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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DRITTES BUCH. KAPITEL VI.
geblich mit 50000 Mann zu Fuss und 10000 Reitern, musste
die Belagerung aufgehoben und für den Winter auf einem
leicht zu verschanzenden Vorgebirg zwischen Utica und Kar-
thago ein befestigtes Schifflager geschlagen werden. Hier ver-
ging dem römischen General der Winter 550/1. Das Frühjahr
fand ihn in einer ziemlich unbequemen Lage, aus der er sich
durch einen glücklichen Handstreich befreite. Die Africaner,
eingeschläfert durch die von Scipio mehr listig als ehrlich an-
gesponnenen Friedensverhandlungen, liessen sich in einer und
derselben Nacht in ihren beiden Lagern überfallen: die Rohr-
hütten der Numidier loderten in Flammen auf und als die
Karthager eilten zu helfen, traf ihr eigenes Lager dasselbe
Schicksal; wehrlos wurden die Flüchtenden von den römischen
Abtheilungen niedergemacht. Dieser nächtliche Ueberfall war
verderblicher als viele Schlachten; indess die Karthager
liessen den Muth nicht sinken und verwarfen sogar den Rath
der Furchtsamen oder vielmehr der Verständigen Mago und
Hannibal zurückzurufen. Eben jetzt waren die erwarteten
keltiberischen und makedonischen Hülfstruppen angelangt;
man beschloss auf den ,grossen Feldern', fünf Tagemärsche
von Utica noch einmal die offene Feldschlacht zu versuchen.
Scipio eilte sie anzunehmen; mit leichter Mühe zerstreuten
seine Veteranen und Freiwilligen die zusammengerafften kar-
thagischen und numidischen Schwärme und auch die Kelti-
berer, die bei Scipio auf Gnade nicht rechnen durften, wur-
den nach hartnäckiger Gegenwehr zusammengehauen. Die
Africaner konnten nach dieser doppelten Niederlage nirgends
mehr das Feld halten. Ein Angriff auf das römische Schiffs-
lager, den die karthagische Flotte versuchte, lieferte zwar kein
ungünstiges, aber doch auch kein entscheidendes Resultat und
ward weit aufgewogen durch die Gefangennahme des Syphax,
die dem Scipio sein beispielloser Glücksstern zuwarf und durch
welche Massinissa das für die Römer ward, was anfangs Sy-
phax den Karthagern gewesen war. -- Nach solchen Nieder-
lagen konnte die karthagische Friedenspartei, die seit sech-
zehn Jahren hatte schweigen müssen, wiederum ihr Haupt
erheben und sich offen auflehnen gegen das Regiment der
Barkas und der Patrioten. Hasdrubal Gisgons Sohn ward
abwesend von der Regierung zum Tode verurtheilt und ein
Versuch gemacht von Scipio Waffenstillstand und Frieden zu
gewinnen. Er forderte Aufgebung der spanischen Besitzungen
und der Inseln des Mittelmeers, Uebergabe des Reiches des

