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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DER KRIEG GEGEN ANTIOCHOS VON ASIEN.
keinen Glauben zu verdienen --, dass aber Flamininus, der
in seiner unruhigen Eitelkeit nach neuen Zielen für grosse
Thaten suchte, auf seine eigene Hand es unternahm wie
die Griechen von ihren Ketten so Rom von Hannibal zu
befreien und gegen den grössten Mann seiner Zeit den
Dolch zwar nicht zu führen, was nicht diplomatisch ist,
aber ihn zu schleifen und zu richten. Prusias, der jämmer-
lichste unter den Jammerprinzen Asiens, machte sich ein
Vergnügen daraus dem römischen Gesandten die kleine Ge-
fälligkeit zu erweisen, die derselbe mit halben Worten erbat,
und da Hannibal sein Haus von Mördern umstellt sah, nahm
er Gift. Er war seit langem gefasst darauf, fügt ein Römer
hinzu, denn er kannte die Römer und das Wort der Kö-
nige. -- Sein Todesjahr ist nicht gewiss; wahrscheinlich
starb er in der zweiten Hälfte des Jahres 571, siebenund-
sechzig Jahre alt. Als er geboren ward, stritt Rom mit
zweifelhaftem Erfolg um den Besitz von Sicilien; er hatte
gerade genug gelebt um den Westen vollständig unterworfen
zu sehen, um noch selber seine letzte Römerschlacht gegen
die Schiffe seiner römisch gewordenen Vaterstadt zu schlagen
um dann zuschauen zu müssen, wie Rom auch den Osten
überwand gleich wie der Sturm das führerlose Schiff, und zu
fühlen dass er allein im Stande war es zu lenken. -- Es
konnte ihm keine Hoffnung weiter fehlschlagen, als er
starb; aber redlich hatte er in funfzigjährigem Kampfe den
Knabenschwur gehalten. -- Um dieselbe Zeit, wahrschein-
lich in demselben Jahre starb auch der Mann, den die
Römer seinen Ueberwinder zu nennen pflegten, Publius
Scipio. Ihn hatte das Glück mit allen den Erfolgen über-
schüttet, die seinem Gegner versagt blieben, mit Erfolgen, die
ihm gehörten und nicht gehörten. Spanien, Africa, Asien
hatte er zum Reiche gebracht und Rom, das er als die erste
Gemeinde Italiens gefunden, war bei seinem Tode die Ge-
bieterin der civilisirten Welt. Er selbst hatte der Siegestitel
so viele, dass deren überblieben für seinen Bruder und seinen
Neffen. * Und doch verzehrte auch er seine letzten Jahre in
bitterem Gram und starb wenig über funfzig Jahre alt
in freiwilliger Verbannung, mit dem Befehl an die Seinigen
in der Vaterstadt, für die er gelebt hatte und in der seine
Ahnen ruhten, seine Leiche nicht beizusetzen. Es ist nicht

* Africanus, Asiaticus, Hispallus.

DER KRIEG GEGEN ANTIOCHOS VON ASIEN.
keinen Glauben zu verdienen —, daſs aber Flamininus, der
in seiner unruhigen Eitelkeit nach neuen Zielen für groſse
Thaten suchte, auf seine eigene Hand es unternahm wie
die Griechen von ihren Ketten so Rom von Hannibal zu
befreien und gegen den gröſsten Mann seiner Zeit den
Dolch zwar nicht zu führen, was nicht diplomatisch ist,
aber ihn zu schleifen und zu richten. Prusias, der jämmer-
lichste unter den Jammerprinzen Asiens, machte sich ein
Vergnügen daraus dem römischen Gesandten die kleine Ge-
fälligkeit zu erweisen, die derselbe mit halben Worten erbat,
und da Hannibal sein Haus von Mördern umstellt sah, nahm
er Gift. Er war seit langem gefaſst darauf, fügt ein Römer
hinzu, denn er kannte die Römer und das Wort der Kö-
nige. — Sein Todesjahr ist nicht gewiſs; wahrscheinlich
starb er in der zweiten Hälfte des Jahres 571, siebenund-
sechzig Jahre alt. Als er geboren ward, stritt Rom mit
zweifelhaftem Erfolg um den Besitz von Sicilien; er hatte
gerade genug gelebt um den Westen vollständig unterworfen
zu sehen, um noch selber seine letzte Römerschlacht gegen
die Schiffe seiner römisch gewordenen Vaterstadt zu schlagen
um dann zuschauen zu müssen, wie Rom auch den Osten
überwand gleich wie der Sturm das führerlose Schiff, und zu
fühlen daſs er allein im Stande war es zu lenken. — Es
konnte ihm keine Hoffnung weiter fehlschlagen, als er
starb; aber redlich hatte er in funfzigjährigem Kampfe den
Knabenschwur gehalten. — Um dieselbe Zeit, wahrschein-
lich in demselben Jahre starb auch der Mann, den die
Römer seinen Ueberwinder zu nennen pflegten, Publius
Scipio. Ihn hatte das Glück mit allen den Erfolgen über-
schüttet, die seinem Gegner versagt blieben, mit Erfolgen, die
ihm gehörten und nicht gehörten. Spanien, Africa, Asien
hatte er zum Reiche gebracht und Rom, das er als die erste
Gemeinde Italiens gefunden, war bei seinem Tode die Ge-
bieterin der civilisirten Welt. Er selbst hatte der Siegestitel
so viele, daſs deren überblieben für seinen Bruder und seinen
Neffen. * Und doch verzehrte auch er seine letzten Jahre in
bitterem Gram und starb wenig über funfzig Jahre alt
in freiwilliger Verbannung, mit dem Befehl an die Seinigen
in der Vaterstadt, für die er gelebt hatte und in der seine
Ahnen ruhten, seine Leiche nicht beizusetzen. Es ist nicht

