Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.VIERTES BUCH. KAPITEL I. halt zu locken gewusst, in welchem bei 6000 römische Bürgerumkamen -- der Tag des 23. August, das Fest der Vulcanalien, blieb seitdem den Römern in schlimmer Erinnerung. Doch be- wog der Fall ihres Feldherrn die Arevaker sich in ihre festeste Stadt Numantia (Garray I Legua nördlich von Soria am Duero) zurückzuziehen, wohin Nobilior ihnen folgte. Unter den Mauern der Stadt kam es zu einem zweiten Treffen, in welchem die Rö- mer anfänglich mittelst ihrer Elephanten die Oberhand erhielten und die Spanier in die Stadt zurückdrängten, aber hierauf in Folge der Verwundung eines der Thiere von denselben in Ver- wirrung gebracht wurden und durch die abermals ausrückenden Feinde eine zweite Niederlage erlitten. Die Vernichtung eines zur Herbeirufung von Zuzugmannschaft ausgesandten römischen Reitercorps und andere Unfälle gestalteten die Angelegenheiten der Römer in der diesseitigen Provinz so ungünstig, dass die Festung Okilis, wo die Kasse und die Vorräthe der Römer sich befanden, zum Feinde übertrat und die Arevaker daran denken konnten, freilich ohne Erfolg, den Römern den Frieden zu dictiren. Einigermassen wurden indess diese Nachtheile aufgewogen durch die Erfolge, die Mummius in der südlichen Provinz erfocht. So geschwächt auch durch die erlittene Niederlage sein Heer war, gelang es ihm dennoch mit demselben den unvorsichtig sich zer- streuenden Lusitanern am rechten Tajoufer eine Niederlage bei- zubringen und übergehend auf das linke, wo die Lusitaner das ganze römische Gebiet überrannt, ja bis nach Africa gestreift hat- ten, die südliche Provinz von den Feinden zu säubern. In die nördliche sandte das folgende Jahr (602) der Senat ausser be- trächtlichen Verstärkungen einen andern Oberfeldherrn an die Stelle des unfähigen Nobilior, den Consul Marcus Claudius Mar- cellus, der schon als Prätor 586 sich in Spanien ausgezeichnet und seitdem in zwei Consulaten sein Feldherrntalent bewährt hatte. Seine geschickte Führung und mehr noch seine Milde än- derte die Lage der Dinge schnell; Okilis ergab sich ihm sofort und selbst die Arevaker, von Marcellus in der Hoffnung bestärkt, dass ihnen gegen eine mässige Busse Friede gewährt werden würde, schlossen Waffenstillstand und schickten Gesandte nach Rom. Marcellus konnte sich nach der südlichen Provinz bege- ben, wo die Vettonen und Lusitaner zwar dem Praetor Marcus Atilius sich botmässig erwiesen hatten, so lange er in ihrem Ge- biet stand, allein nach seiner Entfernung sofort wieder aufgestan- den waren und die römischen Verbündeten heimsuchten. Die Ankunft des Consuls stellte die Ruhe wieder her und während er VIERTES BUCH. KAPITEL I. halt zu locken gewuſst, in welchem bei 6000 römische Bürgerumkamen — der Tag des 23. August, das Fest der Vulcanalien, blieb seitdem den Römern in schlimmer Erinnerung. Doch be- wog der Fall ihres Feldherrn die Arevaker sich in ihre festeste Stadt Numantia (Garray I Legua nördlich von Soria am Duero) zurückzuziehen, wohin Nobilior ihnen folgte. Unter den Mauern der Stadt kam es zu einem zweiten Treffen, in welchem die Rö- mer anfänglich mittelst ihrer Elephanten die Oberhand erhielten und die Spanier in die Stadt zurückdrängten, aber hierauf in Folge der Verwundung eines der Thiere von denselben in Ver- wirrung gebracht wurden und durch die abermals ausrückenden Feinde eine zweite Niederlage erlitten. Die Vernichtung eines zur Herbeirufung von Zuzugmannschaft ausgesandten römischen Reitercorps und andere Unfälle gestalteten die Angelegenheiten der Römer in der diesseitigen Provinz so ungünstig, daſs die Festung Okilis, wo die Kasse und die Vorräthe der Römer sich befanden, zum Feinde übertrat und die Arevaker daran denken konnten, freilich ohne Erfolg, den Römern den Frieden zu dictiren. Einigermaſsen wurden indeſs diese Nachtheile aufgewogen durch die Erfolge, die Mummius in der südlichen Provinz erfocht. So geschwächt auch durch die erlittene Niederlage