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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DRITTES BUCH. KAPITEL IX.
nahm also die Schiffe und Truppen zusammen, die er eben unter
der Hand hatte -- es waren nur 40 Deckschiffe und 10000
Mann zu Fuss nebst 500 Pferden und 6 Elephanten -- und
brach vom thrakischen Chersonesos nach Griechenland auf, wo
er im Herbst 562 bei Pteleon am pagasaeischen Meerbusen
an das Land stieg und sofort das nahe Demetrias besetzte.
Ungefähr um dieselbe Zeit landete auch ein römisches Heer
von etwa 25000 Mann unter dem Prätor Marcus Baebius bei
Apollonia. Es war also von beiden Seiten der Krieg begonnen.

Es kam darauf an, wie weit jene umfassend angelegte Coa-
lition gegen Rom, als deren Haupt Antiochos auftrat, sich realisi-
ren werde. Was zunächst den Plan betraf in Karthago und
Italien den Römern Feinde zu erwecken, so traf Hannibal wie
immer so auch am Hof zu Ephesos das Loos seine gross-
artigen und hochherzigen Pläne für kleinkrämerischer und
niedriger Leute Rechnung entworfen zu haben. Zu ihrer Aus-
führung geschah nichts als dass man einige karthagische Pa-
trioten compromittirte; den Karthagern blieb keine andere Wahl
als sich den Römern unbedingt botmässig zu erweisen. Die
Camarilla wollte eben den Hannibal nicht -- der Mann war
der Hofcabale zu unbequem gross und nachdem sie allerlei
abgeschmackte Mittel versucht hatte, zum Beispiel den Feld-
herrn, mit dessen Namen die Römer ihre Kinder schreckten,
des Einverständnisses mit den römischen Gesandten zu be-
zichtigen, gelang es ihr den grossen Antiochos, der wie alle
unbedeutenden Monarchen auf seine Selbstständigkeit sich viel
zu Gute that und mit nichts so leicht zu beherrschen war
wie mit der Furcht beherrscht zu werden, auf den weisen
Gedanken zu bringen, dass er sich nicht durch den vielge-
nannten Mann dürfe verdunkeln lassen; worauf denn im hohen
Rath beschlossen ward den Phoenikier künftig nur für unter-
geordnete Aufgaben und zum Rathgeben zu verwenden, vor-
behältlich natürlich den Rath nie zu befolgen. Hannibal rächte
sich an dem Gesindel, indem er jeden Auftrag annahm und
jeden glänzend ausführte. -- In Asien hielt Kappadokien zu
dem Grosskönig; dagegen trat Prusias von Bithynien wie im-
mer auf die Seite des Mächtigeren. König Eumenes blieb der
alten Politik seines Hauses getreu, die ihm erst jetzt die rechte
Frucht tragen sollte. Er hatte Antiochos Anerbietungen nicht
bloss beharrlich zurückgewiesen, sondern auch die Römer be-
ständig zu einem Kriege gedrängt, von dem er Vergrösserung
seines Reiches erwartete. Ebenso schlossen die Rhodier und

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nahm also die Schiffe und Truppen zusammen, die er eben unter
der Hand hatte — es waren nur 40 Deckschiffe und 10000
Mann zu Fuſs nebst 500 Pferden und 6 Elephanten — und
brach vom thrakischen Chersonesos nach Griechenland auf, wo
er im Herbst 562 bei Pteleon am pagasaeischen Meerbusen
an das Land stieg und sofort das nahe Demetrias besetzte.
Ungefähr um dieselbe Zeit landete auch ein römisches Heer
von etwa 25000 Mann unter dem Prätor Marcus Baebius bei
Apollonia. Es war also von beiden Seiten der Krieg begonnen.

