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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DRITTES BUCH. KAPITEL VIII.
ordnung geriethen, gewannen die letzten Glieder eben erst
die Höhe. Der rechte Flügel der Römer ward unter diesen
Umständen leicht mit dem feindlichen linken fertig; die Ele-
phanten allein, die auf diesem Flügel standen, vernichteten
die aufgelösten makedonischen Schaaren. Während des fürch-
terlichen Gemetzels, das hier entstand, nahm ein entschlosse-
ner römischer Offizier zwanzig Fähnlein zusammen und warf
sich mit diesen auf den andern makedonischen Flügel, der
den römischen linken verfolgend so weit vorgedrungen war,
dass der römische rechte ihm im Rücken stand. Gegen den
Angriff von hinten war die siegreiche Phalanx wehrlos und
mit diesem Angriff war die Schlacht zu Ende. Bei der voll-
ständigen Auflösung der beiden Phalangen ist es begreiflich,
dass 13000 Makedonier theils gefangen theils gefallen waren,
gefallen meistens, weil die römischen Soldaten das makedonische
Zeichen der Ergebung, das Aufheben der Sarissen nicht kann-
ten; der Verlust der Sieger war gering. Philippos entkam
nach Larissa und nachdem er alle seine Papiere verbrannt
hatte um Niemanden zu compromittiren, räumte er Thessalien
und ging in seine Heimath zurück. Gleichzeitig mit dieser
grossen Niederlage erlitten die Makedonier noch andere Nach-
theile auf allen Puncten, die sie noch besetzt hielten: in Ka-
rien schlugen die rhodischen Söldner das dort stehende ma-
kedonische Corps und zwangen dasselbe sich in Stratonikeia
einzuschliessen; die korinthische Besatzung ward von Niko-
stratos mit seinen Achaeern mit starkem Verlust geschlagen
und das akarnanische Leukas nach heldenmüthiger Gegenwehr
erstürmt. Philippos war vollständig überwunden; seine letzten
Verbündeten, die Akarnanen ergaben sich auf die Nachricht von
der Schlacht bei Kynoskephalae.

Es lag vollständig in der Hand der Römer den Frieden
zu dictiren; sie nutzten ihre Macht ohne sie zu missbrauchen.
Man konnte das Reich Alexanders vernichten; auf der Con-
ferenz der Bundesgenossen ward dies Begehren von aetolischer
Seite ausdrücklich gestellt. Allein was hiess das anders als
den Wall hellenischer Bildung gegen Thraker und Galater
niederreissen? Schon war während des eben geendigten Krie-
ges das blühende Lysimacheia auf dem thrakischen Chersonesos
von den Thrakern gänzlich zerstört worden -- eine ernste War-
nung für die Zukunft. Flamininus, der tiefe Blicke in die
widerwärtigen Verfehdungen der griechischen Staaten gethan
hatte, konnte nicht die Hand dazu bieten, dass die römische

DRITTES BUCH. KAPITEL VIII.
ordnung geriethen, gewannen die letzten Glieder eben erst
die Höhe. Der rechte Flügel der Römer ward unter diesen
Umständen leicht mit dem feindlichen linken fertig; die Ele-
phanten allein, die auf diesem Flügel standen, vernichteten
die aufgelösten makedonischen Schaaren. Während des fürch-
terlichen Gemetzels, das hier entstand, nahm ein entschlosse-
ner römischer Offizier zwanzig Fähnlein zusammen und warf
sich mit diesen auf den andern makedonischen Flügel, der
den römischen linken verfolgend so weit vorgedrungen war,
daſs der römische rechte ihm im Rücken stand. Gegen den
Angriff von hinten war die siegreiche Phalanx wehrlos und
mit diesem Angriff war die Schlacht zu Ende. Bei der voll-
ständigen Auflösung der beiden Phalangen ist es begreiflich,
daſs 13000 Makedonier theils gefangen theils gefallen waren,
gefallen meistens, weil die römischen Soldaten das makedonische
Zeichen der Ergebung, das Aufheben der Sarissen nicht kann-
ten; der Verlust der Sieger war gering. Philippos entkam
nach Larissa und nachdem er alle seine Papiere verbrannt
hatte um Niemanden zu compromittiren, räumte er Thessalien
und ging in seine Heimath zurück. Gleichzeitig mit dieser
groſsen Niederlage erlitten die Makedonier noch andere Nach-
theile auf allen Puncten, die sie noch besetzt hielten: in Ka-
rien schlugen die rhodischen Söldner das dort stehende ma-
kedonische Corps und zwangen dasselbe sich in Stratonikeia
einzuschlieſsen; die korinthische Besatzung ward von Niko-
stratos mit seinen Achaeern mit starkem Verlust geschlagen
und das akarnanische Leukas nach heldenmüthiger Gegenwehr
erstürmt. Philippos war vollständig überwunden; seine letzten
Verbündeten, die Akarnanen ergaben sich auf die Nachricht von
der Schlacht bei Kynoskephalae.

