gebrochenen Revolution. Endlich als wollte wie früher das Glück, so jetzt das Unglück den Römern das Mass füllen, gingen in einem schweren Sturm auf der Rückfahrt der Flotte drei Viertheile der römischen Schiffe mit der Mannschaft zu Grunde; nur achtzig gelangten in den Hafen (Juli 499). Die Capitäne hatten das Unheil wohl vorausgesagt, aber die im- provisirten römischen Admirale hatten die Fahrt einmal also befohlen.
Nach so ungeheuren Erfolgen konnten die Karthager die lange eingestellte Offensive wiederum ergreifen. Hasdrubal Hannos Sohn landete in Lilybaeon mit einem starken Heer, das besonders durch die ungeheure Elephantenmasse -- es waren ihrer 140 -- in den Stand gesetzt wurde gegen die Römer das Feld zu halten; die letzte Schlacht hatte gezeigt, wie es möglich war den Mangel guten Fussvolks durch Ele- phanten und Reiterei einigermassen zu ersetzen. Auch die Römer nahmen den sicilischen Krieg von neuem auf; die Vernichtung des Landungsheeres hatte, wie die freiwillige Räumung von Clupea beweist, im römischen Senat sofort wieder der Partei die Oberhand gegeben, die den africani- schen Krieg nicht wollte und sich begnügte die Inseln all- mählich zu unterwerfen. Allein auch hiezu bedurfte man einer Flotte; und da diejenige zerstört war, mit der man bei Mylae, bei Eknomos und am hermaeischen Vorgebirge gesiegt hatte, baute man eine neue. Auf einmal wurde zu zweihun- dert und zwanzig neuen Kriegsschiffen der Kiel gelegt -- nie hatte man bisher gleichzeitig so viele zu bauen unternommen -- und in der unglaublich kurzen Zeit von drei Monaten standen sie sämmtlich segelfertig. Im Frühjahr 500 erschien die römische Flotte, dreihundert grösstentheils neue Schiffe zählend, an der sicilischen Nordküste; durch einen glücklichen Angriff von der Seeseite ward Panormos erobert, die bedeu- tendste Stadt des karthagischen Siciliens und ebenso die klei- neren Plätze Solus, Kephaloedion, Tyndaris, so dass am gan- zen nördlichen Gestade der Insel nur noch Thermae den Karthagern verblieb. Panormos ward seitdem eine der Haupt- stationen der Römer auf Sicilien. Der Landkrieg daselbst stockte indess; die beiden Armeen standen vor Lilybaeon ein- ander gegenüber, ohne dass die römischen Befehlshaber, die der Elephantenmasse nicht beizukommen wussten, eine Haupt- schlacht zu erzwingen versucht hätten. -- Im folgenden Jahr (501) zogen die Consuln es vor statt die sichern Vortheile in
ERSTER PUNISCHER KRIEG.
gebrochenen Revolution. Endlich als wollte wie früher das Glück, so jetzt das Unglück den Römern das Maſs füllen, gingen in einem schweren Sturm auf der Rückfahrt der Flotte drei Viertheile der römischen Schiffe mit der Mannschaft zu Grunde; nur achtzig gelangten in den Hafen (Juli 499). Die Capitäne hatten das Unheil wohl vorausgesagt, aber die im- provisirten römischen Admirale hatten die Fahrt einmal also befohlen.
