Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.DRITTES BUCH. KAPITEL VI. zweiten einen schweren und blutigen Sieg --; während derConsul Quintus Fulvius die schon schwankenden Lucaner und Hirpiner zum Wechsel der Partei und zur Auslieferung der punischen Besatzungen bestimmte; während gut geleitete Razzias von Rhegion aus Hannibal nöthigten den bedrängten Brettiern zu Hülfe zu eilen, setzte der alte Quintus Fabius, der noch einmal -- zum fünften Mal -- das Consulat über- nommen hatte und damit den Auftrag Tarent wieder zu er- obern, sich fest im nahen messapischen Gebiet und der Verrath einer brettischen Abtheilung der Besatzung überlieferte ihm die Stadt, in der von den erbitterten Siegern fürchterlich ge- haust ward. Was von der Besatzung oder von der Bürger- schaft ihnen vorkam, wurde niedergemacht und die Häuser geplündert. Es sollen 30000 Tarentiner als Sclaven verkauft, 3000 Talente (41/2 Mill. Thlr.) in den Staatsschatz geflossen sein. Hannibal kam zum Entsatz als alles vorbei war und zog sich zurück nach Metapont. Die Eroberung Tarents durch Quintus Fabius war des alten Feldherrn letzte Kriegs- that; er starb nicht lange darauf, in dem Jahr, wo Hannibal Italien verliess. -- Nachdem also Hannibal seine wichtigsten Eroberungen eingebüsst hatte und allmählich sich auf die südwestliche Spitze der Halbinsel beschränkt sah, gedachte Marcus Marcellus, der für das nächste Jahr (546) zum Consul gewählt worden war, in Verbindung mit seinem tüchtigen Collegen Titus Quinctius Crispinus dem Krieg durch einen entscheidenden Angriff ein Ende zu machen; allein das Schicksal sparte diesen Kranz für ein jüngeres Haupt. Bei einer unbedeutenden Recognoscirung wurden beide Consuln von einer Abtheilung africanischer Reiter überfallen; Marcellus, schon ein Sechziger, focht tapfer den ungleichen Kampf, bis er sterbend vom Pferde sank; Crispinus entkam, starb aber an dem im Gefecht empfangenen Wunden (546). Man stand jetzt im eilften Kriegsjahr. Die Gefahr schien DRITTES BUCH. KAPITEL VI. zweiten einen schweren und blutigen Sieg —; während derConsul Quintus Fulvius die schon schwankenden Lucaner und Hirpiner zum Wechsel der Partei und zur Auslieferung der punischen Besatzungen bestimmte; während gut geleitete Razzias von Rhegion aus Hannibal nöthigten den bedrängten Brettiern zu Hülfe zu eilen, setzte der alte Quintus Fabius, der noch einmal — zum fünften Mal — das Consulat über- nommen hatte und damit den Auftrag Tarent wieder zu er- obern, sich fest im nahen messapischen Gebiet und der Verrath einer brettischen Abtheilung der Besatzung überlieferte ihm die Stadt, in der von den erbitterten Siegern fürchterlich ge- haust ward. Was von der Besatzung oder von der Bürger- schaft ihnen vorkam, wurde niedergemacht und die Häuser geplündert. Es sollen 30000 Tarentiner als Sclaven verkauft, 3000 Talente (4½ Mill. Thlr.) in den Staatsschatz geflossen sein. Hannibal kam zum Entsatz als alles vorbei war und zog sich zurück nach Metapont. Die Eroberung Tarents durch Quintus Fabius war des alten Feldherrn letzte Kriegs- that; er starb nicht lange darauf, in dem Jahr, wo Hannibal Italien verlieſs. — Nachdem also Hannibal seine wichtigsten Eroberungen eingebüſst hatte und allmählich sich auf die südwestliche Spitze der Halbinsel beschränkt sah, gedachte Marcus Marcellus, der für das nächste Jahr (546) zum Consul gewählt worden war, in Verbindung mit seinem tüchtigen Collegen Titus Quinctius Crispinus dem Krieg durch einen entscheidenden Angriff ein Ende zu machen; allein das Schicksal sparte diesen Kranz für ein jüngeres Haupt. Bei einer unbedeutenden Recognoscirung wurden beide Consuln von einer Abtheilung africanischer Reiter überfallen; Marcellus, schon ein Sechziger, focht tapfer den ungleichen Kampf, bis er sterbend vom Pferde sank; Crispinus entkam, starb aber an dem im Gefecht empfangenen Wunden (546). 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Sehr bald reichte dies nicht aus; man muſste<lb/> von den Lieferanten auf Credit nehmen und ihnen durch die<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [464/0478]
DRITTES BUCH. KAPITEL VI.
zweiten einen schweren und blutigen Sieg —; während der
Consul Quintus Fulvius die schon schwankenden Lucaner und
Hirpiner zum Wechsel der Partei und zur Auslieferung der
punischen Besatzungen bestimmte; während gut geleitete
Razzias von Rhegion aus Hannibal nöthigten den bedrängten
Brettiern zu Hülfe zu eilen, setzte der alte Quintus Fabius,
der noch einmal — zum fünften Mal — das Consulat über-
nommen hatte und damit den Auftrag Tarent wieder zu er-
obern, sich fest im nahen messapischen Gebiet und der Verrath
einer brettischen Abtheilung der Besatzung überlieferte ihm
die Stadt, in der von den erbitterten Siegern fürchterlich ge-
haust ward. Was von der Besatzung oder von der Bürger-
schaft ihnen vorkam, wurde niedergemacht und die Häuser
geplündert. Es sollen 30000 Tarentiner als Sclaven verkauft,
3000 Talente (4½ Mill. Thlr.) in den Staatsschatz geflossen
sein. Hannibal kam zum Entsatz als alles vorbei war und
zog sich zurück nach Metapont. Die Eroberung Tarents
durch Quintus Fabius war des alten Feldherrn letzte Kriegs-
that; er starb nicht lange darauf, in dem Jahr, wo Hannibal
Italien verlieſs. — Nachdem also Hannibal seine wichtigsten
Eroberungen eingebüſst hatte und allmählich sich auf die
südwestliche Spitze der Halbinsel beschränkt sah, gedachte
Marcus Marcellus, der für das nächste Jahr (546) zum Consul
gewählt worden war, in Verbindung mit seinem tüchtigen
Collegen Titus Quinctius Crispinus dem Krieg durch einen
entscheidenden Angriff ein Ende zu machen; allein das
Schicksal sparte diesen Kranz für ein jüngeres Haupt. Bei
einer unbedeutenden Recognoscirung wurden beide Consuln
von einer Abtheilung africanischer Reiter überfallen; Marcellus,
schon ein Sechziger, focht tapfer den ungleichen Kampf, bis
er sterbend vom Pferde sank; Crispinus entkam, starb aber
an dem im Gefecht empfangenen Wunden (546).
Man stand jetzt im eilften Kriegsjahr. Die Gefahr schien
geschwunden, die einige Jahre zuvor die Existenz des Staates
bedroht hatte; aber nur um so mehr fühlte man den schwe-
ren und jährlich schwerer werdenden Druck des endlosen
Krieges. Die Staatsfinanzen waren aufs Aeuſserste erschöpft.
Gleich zu Anfang des Krieges hatte man die Scheidemünze
verringert, den Legalcurs des Silberstückes um mehr als ein
Drittel erhöht und eine Goldmünze weit über den Metallwerth
ausgegeben. Sehr bald reichte dies nicht aus; man muſste
von den Lieferanten auf Credit nehmen und ihnen durch die
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