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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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schliessen, wo seine Theilnahme noch etwas werth war. Es
ist weder erfreulich noch nothwendig den Wechselfällen dieses
ziellosen Kampfes zu folgen. Philippos, obwohl jedem einzelnen
seiner Gegner überlegen und nach allen Seiten hin mit Ener-
gie und persönlicher Tapferkeit die Angriffe zurückweisend,
rieb sich dennoch auf in dieser heillosen Defensive. Bald
galt es sich gegen die Aetoler zu wenden, die in Gemein-
schaft mit der römischen Flotte die unglücklichen Akarnanen
vernichteten und Lokris und Thessalien bedrohten; bald rief
ihn ein Einfall der Barbaren in die nördlichen Landschaften;
bald sandten die Achaeer um Hülfe gegen die aetolischen und
spartanischen Raubzüge; bald bedrohten die Kriegsschiffe von
Pergamon und Rom die östliche Küste oder setzten Truppen
ans Land in Euboea. Der Mangel einer Kriegsflotte lähmte
Philippos in allen seinen Bewegungen; es kam so weit, dass er
von seinem Bundesgenossen Prusias in Bithynien, ja von Han-
nibal Kriegsschiffe erbat. Erst gegen das Ende des Krieges
entschloss er sich zu dem, womit er hätte anfangen müssen,
hundert Kriegsschiffe bauen zu lassen, von denen indess kein
Gebrauch mehr gemacht ward, wenn überhaupt der Befehl
zur Ausführung kam. Alle, die Griechenlands Lage begriffen
und ein Herz dafür hatten, bedauerten den unseligen Krieg,
in dem Griechenlands letzte Kräfte sich selbst zerfleischten
und der Wohlstand des Landes zu Grunde ging. Wiederholt
hatten die Handelsstaaten Rhodos, Chios, Mytilene, Byzanz,
Athen, ja selbst Aegypten versucht zu vermitteln. Selbst von
den Aetolern, auf die es unter den römischen Alliirten haupt-
sächlich ankam, gingen allmählich manchem die Augen auf
über die ehrlose und verderbliche Rolle, zu der sie das römi-
sche Bündniss verurtheilte; es ging ein Schrei der Empörung
durch die ganze griechische Nation, als die Aetoler in Ge-
meinschaft mit den Römern hellenische Bürgerschaften, wie
die von Antikyra, Oreos, Dyme, Aegina, in Masse in die Scla-
verei verkauften. Allein die Aetoler waren schon nicht mehr
frei; sie wagten viel, wenn sie auf eigene Hand mit Philippos
Frieden schlossen und fanden die Römer keineswegs geneigt,
zumal bei der günstigen Wendung der Dinge in Spanien und
Italien, von einem Kriege abzustehen, den sie ihrerseits bloss
mit einigen Schiffen führten und dessen Last und Nachtheil
wesentlich auf die Aetoler fiel. Diese sahen sich hart be-
drängt, besonders seit der kleine König der Athamanen von
Philippos gewonnen worden und dadurch das innere Aetolien

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schlieſsen, wo seine Theilnahme noch etwas werth war. Es
ist weder erfreulich noch nothwendig den Wechselfällen dieses
ziellosen Kampfes zu folgen. Philippos, obwohl jedem einzelnen
seiner Gegner überlegen und nach allen Seiten hin mit Ener-
gie und persönlicher Tapferkeit die Angriffe zurückweisend,
rieb sich dennoch auf in dieser heillosen Defensive. Bald
galt es sich gegen die Aetoler zu wenden, die in Gemein-
schaft mit der römischen Flotte die unglücklichen Akarnanen
vernichteten und Lokris und Thessalien bedrohten; bald rief
ihn ein Einfall der Barbaren in die nördlichen Landschaften;
bald sandten die Achaeer um Hülfe gegen die aetolischen und
spartanischen Raubzüge; bald bedrohten die Kriegsschiffe von
Pergamon und Rom die östliche Küste oder setzten Truppen
ans Land in Euboea. Der Mangel einer Kriegsflotte lähmte
Philippos in allen seinen Bewegungen; es kam so weit, daſs er
von seinem Bundesgenossen Prusias in Bithynien, ja von Han-
nibal Kriegsschiffe erbat. Erst gegen das Ende des Krieges
entschloſs er sich zu dem, womit er hätte anfangen müssen,
hundert Kriegsschiffe bauen zu lassen, von denen indeſs kein
Gebrauch mehr gemacht ward, wenn überhaupt der Befehl
zur Ausführung kam. Alle, die Griechenlands Lage begriffen
und ein Herz dafür hatten, bedauerten den unseligen Krieg,
in dem Griechenlands letzte Kräfte sich selbst zerfleischten
und der Wohlstand des Landes zu Grunde ging. Wiederholt
hatten die Handelsstaaten Rhodos, Chios, Mytilene, Byzanz,
Athen, ja selbst Aegypten versucht zu vermitteln. Selbst von
den Aetolern, auf die es unter den römischen Alliirten haupt-
sächlich ankam, gingen allmählich manchem die Augen auf
über die ehrlose und verderbliche Rolle, zu der sie das römi-
sche Bündniſs verurtheilte; es ging ein Schrei der Empörung
durch die ganze griechische Nation, als die Aetoler in Ge-
meinschaft mit den Römern hellenische Bürgerschaften, wie
die von Antikyra, Oreos, Dyme, Aegina, in Masse in die Scla-
verei verkauften. Allein die Aetoler waren schon nicht mehr
frei; sie wagten viel, wenn sie auf eigene Hand mit Philippos
Frieden schlossen und fanden die Römer keineswegs geneigt,
zumal bei der günstigen Wendung der Dinge in Spanien und
Italien, von einem Kriege abzustehen, den sie ihrerseits bloſs
mit einigen Schiffen führten und dessen Last und Nachtheil
wesentlich auf die Aetoler fiel. Diese sahen sich hart be-
drängt, besonders seit der kleine König der Athamanen von
Philippos gewonnen worden und dadurch das innere Aetolien

