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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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VERFASSUNG UND INNERE VERHAELTNISSE.
ich sind in Gegenden reicher Production und ohne Absatz-
quellen. Wenn also das italische Getreide systematisch ent-
werthet ward, so warfen sich die Folgen dieses verkehrten
ökonomischen Systems in Verbindung mit anderen Ursachen
hauptsächlich auf den kleineren Grundbesitz und drohten ihn
völlig zu verschlingen. Schon an sich war es dem grösseren
Ackerbauer eher möglich mit dem fremden Korn zu concur-
riren durch veränderte Bewirthschaftung und Minderung der
Productionskosten; zu welchem Ende entweder den kleinen
Zeitpächtern die Abgabe fast unerschwinglicher Fruchtquoten
( zum Beispiel) vom Ertrag an den Grundherrn aufgebürdet
oder noch besser geradezu die Sclavenwirthschaft nach sicili-
scher Art, das heisst der Plantagenbau eingeführt ward. Allein
noch gründlicher ward geholfen, indem man den Ackerbau
ganz aufgab und der Viehzucht sich zuwandte, die wegen des
schwierigeren überseeischen Transports die Concurrenz des
Auslandes minder zu fürchten hatte und bei der man ökono-
misch sich besser stand. Aus dem Pothal, das sein Getreide
nicht abzusetzen vermochte, gingen die Schweine nach ganz
Italien. Selbst Cato, obwohl er für seine Person bei dem
Landbau, das heisst der Gutswirthschaft blieb und diese durch
Rath und Beispiel eifrig predigte, räth denen, die einen hohen
Bodenzins ziehen möchten, statt des Ackerbaus die Weide-
wirthschaft an. Diese aber kann mit Vortheil nur im Grossen
getrieben werden; und so wurden die italischen Producenten,
mochten sie Ackerbauer oder Viehzüchter sein, durch die Ver-
hältnisse gezwungen der Gutswirthschaft sich zuzuwenden.
Aeussere Umstände begünstigten diese Richtung. Die Masse
des nach Rom strömenden Capitals erleichterte das Zusam-
menkaufen der kleinen Grundstücke; das unverständige von
Gaius Flaminius veranlasste claudische Gesetz von 536,
welches den Senatoren die Kaufmannsgeschäfte als für sie
ungeziemend verbot, zwang die reichsten Familien ihre Capi-
talien in Grundstücken anzulegen und beförderte also, was
man mit allen Mitteln hätte verhüten sollen, das Verschwinden
des kleinen Eigenthums. Es kam hinzu, dass das von Privaten
zinsfrei auf Widerruf besessene Domänenland, die sogenannten
Possessionen, deren factische Erblichkeit trotz des vereinzelten

Jahrhundert Roms der von 1 Denar für den Modius oder 1 1/3 Thlr. für
den preussischen Scheffel Weizen angenommen werden, wobei freilich zu
beachten ist, dass die Differenz dieser Preise von den heutigen sowohl auf
Seite des Korns, als auf Seite des Silbers sein kann.

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ich sind in Gegenden reicher Production und ohne Absatz-
quellen. Wenn also das italische Getreide systematisch ent-
werthet ward, so warfen sich die Folgen dieses verkehrten
ökonomischen Systems in Verbindung mit anderen Ursachen
hauptsächlich auf den kleineren Grundbesitz und drohten ihn
völlig zu verschlingen. Schon an sich war es dem gröſseren
Ackerbauer eher möglich mit dem fremden Korn zu concur-
riren durch veränderte Bewirthschaftung und Minderung der
Productionskosten; zu welchem Ende entweder den kleinen
Zeitpächtern die Abgabe fast unerschwinglicher Fruchtquoten
( zum Beispiel) vom Ertrag an den Grundherrn aufgebürdet
oder noch besser geradezu die Sclavenwirthschaft nach sicili-
scher Art, das heiſst der Plantagenbau eingeführt ward. Allein
noch gründlicher ward geholfen, indem man den Ackerbau
ganz aufgab und der Viehzucht sich zuwandte, die wegen des
schwierigeren überseeischen Transports die Concurrenz des
Auslandes minder zu fürchten hatte und bei der man ökono-
misch sich besser stand. Aus dem Pothal, das sein Getreide
nicht abzusetzen vermochte, gingen die Schweine nach ganz
Italien. Selbst Cato, obwohl er für seine Person bei dem
Landbau, das heiſst der Gutswirthschaft blieb und diese durch
Rath und Beispiel eifrig predigte, räth denen, die einen hohen
Bodenzins ziehen möchten, statt des Ackerbaus die Weide-
wirthschaft an. Diese aber kann mit Vortheil nur im Groſsen
getrieben werden; und so wurden die italischen Producenten,
mochten sie Ackerbauer oder Viehzüchter sein, durch die Ver-
hältnisse gezwungen der Gutswirthschaft sich zuzuwenden.
Aeuſsere Umstände begünstigten diese Richtung. Die Masse
des nach Rom strömenden Capitals erleichterte das Zusam-
menkaufen der kleinen Grundstücke; das unverständige von
Gaius Flaminius veranlaſste claudische Gesetz von 536,
welches den Senatoren die Kaufmannsgeschäfte als für sie
ungeziemend verbot, zwang die reichsten Familien ihre Capi-
talien in Grundstücken anzulegen und beförderte also, was
man mit allen Mitteln hätte verhüten sollen, das Verschwinden
des kleinen Eigenthums. Es kam hinzu, daſs das von Privaten
zinsfrei auf Widerruf besessene Domänenland, die sogenannten
Possessionen, deren factische Erblichkeit trotz des vereinzelten

