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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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HAMILKAR UND HANNIBAL.
Römern betrieben; man schickte in Rom sich an im nächsten
Frühjahr der Schilderhebung in Illyrien ein rasches Ende zu
bereiten. Jeder Tag war kostbar; Hannibal entschloss sich.
Er meldete kurz und gut nach Karthago, dass die Saguntiner
karthagischen Unterthanen, den Turdetanern zu nahe träten
und er sie darum angreifen müsse; und ohne die Antwort
abzuwarten begann er im Frühling 535 die Belagerung der
mit Rom verbündeten Stadt, das heisst den Krieg gegen Rom.
Was man in Karthago dachte und berieth, mag man sich
etwa vorstellen nach dem Eindruck, den Yorks Capitulation
in gewissen Kreisen machte; alle ,angesehenen Männer', heisst
es, missbilligten den ,ohne Auftrag' geschehenen Angriff; es
war die Rede von Desavouirung, von Auslieferung des dreisten
Offiziers. Aber sei es, dass im karthagischen Rath die Furcht
vor Rom schwieg vor der näheren vor dem Heer und der
der Menge; sei es, dass man die Unmöglichkeit begriff einen
solchen Schritt einmal gethan zurückzuthun; sei es, dass die
blosse Macht der Trägheit ein bestimmtes Auftreten hinderte --
man entschloss sich endlich sich zu nichts zu entschliessen
und den Krieg wenn nicht zu führen, doch für sich führen
zu lassen. Sagunt vertheidigte sich, wie nur spanische Städte
sich zu vertheidigen verstehen; hätten die Römer nur einen
geringen Theil der Energie ihrer Schutzbefohlenen gezeigt, sie,
die Herren der See und geeigneter Landungsplätze, hätten wäh-
rend der achtmonatlichen Belagerung Sagunts, statt mit dem
elenden illyrischen Räuberkrieg die Zeit zu verderben, sich die
Schande des versäumten Schutzes ersparen und dem Krieg viel-
leicht eine andere Wendung geben können. Indess sie säumten
und die Stadt ward endlich erstürmt. Wie Hannibal die Beute
nach Karthago zur Vertheilung sandte, ward der Patriotismus
und die Kriegslust bei Vielen rege, die davon bisher nichts
gespürt hatten, und die Austheilung schnitt jede Versöhnung
mit Rom ab. Als daher nach der Zerstörung Sagunts eine
römische Gesandtschaft in Karthago erschien und die Aus-
lieferung des Feldherrn und der im Lager anwesenden Ge-
rusiasten forderte, und als der römische Sprecher, die ver-
suchte Rechtfertigung unterbrechend, die Discussion abschnitt
und sein Gewand zusammenfassend sprach, dass er darin
Frieden und Krieg halte und dass die Gerusia wählen möge,
da ermannten sich die Gerusiasten zu der Antwort, dass man
es ankommen lasse auf die Wahl des Römers; und als dieser
den Krieg bot, nahm man ihn an (Frühling 536).

HAMILKAR UND HANNIBAL.
Römern betrieben; man schickte in Rom sich an im nächsten
Frühjahr der Schilderhebung in Illyrien ein rasches Ende zu
bereiten. Jeder Tag war kostbar; Hannibal entschloſs sich.
Er meldete kurz und gut nach Karthago, daſs die Saguntiner
karthagischen Unterthanen, den Turdetanern zu nahe träten
und er sie darum angreifen müsse; und ohne die Antwort
abzuwarten begann er im Frühling 535 die Belagerung der
mit Rom verbündeten Stadt, das heiſst den Krieg gegen Rom.
Was man in Karthago dachte und berieth, mag man sich
etwa vorstellen nach dem Eindruck, den Yorks Capitulation
in gewissen Kreisen machte; alle ‚angesehenen Männer‘, heiſst
es, miſsbilligten den ‚ohne Auftrag‘ geschehenen Angriff; es
war die Rede von Desavouirung, von Auslieferung des dreisten
Offiziers. Aber sei es, daſs im karthagischen Rath die Furcht
vor Rom schwieg vor der näheren vor dem Heer und der
der Menge; sei es, daſs man die Unmöglichkeit begriff einen
solchen Schritt einmal gethan zurückzuthun; sei es, daſs die
bloſse Macht der Trägheit ein bestimmtes Auftreten hinderte —
man entschloſs sich endlich sich zu nichts zu entschlieſsen
und den Krieg wenn nicht zu führen, doch für sich führen
zu lassen. Sagunt vertheidigte sich, wie nur spanische Städte
sich zu vertheidigen verstehen; hätten die Römer nur einen
geringen Theil der Energie ihrer Schutzbefohlenen gezeigt, sie,
die Herren der See und geeigneter Landungsplätze, hätten wäh-
rend der achtmonatlichen Belagerung Sagunts, statt mit dem
elenden illyrischen Räuberkrieg die Zeit zu verderben, sich die
Schande des versäumten Schutzes ersparen und dem Krieg viel-
leicht eine andere Wendung geben können. Indeſs sie säumten
und die Stadt ward endlich erstürmt. Wie Hannibal die Beute
nach Karthago zur Vertheilung sandte, ward der Patriotismus
und die Kriegslust bei Vielen rege, die davon bisher nichts
gespürt hatten, und die Austheilung schnitt jede Versöhnung
mit Rom ab. Als daher nach der Zerstörung Sagunts eine
römische Gesandtschaft in Karthago erschien und die Aus-
lieferung des Feldherrn und der im Lager anwesenden Ge-
rusiasten forderte, und als der römische Sprecher, die ver-
suchte Rechtfertigung unterbrechend, die Discussion abschnitt
und sein Gewand zusammenfassend sprach, daſs er darin
Frieden und Krieg halte und daſs die Gerusia wählen möge,
da ermannten sich die Gerusiasten zu der Antwort, daſs man
es ankommen lasse auf die Wahl des Römers; und als dieser
den Krieg bot, nahm man ihn an (Frühling 536).