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[445/0459] HANNIBALISCHER KRIEG. schlieſsen, wo seine Theilnahme noch etwas werth war. Es ist weder erfreulich noch nothwendig den Wechselfällen dieses ziellosen Kampfes zu folgen. Philippos, obwohl jedem einzelnen seiner Gegner überlegen und nach allen Seiten hin mit Ener- gie und persönlicher Tapferkeit die Angriffe zurückweisend, rieb sich dennoch auf in dieser heillosen Defensive. Bald galt es sich gegen die Aetoler zu wenden, die in Gemein- schaft mit der römischen Flotte die unglücklichen Akarnanen vernichteten und Lokris und Thessalien bedrohten; bald rief ihn ein Einfall der Barbaren in die nördlichen Landschaften; bald sandten die Achaeer um Hülfe gegen die aetolischen und spartanischen Raubzüge; bald bedrohten die Kriegsschiffe von Pergamon und Rom die östliche Küste oder setzten Truppen ans Land in Euboea. Der Mangel einer Kriegsflotte lähmte Philippos in allen seinen Bewegungen; es kam so weit, daſs er von seinem Bundesgenossen Prusias in Bithynien, ja von Han- nibal Kriegsschiffe erbat. Erst gegen das Ende des Krieges entschloſs er sich zu dem, womit er hätte anfangen müssen, hundert Kriegsschiffe bauen zu lassen, von denen indeſs kein Gebrauch mehr gemacht ward, wenn überhaupt der Befehl zur Ausführung kam. Alle, die Griechenlands Lage begriffen und ein Herz dafür hatten, bedauerten den unseligen Krieg, in dem Griechenlands letzte Kräfte sich selbst zerfleischten und der Wohlstand des Landes zu Grunde ging. Wiederholt hatten die Handelsstaaten Rhodos, Chios, Mytilene, Byzanz, Athen, ja selbst Aegypten versucht zu vermitteln. Selbst von den Aetolern, auf die es unter den römischen Alliirten haupt- sächlich ankam, gingen allmählich manchem die Augen auf über die ehrlose und verderbliche Rolle, zu der sie das römi- sche Bündniſs verurtheilte; es ging ein Schrei der Empörung durch die ganze griechische Nation, als die Aetoler in Ge- meinschaft mit den Römern hellenische Bürgerschaften, wie die von Antikyra, Oreos, Dyme, Aegina, in Masse in die Scla- verei verkauften. Allein die Aetoler waren schon nicht mehr frei; sie wagten viel, wenn sie auf eigene Hand mit Philippos Frieden schlossen und fanden die Römer keineswegs geneigt, zumal bei der günstigen Wendung der Dinge in Spanien und Italien, von einem Kriege abzustehen, den sie ihrerseits bloſs mit einigen Schiffen führten und dessen Last und Nachtheil wesentlich auf die Aetoler fiel. Diese sahen sich hart be- drängt, besonders seit der kleine König der Athamanen von Philippos gewonnen worden und dadurch das innere Aetolien

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/459>, abgerufen am 24.11.2024.