* Africanus, Asiaticus, Hispallus.
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[569/0583] DER KRIEG GEGEN ANTIOCHOS VON ASIEN. keinen Glauben zu verdienen —, daſs aber Flamininus, der in seiner unruhigen Eitelkeit nach neuen Zielen für groſse Thaten suchte, auf seine eigene Hand es unternahm wie die Griechen von ihren Ketten so Rom von Hannibal zu befreien und gegen den gröſsten Mann seiner Zeit den Dolch zwar nicht zu führen, was nicht diplomatisch ist, aber ihn zu schleifen und zu richten. Prusias, der jämmer- lichste unter den Jammerprinzen Asiens, machte sich ein Vergnügen daraus dem römischen Gesandten die kleine Ge- fälligkeit zu erweisen, die derselbe mit halben Worten erbat, und da Hannibal sein Haus von Mördern umstellt sah, nahm er Gift. Er war seit langem gefaſst darauf, fügt ein Römer hinzu, denn er kannte die Römer und das Wort der Kö- nige. — Sein Todesjahr ist nicht gewiſs; wahrscheinlich starb er in der zweiten Hälfte des Jahres 571, siebenund- sechzig Jahre alt. Als er geboren ward, stritt Rom mit zweifelhaftem Erfolg um den Besitz von Sicilien; er hatte gerade genug gelebt um den Westen vollständig unterworfen zu sehen, um noch selber seine letzte Römerschlacht gegen die Schiffe seiner römisch gewordenen Vaterstadt zu schlagen um dann zuschauen zu müssen, wie Rom auch den Osten überwand gleich wie der Sturm das führerlose Schiff, und zu fühlen daſs er allein im Stande war es zu lenken. — Es konnte ihm keine Hoffnung weiter fehlschlagen, als er starb; aber redlich hatte er in funfzigjährigem Kampfe den Knabenschwur gehalten. — Um dieselbe Zeit, wahrschein- lich in demselben Jahre starb auch der Mann, den die Römer seinen Ueberwinder zu nennen pflegten, Publius Scipio. Ihn hatte das Glück mit allen den Erfolgen über- schüttet, die seinem Gegner versagt blieben, mit Erfolgen, die ihm gehörten und nicht gehörten. Spanien, Africa, Asien hatte er zum Reiche gebracht und Rom, das er als die erste Gemeinde Italiens gefunden, war bei seinem Tode die Ge- bieterin der civilisirten Welt. Er selbst hatte der Siegestitel so viele, daſs deren überblieben für seinen Bruder und seinen Neffen. * Und doch verzehrte auch er seine letzten Jahre in bitterem Gram und starb wenig über funfzig Jahre alt in freiwilliger Verbannung, mit dem Befehl an die Seinigen in der Vaterstadt, für die er gelebt hatte und in der seine Ahnen ruhten, seine Leiche nicht beizusetzen. Es ist nicht * Africanus, Asiaticus, Hispallus.

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 569. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/583>, abgerufen am 23.11.2024.