Es lag vollständig in der Hand der Römer den Frieden
zu dictiren; sie nutzten ihre Macht ohne sie zu miſsbrauchen.
Man konnte das Reich Alexanders vernichten; auf der Con-
ferenz der Bundesgenossen ward dies Begehren von aetolischer
Seite ausdrücklich gestellt. Allein was hieſs das anders als
den Wall hellenischer Bildung gegen Thraker und Galater
niederreiſsen? Schon war während des eben geendigten Krie-
ges das blühende Lysimacheia auf dem thrakischen Chersonesos
von den Thrakern gänzlich zerstört worden — eine ernste War-
nung für die Zukunft. Flamininus, der tiefe Blicke in die
widerwärtigen Verfehdungen der griechischen Staaten gethan
hatte, konnte nicht die Hand dazu bieten, daſs die römische

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[532/0546] DRITTES BUCH. KAPITEL VIII. ordnung geriethen, gewannen die letzten Glieder eben erst die Höhe. Der rechte Flügel der Römer ward unter diesen Umständen leicht mit dem feindlichen linken fertig; die Ele- phanten allein, die auf diesem Flügel standen, vernichteten die aufgelösten makedonischen Schaaren. Während des fürch- terlichen Gemetzels, das hier entstand, nahm ein entschlosse- ner römischer Offizier zwanzig Fähnlein zusammen und warf sich mit diesen auf den andern makedonischen Flügel, der den römischen linken verfolgend so weit vorgedrungen war, daſs der römische rechte ihm im Rücken stand. Gegen den Angriff von hinten war die siegreiche Phalanx wehrlos und mit diesem Angriff war die Schlacht zu Ende. Bei der voll- ständigen Auflösung der beiden Phalangen ist es begreiflich, daſs 13000 Makedonier theils gefangen theils gefallen waren, gefallen meistens, weil die römischen Soldaten das makedonische Zeichen der Ergebung, das Aufheben der Sarissen nicht kann- ten; der Verlust der Sieger war gering. Philippos entkam nach Larissa und nachdem er alle seine Papiere verbrannt hatte um Niemanden zu compromittiren, räumte er Thessalien und ging in seine Heimath zurück. Gleichzeitig mit dieser groſsen Niederlage erlitten die Makedonier noch andere Nach- theile auf allen Puncten, die sie noch besetzt hielten: in Ka- rien schlugen die rhodischen Söldner das dort stehende ma- kedonische Corps und zwangen dasselbe sich in Stratonikeia einzuschlieſsen; die korinthische Besatzung ward von Niko- stratos mit seinen Achaeern mit starkem Verlust geschlagen und das akarnanische Leukas nach heldenmüthiger Gegenwehr erstürmt. Philippos war vollständig überwunden; seine letzten Verbündeten, die Akarnanen ergaben sich auf die Nachricht von der Schlacht bei Kynoskephalae. Es lag vollständig in der Hand der Römer den Frieden zu dictiren; sie nutzten ihre Macht ohne sie zu miſsbrauchen. Man konnte das Reich Alexanders vernichten; auf der Con- ferenz der Bundesgenossen ward dies Begehren von aetolischer Seite ausdrücklich gestellt. Allein was hieſs das anders als den Wall hellenischer Bildung gegen Thraker und Galater niederreiſsen? Schon war während des eben geendigten Krie- ges das blühende Lysimacheia auf dem thrakischen Chersonesos von den Thrakern gänzlich zerstört worden — eine ernste War- nung für die Zukunft. Flamininus, der tiefe Blicke in die widerwärtigen Verfehdungen der griechischen Staaten gethan hatte, konnte nicht die Hand dazu bieten, daſs die römische

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 532. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/546>, abgerufen am 25.11.2024.