Vater und Mutter, Söhne und Töchter, Hof und Woh- nung, Knechte und Geräth -- das sind die natürlichen Ele- mente, aus denen überall, wo nicht durch die Polygamie die Mutter als solche verschwindet, das Hauswesen besteht. Darin aber scheiden sich die Völker höherer Culturfähigkeit, dass diese natürlichen Gegensätze flacher oder tiefer, mehr sittlich oder mehr rechtlich aufgefasst und durchgearbeitet werden. Keines kommt dem römischen gleich an schlichter, aber un- erbittlicher Durchführung der von der Natur selbst vorgezeich- neten Rechtsverhältnisse.
Die Familie, das heisst der durch den Tod seines Vaters in eigene Gewalt gelangte freie Mann mit der feierlich von den Priestern ihm zu Gemeinschaft des Wassers und des Feuers durch das heilige Salzmehl (durch Confarreatio) ange- trauten Ehefrau, mit den Söhnen und deren rechten Frauen und Kindern und den unverheiratheten Töchtern nebst allem diesen zufallenden Hab und Gut ist eine Einheit, von der die Kinder der Töchter ausgeschlossen sind, da sie entweder, wenn sie eheliche sind, der Familie des Mannes angehören, oder, wenn ausser der Ehe erzeugt, in gar keiner Familie stehen. Diese Familie wird geleitet und gelenkt durch den einen allmächtigen Willen des Vaters. Nicht als ob Weib und Kinder nur um seinetwillen da wären wie die Unter- thanen in dem absoluten Staat nur existiren für den König; auch die Frau und die Kinder sind Inhaber eigener Rechte.
Röm. Gesch. I. 4
KAPITEL VI.
Die ursprüngliche Verfassung Roms.
Vater und Mutter, Söhne und Töchter, Hof und Woh- nung, Knechte und Geräth — das sind die natürlichen Ele- mente, aus denen überall, wo nicht durch die Polygamie die Mutter als solche verschwindet, das Hauswesen besteht. Darin aber scheiden sich die Völker höherer Culturfähigkeit, daſs diese natürlichen Gegensätze flacher oder tiefer, mehr sittlich oder mehr rechtlich aufgefaſst und durchgearbeitet werden. Keines kommt dem römischen gleich an schlichter, aber un- erbittlicher Durchführung der von der Natur selbst vorgezeich- neten Rechtsverhältnisse.
Die Familie, das heiſst der durch den Tod seines Vaters in eigene Gewalt gelangte freie Mann mit der feierlich von den Priestern ihm zu Gemeinschaft des Wassers und des Feuers durch das heilige Salzmehl (durch Confarreatio) ange- trauten Ehefrau, mit den Söhnen und deren rechten Frauen und Kindern und den unverheiratheten Töchtern nebst allem diesen zufallenden Hab und Gut ist eine Einheit, von der die Kinder der Töchter ausgeschlossen sind, da sie entweder, wenn sie eheliche sind, der Familie des Mannes angehören, oder, wenn auſser der Ehe erzeugt, in gar keiner Familie stehen. Diese Familie wird geleitet und gelenkt durch den einen allmächtigen Willen des Vaters. Nicht als ob Weib und Kinder nur um seinetwillen da wären wie die Unter- thanen in dem absoluten Staat nur existiren für den König; auch die Frau und die Kinder sind Inhaber eigener Rechte.
Röm. Gesch. I. 4
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[[49]/0063]
KAPITEL VI.
Die ursprüngliche Verfassung Roms.
Vater und Mutter, Söhne und Töchter, Hof und Woh-
nung, Knechte und Geräth — das sind die natürlichen Ele-
mente, aus denen überall, wo nicht durch die Polygamie die
Mutter als solche verschwindet, das Hauswesen besteht. Darin
aber scheiden sich die Völker höherer Culturfähigkeit, daſs
diese natürlichen Gegensätze flacher oder tiefer, mehr sittlich
oder mehr rechtlich aufgefaſst und durchgearbeitet werden.
Keines kommt dem römischen gleich an schlichter, aber un-
erbittlicher Durchführung der von der Natur selbst vorgezeich-
neten Rechtsverhältnisse.
Die Familie, das heiſst der durch den Tod seines Vaters
in eigene Gewalt gelangte freie Mann mit der feierlich von
den Priestern ihm zu Gemeinschaft des Wassers und des
Feuers durch das heilige Salzmehl (durch Confarreatio) ange-
trauten Ehefrau, mit den Söhnen und deren rechten Frauen
und Kindern und den unverheiratheten Töchtern nebst allem
diesen zufallenden Hab und Gut ist eine Einheit, von der die
Kinder der Töchter ausgeschlossen sind, da sie entweder,
wenn sie eheliche sind, der Familie des Mannes angehören,
oder, wenn auſser der Ehe erzeugt, in gar keiner Familie
stehen. Diese Familie wird geleitet und gelenkt durch den
einen allmächtigen Willen des Vaters. Nicht als ob Weib
und Kinder nur um seinetwillen da wären wie die Unter-
thanen in dem absoluten Staat nur existiren für den König;
auch die Frau und die Kinder sind Inhaber eigener Rechte.
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. [49]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/63>, abgerufen am 24.11.2024.
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