Nach so ungeheuren Erfolgen konnten die Karthager die lange eingestellte Offensive wiederum ergreifen. Hasdrubal Hannos Sohn landete in Lilybaeon mit einem starken Heer, das besonders durch die ungeheure Elephantenmasse — es waren ihrer 140 — in den Stand gesetzt wurde gegen die Römer das Feld zu halten; die letzte Schlacht hatte gezeigt, wie es möglich war den Mangel guten Fuſsvolks durch Ele- phanten und Reiterei einigermaſsen zu ersetzen. Auch die Römer nahmen den sicilischen Krieg von neuem auf; die Vernichtung des Landungsheeres hatte, wie die freiwillige Räumung von Clupea beweist, im römischen Senat sofort wieder der Partei die Oberhand gegeben, die den africani- schen Krieg nicht wollte und sich begnügte die Inseln all- mählich zu unterwerfen. Allein auch hiezu bedurfte man einer Flotte; und da diejenige zerstört war, mit der man bei Mylae, bei Eknomos und am hermaeischen Vorgebirge gesiegt hatte, baute man eine neue. Auf einmal wurde zu zweihun- dert und zwanzig neuen Kriegsschiffen der Kiel gelegt — nie hatte man bisher gleichzeitig so viele zu bauen unternommen — und in der unglaublich kurzen Zeit von drei Monaten standen sie sämmtlich segelfertig. Im Frühjahr 500 erschien die römische Flotte, dreihundert gröſstentheils neue Schiffe zählend, an der sicilischen Nordküste; durch einen glücklichen Angriff von der Seeseite ward Panormos erobert, die bedeu- tendste Stadt des karthagischen Siciliens und ebenso die klei- neren Plätze Solus, Kephaloedion, Tyndaris, so daſs am gan- zen nördlichen Gestade der Insel nur noch Thermae den Karthagern verblieb. Panormos ward seitdem eine der Haupt- stationen der Römer auf Sicilien. Der Landkrieg daselbst stockte indeſs; die beiden Armeen standen vor Lilybaeon ein- ander gegenüber, ohne daſs die römischen Befehlshaber, die der Elephantenmasse nicht beizukommen wuſsten, eine Haupt- schlacht zu erzwingen versucht hätten. — Im folgenden Jahr (501) zogen die Consuln es vor statt die sichern Vortheile in
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ERSTER PUNISCHER KRIEG.
gebrochenen Revolution. Endlich als wollte wie früher das
Glück, so jetzt das Unglück den Römern das Maſs füllen,
gingen in einem schweren Sturm auf der Rückfahrt der Flotte
drei Viertheile der römischen Schiffe mit der Mannschaft zu
Grunde; nur achtzig gelangten in den Hafen (Juli 499). Die
Capitäne hatten das Unheil wohl vorausgesagt, aber die im-
provisirten römischen Admirale hatten die Fahrt einmal also
befohlen.
Nach so ungeheuren Erfolgen konnten die Karthager die
lange eingestellte Offensive wiederum ergreifen. Hasdrubal
Hannos Sohn landete in Lilybaeon mit einem starken Heer,
das besonders durch die ungeheure Elephantenmasse — es
waren ihrer 140 — in den Stand gesetzt wurde gegen die
Römer das Feld zu halten; die letzte Schlacht hatte gezeigt,
wie es möglich war den Mangel guten Fuſsvolks durch Ele-
phanten und Reiterei einigermaſsen zu ersetzen. Auch die
Römer nahmen den sicilischen Krieg von neuem auf; die
Vernichtung des Landungsheeres hatte, wie die freiwillige
Räumung von Clupea beweist, im römischen Senat sofort
wieder der Partei die Oberhand gegeben, die den africani-
schen Krieg nicht wollte und sich begnügte die Inseln all-
mählich zu unterwerfen. Allein auch hiezu bedurfte man
einer Flotte; und da diejenige zerstört war, mit der man bei
Mylae, bei Eknomos und am hermaeischen Vorgebirge gesiegt
hatte, baute man eine neue. Auf einmal wurde zu zweihun-
dert und zwanzig neuen Kriegsschiffen der Kiel gelegt — nie
hatte man bisher gleichzeitig so viele zu bauen unternommen
— und in der unglaublich kurzen Zeit von drei Monaten
standen sie sämmtlich segelfertig. Im Frühjahr 500 erschien
die römische Flotte, dreihundert gröſstentheils neue Schiffe
zählend, an der sicilischen Nordküste; durch einen glücklichen
Angriff von der Seeseite ward Panormos erobert, die bedeu-
tendste Stadt des karthagischen Siciliens und ebenso die klei-
neren Plätze Solus, Kephaloedion, Tyndaris, so daſs am gan-
zen nördlichen Gestade der Insel nur noch Thermae den
Karthagern verblieb. Panormos ward seitdem eine der Haupt-
stationen der Römer auf Sicilien. Der Landkrieg daselbst
stockte indeſs; die beiden Armeen standen vor Lilybaeon ein-
ander gegenüber, ohne daſs die römischen Befehlshaber, die
der Elephantenmasse nicht beizukommen wuſsten, eine Haupt-
schlacht zu erzwingen versucht hätten. — Im folgenden Jahr
(501) zogen die Consuln es vor statt die sichern Vortheile in
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/363>, abgerufen am 23.11.2024.
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