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[391/0405] HAMILKAR UND HANNIBAL. Römern betrieben; man schickte in Rom sich an im nächsten Frühjahr der Schilderhebung in Illyrien ein rasches Ende zu bereiten. Jeder Tag war kostbar; Hannibal entschloſs sich. Er meldete kurz und gut nach Karthago, daſs die Saguntiner karthagischen Unterthanen, den Turdetanern zu nahe träten und er sie darum angreifen müsse; und ohne die Antwort abzuwarten begann er im Frühling 535 die Belagerung der mit Rom verbündeten Stadt, das heiſst den Krieg gegen Rom. Was man in Karthago dachte und berieth, mag man sich etwa vorstellen nach dem Eindruck, den Yorks Capitulation in gewissen Kreisen machte; alle ‚angesehenen Männer‘, heiſst es, miſsbilligten den ‚ohne Auftrag‘ geschehenen Angriff; es war die Rede von Desavouirung, von Auslieferung des dreisten Offiziers. Aber sei es, daſs im karthagischen Rath die Furcht vor Rom schwieg vor der näheren vor dem Heer und der der Menge; sei es, daſs man die Unmöglichkeit begriff einen solchen Schritt einmal gethan zurückzuthun; sei es, daſs die bloſse Macht der Trägheit ein bestimmtes Auftreten hinderte — man entschloſs sich endlich sich zu nichts zu entschlieſsen und den Krieg wenn nicht zu führen, doch für sich führen zu lassen. Sagunt vertheidigte sich, wie nur spanische Städte sich zu vertheidigen verstehen; hätten die Römer nur einen geringen Theil der Energie ihrer Schutzbefohlenen gezeigt, sie, die Herren der See und geeigneter Landungsplätze, hätten wäh- rend der achtmonatlichen Belagerung Sagunts, statt mit dem elenden illyrischen Räuberkrieg die Zeit zu verderben, sich die Schande des versäumten Schutzes ersparen und dem Krieg viel- leicht eine andere Wendung geben können. Indeſs sie säumten und die Stadt ward endlich erstürmt. Wie Hannibal die Beute nach Karthago zur Vertheilung sandte, ward der Patriotismus und die Kriegslust bei Vielen rege, die davon bisher nichts gespürt hatten, und die Austheilung schnitt jede Versöhnung mit Rom ab. Als daher nach der Zerstörung Sagunts eine römische Gesandtschaft in Karthago erschien und die Aus- lieferung des Feldherrn und der im Lager anwesenden Ge- rusiasten forderte, und als der römische Sprecher, die ver- suchte Rechtfertigung unterbrechend, die Discussion abschnitt und sein Gewand zusammenfassend sprach, daſs er darin Frieden und Krieg halte und daſs die Gerusia wählen möge, da ermannten sich die Gerusiasten zu der Antwort, daſs man es ankommen lasse auf die Wahl des Römers; und als dieser den Krieg bot, nahm man ihn an (Frühling 536).

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/405>, abgerufen am 27.11.2024.