auf paphlagonischem Gebiet zwischen Amastris und Sinope, weiter rückwärts in der bithynischen, galatischen, kappadoki- schen Landschaft die Abtheilungen unter Lucius Cassius, Ma- nius Aquillius, Quintus Oppius, während die bithynisch-römi- sche Flotte fortfuhr den Bosporus zu sperren.
Mit dem Beginn des Frühjahres 666 ergriff Mithradates die Offensive. An einem Nebenfluss des Halys, dem Amnias (bei dem heutigen Tesch köpri) stiess der pontische Vortrab, Reiterei und Leichtbewaffnete, auf die bithynische Armee und sprengte die- selbe trotz ihrer sehr überlegenen Zahl im ersten Anlauf so voll- ständig aus einander, dass das geschlagene Heer sich auflöste und Lager und Kriegskasse den Siegern in die Hände fielen. Es wa- ren hauptsächlich Neoptolemos und Archelaos, denen der König diesen glänzenden Erfolg verdankte. Die weiter zurück stehenden noch viel schlechteren asiatischen Milizen gaben hierauf sich über- wunden, noch ehe sie mit dem Feinde zusammenstiessen; wo Mithradates Feldherrn sich ihnen näherten, stoben sie aus ein- ander. Eine römische Abtheilung ward in Kappadokien geschla- gen; Cassius suchte in Phrygien mit dem Landsturm das Feld zu halten, allein er entliess ihn wieder, ohne mit ihm eine Schlacht zu wagen und warf sich mit seinen wenigen zuverlässigen Leu- ten in die Ortschaften am obern Maeander, namentlich nach Apa- meia; Oppius räumte in gleicher Weise Pamphylien und warf sich in das phrygische Laodikeia; Aquillius ward im Zurückweichen am Sangarios im bithynischen Gebiet eingeholt und so vollständig geschlagen, dass er sein Lager verlor und sich in die römische Pro- vinz nach Pergamon retten musste; bald war auch diese über- schwemmt und Pergamon selbst in den Händen des Königs, ebenso der Bosporus und die daselbst stehende Flotte. Nach jedem Sieg hatte Mithradates sämmtliche Gefangene der kleinasiatischen Miliz entlassen und nichts versäumt die von Anfang an ihm zugewandten nationalen Sympathien zu steigern. Jetzt war die ganze Land- schaft bis zum Maeander mit Ausnahme weniger Festungen in seiner Gewalt; zugleich erfuhr man, dass in Rom eine neue Re- volution ausgebrochen, dass der gegen Mithradates bestimmte Consul Sulla statt nach Asien sich einzuschiffen gegen Rom mar- schirt sei, dass die gefeiertsten römischen Generale sich unter einander Schlachten lieferten um auszumachen, wem der Ober- befehl im asiatischen Kriege gebühre. Rom schien eifrigst be- müht sich selber zu Grunde zu richten; es ist kein Wunder, dass, wenn gleich Minoritäten auch jetzt noch überall zu Rom hielten, doch die grosse Masse der Kleinasiaten dem König zufiel. Die
VIERTES BUCH. KAPITEL VIII.
auf paphlagonischem Gebiet zwischen Amastris und Sinope, weiter rückwärts in der bithynischen, galatischen, kappadoki- schen Landschaft die Abtheilungen unter Lucius Cassius, Ma- nius Aquillius, Quintus Oppius, während die bithynisch-römi- sche Flotte fortfuhr den Bosporus zu sperren.