Es kam darauf an, wie weit jene umfassend angelegte Coa-
lition gegen Rom, als deren Haupt Antiochos auftrat, sich realisi-
ren werde. Was zunächst den Plan betraf in Karthago und
Italien den Römern Feinde zu erwecken, so traf Hannibal wie
immer so auch am Hof zu Ephesos das Loos seine groſs-
artigen und hochherzigen Pläne für kleinkrämerischer und
niedriger Leute Rechnung entworfen zu haben. Zu ihrer Aus-
führung geschah nichts als daſs man einige karthagische Pa-
trioten compromittirte; den Karthagern blieb keine andere Wahl
als sich den Römern unbedingt botmäſsig zu erweisen. Die
Camarilla wollte eben den Hannibal nicht — der Mann war
der Hofcabale zu unbequem groſs und nachdem sie allerlei
abgeschmackte Mittel versucht hatte, zum Beispiel den Feld-
herrn, mit dessen Namen die Römer ihre Kinder schreckten,
des Einverständnisses mit den römischen Gesandten zu be-
zichtigen, gelang es ihr den groſsen Antiochos, der wie alle
unbedeutenden Monarchen auf seine Selbstständigkeit sich viel
zu Gute that und mit nichts so leicht zu beherrschen war
wie mit der Furcht beherrscht zu werden, auf den weisen
Gedanken zu bringen, daſs er sich nicht durch den vielge-
nannten Mann dürfe verdunkeln lassen; worauf denn im hohen
Rath beschlossen ward den Phoenikier künftig nur für unter-
geordnete Aufgaben und zum Rathgeben zu verwenden, vor-
behältlich natürlich den Rath nie zu befolgen. Hannibal rächte
sich an dem Gesindel, indem er jeden Auftrag annahm und
jeden glänzend ausführte. — In Asien hielt Kappadokien zu
dem Groſskönig; dagegen trat Prusias von Bithynien wie im-
mer auf die Seite des Mächtigeren. König Eumenes blieb der
alten Politik seines Hauses getreu, die ihm erst jetzt die rechte
Frucht tragen sollte. Er hatte Antiochos Anerbietungen nicht
bloſs beharrlich zurückgewiesen, sondern auch die Römer be-
ständig zu einem Kriege gedrängt, von dem er Vergröſserung
seines Reiches erwartete. Ebenso schlossen die Rhodier und

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[548/0562] DRITTES BUCH. KAPITEL IX. nahm also die Schiffe und Truppen zusammen, die er eben unter der Hand hatte — es waren nur 40 Deckschiffe und 10000 Mann zu Fuſs nebst 500 Pferden und 6 Elephanten — und brach vom thrakischen Chersonesos nach Griechenland auf, wo er im Herbst 562 bei Pteleon am pagasaeischen Meerbusen an das Land stieg und sofort das nahe Demetrias besetzte. Ungefähr um dieselbe Zeit landete auch ein römisches Heer von etwa 25000 Mann unter dem Prätor Marcus Baebius bei Apollonia. Es war also von beiden Seiten der Krieg begonnen. Es kam darauf an, wie weit jene umfassend angelegte Coa- lition gegen Rom, als deren Haupt Antiochos auftrat, sich realisi- ren werde. Was zunächst den Plan betraf in Karthago und Italien den Römern Feinde zu erwecken, so traf Hannibal wie immer so auch am Hof zu Ephesos das Loos seine groſs- artigen und hochherzigen Pläne für kleinkrämerischer und niedriger Leute Rechnung entworfen zu haben. Zu ihrer Aus- führung geschah nichts als daſs man einige karthagische Pa- trioten compromittirte; den Karthagern blieb keine andere Wahl als sich den Römern unbedingt botmäſsig zu erweisen. Die Camarilla wollte eben den Hannibal nicht — der Mann war der Hofcabale zu unbequem groſs und nachdem sie allerlei abgeschmackte Mittel versucht hatte, zum Beispiel den Feld- herrn, mit dessen Namen die Römer ihre Kinder schreckten, des Einverständnisses mit den römischen Gesandten zu be- zichtigen, gelang es ihr den groſsen Antiochos, der wie alle unbedeutenden Monarchen auf seine Selbstständigkeit sich viel zu Gute that und mit nichts so leicht zu beherrschen war wie mit der Furcht beherrscht zu werden, auf den weisen Gedanken zu bringen, daſs er sich nicht durch den vielge- nannten Mann dürfe verdunkeln lassen; worauf denn im hohen Rath beschlossen ward den Phoenikier künftig nur für unter- geordnete Aufgaben und zum Rathgeben zu verwenden, vor- behältlich natürlich den Rath nie zu befolgen. Hannibal rächte sich an dem Gesindel, indem er jeden Auftrag annahm und jeden glänzend ausführte. — In Asien hielt Kappadokien zu dem Groſskönig; dagegen trat Prusias von Bithynien wie im- mer auf die Seite des Mächtigeren. König Eumenes blieb der alten Politik seines Hauses getreu, die ihm erst jetzt die rechte Frucht tragen sollte. Er hatte Antiochos Anerbietungen nicht bloſs beharrlich zurückgewiesen, sondern auch die Römer be- ständig zu einem Kriege gedrängt, von dem er Vergröſserung seines Reiches erwartete. Ebenso schlossen die Rhodier und

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 548. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/562>, abgerufen am 22.11.2024.