Jahrhundert Roms der von 1 Denar für den Modius oder 1⅓ Thlr. für
den preuſsischen Scheffel Weizen angenommen werden, wobei freilich zu
beachten ist, daſs die Differenz dieser Preise von den heutigen sowohl auf
Seite des Korns, als auf Seite des Silbers sein kann.
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[621/0635] VERFASSUNG UND INNERE VERHAELTNISSE. ich sind in Gegenden reicher Production und ohne Absatz- quellen. Wenn also das italische Getreide systematisch ent- werthet ward, so warfen sich die Folgen dieses verkehrten ökonomischen Systems in Verbindung mit anderen Ursachen hauptsächlich auf den kleineren Grundbesitz und drohten ihn völlig zu verschlingen. Schon an sich war es dem gröſseren Ackerbauer eher möglich mit dem fremden Korn zu concur- riren durch veränderte Bewirthschaftung und Minderung der Productionskosten; zu welchem Ende entweder den kleinen Zeitpächtern die Abgabe fast unerschwinglicher Fruchtquoten ([FORMEL] zum Beispiel) vom Ertrag an den Grundherrn aufgebürdet oder noch besser geradezu die Sclavenwirthschaft nach sicili- scher Art, das heiſst der Plantagenbau eingeführt ward. Allein noch gründlicher ward geholfen, indem man den Ackerbau ganz aufgab und der Viehzucht sich zuwandte, die wegen des schwierigeren überseeischen Transports die Concurrenz des Auslandes minder zu fürchten hatte und bei der man ökono- misch sich besser stand. Aus dem Pothal, das sein Getreide nicht abzusetzen vermochte, gingen die Schweine nach ganz Italien. Selbst Cato, obwohl er für seine Person bei dem Landbau, das heiſst der Gutswirthschaft blieb und diese durch Rath und Beispiel eifrig predigte, räth denen, die einen hohen Bodenzins ziehen möchten, statt des Ackerbaus die Weide- wirthschaft an. Diese aber kann mit Vortheil nur im Groſsen getrieben werden; und so wurden die italischen Producenten, mochten sie Ackerbauer oder Viehzüchter sein, durch die Ver- hältnisse gezwungen der Gutswirthschaft sich zuzuwenden. Aeuſsere Umstände begünstigten diese Richtung. Die Masse des nach Rom strömenden Capitals erleichterte das Zusam- menkaufen der kleinen Grundstücke; das unverständige von Gaius Flaminius veranlaſste claudische Gesetz von 536, welches den Senatoren die Kaufmannsgeschäfte als für sie ungeziemend verbot, zwang die reichsten Familien ihre Capi- talien in Grundstücken anzulegen und beförderte also, was man mit allen Mitteln hätte verhüten sollen, das Verschwinden des kleinen Eigenthums. Es kam hinzu, daſs das von Privaten zinsfrei auf Widerruf besessene Domänenland, die sogenannten Possessionen, deren factische Erblichkeit trotz des vereinzelten * * Jahrhundert Roms der von 1 Denar für den Modius oder 1⅓ Thlr. für den preuſsischen Scheffel Weizen angenommen werden, wobei freilich zu beachten ist, daſs die Differenz dieser Preise von den heutigen sowohl auf Seite des Korns, als auf Seite des Silbers sein kann.

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 621. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/635>, abgerufen am 25.11.2024.