sein Heer war, gelang es ihm dennoch mit demselben den unvorsichtig sich zer- streuenden Lusitanern am rechten Tajoufer eine Niederlage bei- zubringen und übergehend auf das linke, wo die Lusitaner das ganze römische Gebiet überrannt, ja bis nach Africa gestreift hat- ten, die südliche Provinz von den Feinden zu säubern. In die nördliche sandte das folgende Jahr (602) der Senat auſser be- trächtlichen Verstärkungen einen andern Oberfeldherrn an die Stelle des unfähigen Nobilior, den Consul Marcus Claudius Mar- cellus, der schon als Prätor 586 sich in Spanien ausgezeichnet und seitdem in zwei Consulaten sein Feldherrntalent bewährt hatte. Seine geschickte Führung und mehr noch seine Milde än- derte die Lage der Dinge schnell; Okilis ergab sich ihm sofort und selbst die Arevaker, von Marcellus in der Hoffnung bestärkt, daſs ihnen gegen eine mäſsige Buſse Friede gewährt werden würde, schlossen Waffenstillstand und schickten Gesandte nach Rom. Marcellus konnte sich nach der südlichen Provinz bege- ben, wo die Vettonen und Lusitaner zwar dem Praetor Marcus Atilius sich botmäſsig erwiesen hatten, so lange er in ihrem Ge- biet stand, allein nach seiner Entfernung sofort wieder aufgestan- den waren und die römischen Verbündeten heimsuchten. 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VIERTES BUCH. KAPITEL I.
halt zu locken gewuſst, in welchem bei 6000 römische Bürger
umkamen — der Tag des 23. August, das Fest der Vulcanalien,
blieb seitdem den Römern in schlimmer Erinnerung. Doch be-
wog der Fall ihres Feldherrn die Arevaker sich in ihre festeste
Stadt Numantia (Garray I Legua nördlich von Soria am Duero)
zurückzuziehen, wohin Nobilior ihnen folgte. Unter den Mauern
der Stadt kam es zu einem zweiten Treffen, in welchem die Rö-
mer anfänglich mittelst ihrer Elephanten die Oberhand erhielten
und die Spanier in die Stadt zurückdrängten, aber hierauf in
Folge der Verwundung eines der Thiere von denselben in Ver-
wirrung gebracht wurden und durch die abermals ausrückenden
Feinde eine zweite Niederlage erlitten. Die Vernichtung eines zur
Herbeirufung von Zuzugmannschaft ausgesandten römischen
Reitercorps und andere Unfälle gestalteten die Angelegenheiten
der Römer in der diesseitigen Provinz so ungünstig, daſs die
Festung Okilis, wo die Kasse und die Vorräthe der Römer sich
befanden, zum Feinde übertrat und die Arevaker daran denken
konnten, freilich ohne Erfolg, den Römern den Frieden zu dictiren.
Einigermaſsen wurden indeſs diese Nachtheile aufgewogen durch
die Erfolge, die Mummius in der südlichen Provinz erfocht. So
geschwächt auch durch die erlittene Niederlage sein Heer war,
gelang es ihm dennoch mit demselben den unvorsichtig sich zer-
streuenden Lusitanern am rechten Tajoufer eine Niederlage bei-
zubringen und übergehend auf das linke, wo die Lusitaner das
ganze römische Gebiet überrannt, ja bis nach Africa gestreift hat-
ten, die südliche Provinz von den Feinden zu säubern. In die
nördliche sandte das folgende Jahr (602) der Senat auſser be-
trächtlichen Verstärkungen einen andern Oberfeldherrn an die
Stelle des unfähigen Nobilior, den Consul Marcus Claudius Mar-
cellus, der schon als Prätor 586 sich in Spanien ausgezeichnet
und seitdem in zwei Consulaten sein Feldherrntalent bewährt
hatte. Seine geschickte Führung und mehr noch seine Milde än-
derte die Lage der Dinge schnell; Okilis ergab sich ihm sofort
und selbst die Arevaker, von Marcellus in der Hoffnung bestärkt,
daſs ihnen gegen eine mäſsige Buſse Friede gewährt werden
würde, schlossen Waffenstillstand und schickten Gesandte nach
Rom. Marcellus konnte sich nach der südlichen Provinz bege-
ben, wo die Vettonen und Lusitaner zwar dem Praetor Marcus
Atilius sich botmäſsig erwiesen hatten, so lange er in ihrem Ge-
biet stand, allein nach seiner Entfernung sofort wieder aufgestan-
den waren und die römischen Verbündeten heimsuchten. Die
Ankunft des Consuls stellte die Ruhe wieder her und während er
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