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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.

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DIE SULLANISCHE VERFASSUNG.
Verfügung die gesammte Militärgewalt, auf die denn doch zuletzt
alles ankam, formell wenigstens abhing vom Senat. -- Dass end-
lich das höchste aller Aemter, die Censur, nicht förmlich aufge-
hoben, aber in derselben Art beseitigt ward, wie ehemals die Dic-
tatur, ward schon bemerkt. Praktisch konnte man derselben
allenfalls entrathen. Für die Ergänzung des Senats war ander-
weitig gesorgt. Seit Italien thatsächlich steuerfrei war und das
Heer wesentlich durch Werbung gebildet ward, hatte das Ver-
zeichniss der Steuer- und Dienstpflichtigen in der Hauptsache
seine Bedeutung verloren. Wenn in der Ritterliste und dem Ver-
zeichniss der Stimmberechtigten Unordnung einriss, so mochte
man diese nicht gerade ungern sehen. Es blieben nur die lau-
fenden Finanzgeschäfte, welche wie bisher in den häufigen Fällen,
wo die Censorenwahl unterblieben war, die Consuln als einen
Theil ihrer ordentlichen Staatsgeschäfte übernahmen. Gegen den
wesentlichen Gewinn, dass der Magistratur in den Censoren ihre
höchste Spitze entzogen ward, kam nicht in Betracht und war für
die Alleinherrschaft des höchsten Regierungscollegiums vollkom-
men gleichgültig, dass, um die Ambition der jetzt so viel zahlrei-
cheren Senatoren zu befriedigen, die Zahl der Pontifices von acht
(I, 194), die der Augurn von neun (I, 194), die der Orakel-
bewahrer von zehn (I, 192) auf je funfzehn, die der Schmaus-
herren von drei auf sieben vermehrt ward.

In dem Finanzwesen stand schon nach der bisherigen Ver-
fassung die entscheidende Stimme bei dem Senat; es handelte
sich demnach hier nur um Wiederherstellung einer geordneten
Verwaltung. Sulla hatte anfänglich sich in nicht geringer Geld-
noth befunden; die aus Kleinasien mitgebrachten Summen waren
für den Sold des zahlreichen und stets anschwellenden Heeres bald
verausgabt. Noch nach dem Siege am collinischen Thor hatte der
Senat, da die Staatscasse nach Praeneste entführt worden war, sich
zu Nothschritten entschliessen müssen. Verschiedene Bauplätze in
der Hauptstadt und einzelne Stücke der campanischen Domäne
wurden feilgeboten, die Clientelkönige, die befreiten und bun-
desgenössischen Gemeinden ausserordentlicher Weise in Contri-
bution gesetzt, zum Theil ihnen ihr Grundbesitz und ihre Zölle
eingezogen, anderswo denselben für Geld neue Privilegien zuge-
standen. Indess der bei der Uebergabe von Praeneste vorgefun-
dene Rest der Staatskasse von beiläufig 4 Mill. Thlr., die bald
beginnenden Versteigerungen und andere ausserordentliche Hülfs-
quellen halfen der augenblicklichen Verlegenheit ab. Für die Zu-
kunft aber ward gesorgt weniger durch die asiatische Abgaben-

DIE SULLANISCHE VERFASSUNG.
Verfügung die gesammte Militärgewalt, auf die denn doch zuletzt
alles ankam, formell wenigstens abhing vom Senat. — Daſs end-
lich das höchste aller Aemter, die Censur, nicht förmlich aufge-
hoben, aber in derselben Art beseitigt ward, wie ehemals die Dic-
tatur, ward schon bemerkt. Praktisch konnte man derselben
allenfalls entrathen. Für die Ergänzung des Senats war ander-
weitig gesorgt. Seit Italien thatsächlich steuerfrei war und das
Heer wesentlich durch Werbung gebildet ward, hatte das Ver-
zeichniſs der Steuer- und Dienstpflichtigen in der Hauptsache
seine Bedeutung verloren. Wenn in der Ritterliste und dem Ver-
zeichniſs der Stimmberechtigten Unordnung einriſs, so mochte
man diese nicht gerade ungern sehen. Es blieben nur die lau-
fenden Finanzgeschäfte, welche wie bisher in den häufigen Fällen,
wo die Censorenwahl unterblieben war, die Consuln als einen
Theil ihrer ordentlichen Staatsgeschäfte übernahmen. Gegen den
wesentlichen Gewinn, daſs der Magistratur in den Censoren ihre
höchste Spitze entzogen ward, kam nicht in Betracht und war für
die Alleinherrschaft des höchsten Regierungscollegiums vollkom-
men gleichgültig, daſs, um die Ambition der jetzt so viel zahlrei-
cheren Senatoren zu befriedigen, die Zahl der Pontifices von acht
(I, 194), die der Augurn von neun (I, 194), die der Orakel-
bewahrer von zehn (I, 192) auf je funfzehn, die der Schmaus-
herren von drei auf sieben vermehrt ward.

