichlicher Geldmittel nothwendig erzeugt. Die italische Weinproduction vor allem, die theils die Eröffnung gezwungener Märkte in einem Theil der Provinzen, theils das z. B. in dem Aufwandsgesetz von 593 ausgesprochene Verbot der ausländischen Weine in Italien auch künstlich förderten, erzielte sehr bedeutende Erfolge; der Amineer und der Falerner fingen an neben dem Thasier und Chier genannt zu werden und der ‚opi- mische Wein‘ vom J. 633, der römische Elfer, blieb im An- denken lange nachdem der letzte Krug geleert war. — Von Ge- werben und Fabrication ist nichts zu sagen, als daſs die italische Nation in dieser Hinsicht in einer an Barbarei grenzenden Passi- vität beharrte. Man zerstörte wohl die korinthischen Fabriken, die Depositare so mancher werthvollen gewerblichen Tradition, aber nicht um selbst ähnliche Fabriken zu gründen, sondern um zu Schwindelpreisen zusammenzukaufen, was die griechischen Häuser an korinthischen Thon- oder Kupfergefäſsen und ähn- lichen ‚alten Arbeiten‘ in sich schlossen. Was von Gewerken noch einigermaſsen gedieh, wie zum Beispiel die mit dem Bau- wesen zusammenhängenden, trug für das Gemeinwesen deſshalb kaum einen Nutzen, weil auch hier bei jeder gröſseren Unter- nehmung die Sclavenwirthschaft sich ins Mittel legte; wie denn zum Beispiel die Anlage der marcischen Wasserleitung in der Art erfolgte, daſs die Regierung mit 3000 Meistern zugleich Bau- und Lieferungsverträge abschloſs, von denen dann jeder mit sei- ner Sclavenschaar die übernommene Arbeit beschaffte. — Die glänzendste oder vielmehr die allein glänzende Seite der römi- schen Privatwirthschaft ist der Geldverkehr und der Handel. An der Spitze stehen die Domanial- und die Steuerpachtungen, durch die ein groſser, vielleicht der gröſsere Theil der römischen Staats- einnahmen in die Tasche der römischen Capitalisten floſs. Der Geldverkehr ferner war im ganzen Umfang des römischen Staats von den Römern monopolisirt; jeder in Gallien umgesetzte Pfennig, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0384" n="374"/><fw place="top" type="header">VIERTES BUCH. KAPITEL XI.</fw><lb/> sondern nur durch Herstellung eines stetigen Zuflusses zu helfen,<lb/> welche vielfach versucht ward, aber nicht gelang. In den Pro-<lb/> vinzen nun gar geschah nicht das Geringste, um den dortigen<lb/> Bauernstand vor dem Auskaufen durch die römischen Speculanten<lb/> zu retten; die Provinzialen waren ja bloſs Menschen und keine<lb/> Partei. Die Folge war, daſs mehr und mehr auch die auſserita-<lb/> lische Bodenrente nach Rom floſs. 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VIERTES BUCH. KAPITEL XI.
sondern nur durch Herstellung eines stetigen Zuflusses zu helfen,
welche vielfach versucht ward, aber nicht gelang. In den Pro-
vinzen nun gar geschah nicht das Geringste, um den dortigen
Bauernstand vor dem Auskaufen durch die römischen Speculanten
zu retten; die Provinzialen waren ja bloſs Menschen und keine
Partei. Die Folge war, daſs mehr und mehr auch die auſserita-
lische Bodenrente nach Rom floſs. Uebrigens war die Plantagen-
wirthschaft, die in Sicilien und Etrurien um die Mitte dieser
Epoche bereits durchaus überwog, in ihrer Art zu hoher Blüthe
gelangt, wie sie das Zusammenwirken eines energischen und ra-
tionellen Betriebs und reichlicher Geldmittel nothwendig erzeugt.
Die italische Weinproduction vor allem, die theils die Eröffnung
gezwungener Märkte in einem Theil der Provinzen, theils das
z. B. in dem Aufwandsgesetz von 593 ausgesprochene Verbot der
ausländischen Weine in Italien auch künstlich förderten, erzielte
sehr bedeutende Erfolge; der Amineer und der Falerner fingen an
neben dem Thasier und Chier genannt zu werden und der ‚opi-
mische Wein‘ vom J. 633, der römische Elfer, blieb im An-
denken lange nachdem der letzte Krug geleert war. — Von Ge-
werben und Fabrication ist nichts zu sagen, als daſs die italische
Nation in dieser Hinsicht in einer an Barbarei grenzenden Passi-
vität beharrte. Man zerstörte wohl die korinthischen Fabriken,
die Depositare so mancher werthvollen gewerblichen Tradition,
aber nicht um selbst ähnliche Fabriken zu gründen, sondern um
zu Schwindelpreisen zusammenzukaufen, was die griechischen
Häuser an korinthischen Thon- oder Kupfergefäſsen und ähn-
lichen ‚alten Arbeiten‘ in sich schlossen. Was von Gewerken
noch einigermaſsen gedieh, wie zum Beispiel die mit dem Bau-
wesen zusammenhängenden, trug für das Gemeinwesen deſshalb
kaum einen Nutzen, weil auch hier bei jeder gröſseren Unter-
nehmung die Sclavenwirthschaft sich ins Mittel legte; wie denn
zum Beispiel die Anlage der marcischen Wasserleitung in der Art
erfolgte, daſs die Regierung mit 3000 Meistern zugleich Bau-
und Lieferungsverträge abschloſs, von denen dann jeder mit sei-
ner Sclavenschaar die übernommene Arbeit beschaffte. — Die
glänzendste oder vielmehr die allein glänzende Seite der römi-
schen Privatwirthschaft ist der Geldverkehr und der Handel. An
der Spitze stehen die Domanial- und die Steuerpachtungen, durch
die ein groſser, vielleicht der gröſsere Theil der römischen Staats-
einnahmen in die Tasche der römischen Capitalisten floſs. Der
Geldverkehr ferner war im ganzen Umfang des römischen Staats
von den Römern monopolisirt; jeder in Gallien umgesetzte Pfennig,
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