DRITTES BUCH. KAPITEL VI.
geblich mit 50000 Mann zu Fuſs und 10000 Reitern, muſste
die Belagerung aufgehoben und für den Winter auf einem
leicht zu verschanzenden Vorgebirg zwischen Utica und Kar-
thago ein befestigtes Schifflager geschlagen werden. Hier ver-
ging dem römischen General der Winter 550/1. Das Frühjahr
fand ihn in einer ziemlich unbequemen Lage, aus der er sich
durch einen glücklichen Handstreich befreite. Die Africaner,
eingeschläfert durch die von Scipio mehr listig als ehrlich an-
gesponnenen Friedensverhandlungen, lieſsen sich in einer und
derselben Nacht in ihren beiden Lagern überfallen: die Rohr-
hütten der Numidier loderten in Flammen auf und als die
Karthager eilten zu helfen, traf ihr eigenes Lager dasselbe
Schicksal; wehrlos wurden die Flüchtenden von den römischen
Abtheilungen niedergemacht. Dieser nächtliche Ueberfall war
verderblicher als viele Schlachten; indeſs die Karthager
lieſsen den Muth nicht sinken und verwarfen sogar den Rath
der Furchtsamen oder vielmehr der Verständigen Mago und
Hannibal zurückzurufen. Eben jetzt waren die erwarteten
keltiberischen und makedonischen Hülfstruppen angelangt;
man beschloſs auf den ‚groſsen Feldern‘, fünf Tagemärsche
von Utica noch einmal die offene Feldschlacht zu versuchen.
Scipio eilte sie anzunehmen; mit leichter Mühe zerstreuten
seine Veteranen und Freiwilligen die zusammengerafften kar-
thagischen und numidischen Schwärme und auch die Kelti-
berer, die bei Scipio auf Gnade nicht rechnen durften, wur-
den nach hartnäckiger Gegenwehr zusammengehauen. Die
Africaner konnten nach dieser doppelten Niederlage nirgends
mehr das Feld halten. Ein Angriff auf das römische Schiffs-
lager, den die karthagische Flotte versuchte, lieferte zwar kein
ungünstiges, aber doch auch kein entscheidendes Resultat und
ward weit aufgewogen durch die Gefangennahme des Syphax,
die dem Scipio sein beispielloser Glücksstern zuwarf und durch
welche Massinissa das für die Römer ward, was anfangs Sy-
phax den Karthagern gewesen war. — Nach solchen Nieder-
lagen konnte die karthagische Friedenspartei, die seit sech-
zehn Jahren hatte schweigen müssen, wiederum ihr Haupt
erheben und sich offen auflehnen gegen das Regiment der
Barkas und der Patrioten. Hasdrubal Gisgons Sohn ward
abwesend von der Regierung zum Tode verurtheilt und ein
Versuch gemacht von Scipio Waffenstillstand und Frieden zu
gewinnen. Er forderte Aufgebung der spanischen Besitzungen
und der Inseln des Mittelmeers, Uebergabe des Reiches des

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[474/0488] DRITTES BUCH. KAPITEL VI. geblich mit 50000 Mann zu Fuſs und 10000 Reitern, muſste die Belagerung aufgehoben und für den Winter auf einem leicht zu verschanzenden Vorgebirg zwischen Utica und Kar- thago ein befestigtes Schifflager geschlagen werden. Hier ver- ging dem römischen General der Winter 550/1. Das Frühjahr fand ihn in einer ziemlich unbequemen Lage, aus der er sich durch einen glücklichen Handstreich befreite. Die Africaner, eingeschläfert durch die von Scipio mehr listig als ehrlich an- gesponnenen Friedensverhandlungen, lieſsen sich in einer und derselben Nacht in ihren beiden Lagern überfallen: die Rohr- hütten der Numidier loderten in Flammen auf und als die Karthager eilten zu helfen, traf ihr eigenes Lager dasselbe Schicksal; wehrlos wurden die Flüchtenden von den römischen Abtheilungen niedergemacht. Dieser nächtliche Ueberfall war verderblicher als viele Schlachten; indeſs die Karthager lieſsen den Muth nicht sinken und verwarfen sogar den Rath der Furchtsamen oder vielmehr der Verständigen Mago und Hannibal zurückzurufen. Eben jetzt waren die erwarteten keltiberischen und makedonischen Hülfstruppen angelangt; man beschloſs auf den ‚groſsen Feldern‘, fünf Tagemärsche von Utica noch einmal die offene Feldschlacht zu versuchen. Scipio eilte sie anzunehmen; mit leichter Mühe zerstreuten seine Veteranen und Freiwilligen die zusammengerafften kar- thagischen und numidischen Schwärme und auch die Kelti- berer, die bei Scipio auf Gnade nicht rechnen durften, wur- den nach hartnäckiger Gegenwehr zusammengehauen. Die Africaner konnten nach dieser doppelten Niederlage nirgends mehr das Feld halten. Ein Angriff auf das römische Schiffs- lager, den die karthagische Flotte versuchte, lieferte zwar kein ungünstiges, aber doch auch kein entscheidendes Resultat und ward weit aufgewogen durch die Gefangennahme des Syphax, die dem Scipio sein beispielloser Glücksstern zuwarf und durch welche Massinissa das für die Römer ward, was anfangs Sy- phax den Karthagern gewesen war. — Nach solchen Nieder- lagen konnte die karthagische Friedenspartei, die seit sech- zehn Jahren hatte schweigen müssen, wiederum ihr Haupt erheben und sich offen auflehnen gegen das Regiment der Barkas und der Patrioten. Hasdrubal Gisgons Sohn ward abwesend von der Regierung zum Tode verurtheilt und ein Versuch gemacht von Scipio Waffenstillstand und Frieden zu gewinnen. Er forderte Aufgebung der spanischen Besitzungen und der Inseln des Mittelmeers, Uebergabe des Reiches des

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/488>, abgerufen am 24.11.2024.