In dem Finanzwesen stand schon nach der bisherigen Ver-
fassung die entscheidende Stimme bei dem Senat; es handelte
sich demnach hier nur um Wiederherstellung einer geordneten
Verwaltung. Sulla hatte anfänglich sich in nicht geringer Geld-
noth befunden; die aus Kleinasien mitgebrachten Summen waren
für den Sold des zahlreichen und stets anschwellenden Heeres bald
verausgabt. Noch nach dem Siege am collinischen Thor hatte der
Senat, da die Staatscasse nach Praeneste entführt worden war, sich
zu Nothschritten entschlieſsen müssen. Verschiedene Bauplätze in
der Hauptstadt und einzelne Stücke der campanischen Domäne
wurden feilgeboten, die Clientelkönige, die befreiten und bun-
desgenössischen Gemeinden auſserordentlicher Weise in Contri-
bution gesetzt, zum Theil ihnen ihr Grundbesitz und ihre Zölle
eingezogen, anderswo denselben für Geld neue Privilegien zuge-
standen. Indeſs der bei der Uebergabe von Praeneste vorgefun-
dene Rest der Staatskasse von beiläufig 4 Mill. Thlr., die bald
beginnenden Versteigerungen und andere auſserordentliche Hülfs-
quellen halfen der augenblicklichen Verlegenheit ab. Für die Zu-
kunft aber ward gesorgt weniger durch die asiatische Abgaben-

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[341/0351] DIE SULLANISCHE VERFASSUNG. Verfügung die gesammte Militärgewalt, auf die denn doch zuletzt alles ankam, formell wenigstens abhing vom Senat. — Daſs end- lich das höchste aller Aemter, die Censur, nicht förmlich aufge- hoben, aber in derselben Art beseitigt ward, wie ehemals die Dic- tatur, ward schon bemerkt. Praktisch konnte man derselben allenfalls entrathen. Für die Ergänzung des Senats war ander- weitig gesorgt. Seit Italien thatsächlich steuerfrei war und das Heer wesentlich durch Werbung gebildet ward, hatte das Ver- zeichniſs der Steuer- und Dienstpflichtigen in der Hauptsache seine Bedeutung verloren. Wenn in der Ritterliste und dem Ver- zeichniſs der Stimmberechtigten Unordnung einriſs, so mochte man diese nicht gerade ungern sehen. Es blieben nur die lau- fenden Finanzgeschäfte, welche wie bisher in den häufigen Fällen, wo die Censorenwahl unterblieben war, die Consuln als einen Theil ihrer ordentlichen Staatsgeschäfte übernahmen. Gegen den wesentlichen Gewinn, daſs der Magistratur in den Censoren ihre höchste Spitze entzogen ward, kam nicht in Betracht und war für die Alleinherrschaft des höchsten Regierungscollegiums vollkom- men gleichgültig, daſs, um die Ambition der jetzt so viel zahlrei- cheren Senatoren zu befriedigen, die Zahl der Pontifices von acht (I, 194), die der Augurn von neun (I, 194), die der Orakel- bewahrer von zehn (I, 192) auf je funfzehn, die der Schmaus- herren von drei auf sieben vermehrt ward. In dem Finanzwesen stand schon nach der bisherigen Ver- fassung die entscheidende Stimme bei dem Senat; es handelte sich demnach hier nur um Wiederherstellung einer geordneten Verwaltung. Sulla hatte anfänglich sich in nicht geringer Geld- noth befunden; die aus Kleinasien mitgebrachten Summen waren für den Sold des zahlreichen und stets anschwellenden Heeres bald verausgabt. Noch nach dem Siege am collinischen Thor hatte der Senat, da die Staatscasse nach Praeneste entführt worden war, sich zu Nothschritten entschlieſsen müssen. Verschiedene Bauplätze in der Hauptstadt und einzelne Stücke der campanischen Domäne wurden feilgeboten, die Clientelkönige, die befreiten und bun- desgenössischen Gemeinden auſserordentlicher Weise in Contri- bution gesetzt, zum Theil ihnen ihr Grundbesitz und ihre Zölle eingezogen, anderswo denselben für Geld neue Privilegien zuge- standen. Indeſs der bei der Uebergabe von Praeneste vorgefun- dene Rest der Staatskasse von beiläufig 4 Mill. Thlr., die bald beginnenden Versteigerungen und andere auſserordentliche Hülfs- quellen halfen der augenblicklichen Verlegenheit ab. Für die Zu- kunft aber ward gesorgt weniger durch die asiatische Abgaben-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/351>, abgerufen am 22.11.2024.