Mit dem Beginn des Frühjahres 666 ergriff Mithradates die Offensive. An einem Nebenfluſs des Halys, dem Amnias (bei dem heutigen Tesch köpri) stieſs der pontische Vortrab, Reiterei und Leichtbewaffnete, auf die bithynische Armee und sprengte die- selbe trotz ihrer sehr überlegenen Zahl im ersten Anlauf so voll- ständig aus einander, daſs das geschlagene Heer sich auflöste und Lager und Kriegskasse den Siegern in die Hände fielen. Es wa- ren hauptsächlich Neoptolemos und Archelaos, denen der König diesen glänzenden Erfolg verdankte. Die weiter zurück stehenden noch viel schlechteren asiatischen Milizen gaben hierauf sich über- wunden, noch ehe sie mit dem Feinde zusammenstieſsen; wo Mithradates Feldherrn sich ihnen näherten, stoben sie aus ein- ander. Eine römische Abtheilung ward in Kappadokien geschla- gen; Cassius suchte in Phrygien mit dem Landsturm das Feld zu halten, allein er entlieſs ihn wieder, ohne mit ihm eine Schlacht zu wagen und warf sich mit seinen wenigen zuverlässigen Leu- ten in die Ortschaften am obern Maeander, namentlich nach Apa- meia; Oppius räumte in gleicher Weise Pamphylien und warf sich in das phrygische Laodikeia; Aquillius ward im Zurückweichen am Sangarios im bithynischen Gebiet eingeholt und so vollständig geschlagen, daſs er sein Lager verlor und sich in die römische Pro- vinz nach Pergamon retten muſste; bald war auch diese über- schwemmt und Pergamon selbst in den Händen des Königs, ebenso der Bosporus und die daselbst stehende Flotte. Nach jedem Sieg hatte Mithradates sämmtliche Gefangene der kleinasiatischen Miliz entlassen und nichts versäumt die von Anfang an ihm zugewandten nationalen Sympathien zu steigern. Jetzt war die ganze Land- schaft bis zum Maeander mit Ausnahme weniger Festungen in seiner Gewalt; zugleich erfuhr man, daſs in Rom eine neue Re- volution ausgebrochen, daſs der gegen Mithradates bestimmte Consul Sulla statt nach Asien sich einzuschiffen gegen Rom mar- schirt sei, daſs die gefeiertsten römischen Generale sich unter einander Schlachten lieferten um auszumachen, wem der Ober- befehl im asiatischen Kriege gebühre. Rom schien eifrigst be- müht sich selber zu Grunde zu richten; es ist kein Wunder, daſs, wenn gleich Minoritäten auch jetzt noch überall zu Rom hielten, doch die groſse Masse der Kleinasiaten dem König zufiel. Die
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VIERTES BUCH. KAPITEL VIII.
auf paphlagonischem Gebiet zwischen Amastris und Sinope,
weiter rückwärts in der bithynischen, galatischen, kappadoki-
schen Landschaft die Abtheilungen unter Lucius Cassius, Ma-
nius Aquillius, Quintus Oppius, während die bithynisch-römi-
sche Flotte fortfuhr den Bosporus zu sperren.
Mit dem Beginn des Frühjahres 666 ergriff Mithradates die
Offensive. An einem Nebenfluſs des Halys, dem Amnias (bei dem
heutigen Tesch köpri) stieſs der pontische Vortrab, Reiterei und
Leichtbewaffnete, auf die bithynische Armee und sprengte die-
selbe trotz ihrer sehr überlegenen Zahl im ersten Anlauf so voll-
ständig aus einander, daſs das geschlagene Heer sich auflöste und
Lager und Kriegskasse den Siegern in die Hände fielen. Es wa-
ren hauptsächlich Neoptolemos und Archelaos, denen der König
diesen glänzenden Erfolg verdankte. Die weiter zurück stehenden
noch viel schlechteren asiatischen Milizen gaben hierauf sich über-
wunden, noch ehe sie mit dem Feinde zusammenstieſsen; wo
Mithradates Feldherrn sich ihnen näherten, stoben sie aus ein-
ander. Eine römische Abtheilung ward in Kappadokien geschla-
gen; Cassius suchte in Phrygien mit dem Landsturm das Feld zu
halten, allein er entlieſs ihn wieder, ohne mit ihm eine Schlacht
zu wagen und warf sich mit seinen wenigen zuverlässigen Leu-
ten in die Ortschaften am obern Maeander, namentlich nach Apa-
meia; Oppius räumte in gleicher Weise Pamphylien und warf sich
in das phrygische Laodikeia; Aquillius ward im Zurückweichen
am Sangarios im bithynischen Gebiet eingeholt und so vollständig
geschlagen, daſs er sein Lager verlor und sich in die römische Pro-
vinz nach Pergamon retten muſste; bald war auch diese über-
schwemmt und Pergamon selbst in den Händen des Königs, ebenso
der Bosporus und die daselbst stehende Flotte. Nach jedem Sieg
hatte Mithradates sämmtliche Gefangene der kleinasiatischen Miliz
entlassen und nichts versäumt die von Anfang an ihm zugewandten
nationalen Sympathien zu steigern. Jetzt war die ganze Land-
schaft bis zum Maeander mit Ausnahme weniger Festungen in
seiner Gewalt; zugleich erfuhr man, daſs in Rom eine neue Re-
volution ausgebrochen, daſs der gegen Mithradates bestimmte
Consul Sulla statt nach Asien sich einzuschiffen gegen Rom mar-
schirt sei, daſs die gefeiertsten römischen Generale sich unter
einander Schlachten lieferten um auszumachen, wem der Ober-
befehl im asiatischen Kriege gebühre. Rom schien eifrigst be-
müht sich selber zu Grunde zu richten; es ist kein Wunder, daſs,
wenn gleich Minoritäten auch jetzt noch überall zu Rom hielten,
doch die groſse Masse der Kleinasiaten dem König zufiel. Die
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/282>, abgerufen am 22.11.2024.
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