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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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ZWEITES BUCH. KAPITEL VI.
Consularheere drangen, Tiberius Minucius und nach dessen
Fall Marcus Fulvius von Campanien aus durch die Bergpässe,
Lucius Postumius vom adriatischen Meer am Biferno hinauf,
in Samnium ein, um sich vor der Hauptstadt des Landes,
Bovianum, die Hand zu reichen; nach einem entscheiden-
den Sieg und nach der Gefangennahme der samnitischen
Feldherrn Statius Gellius erstürmten die beiden römischen
Heere Bovianum. Der Fall des Hauptwaffenplatzes der Land-
schaft machte dem zweiundzwanzigjährigen Krieg ein Ende.
Die samnitischen Besatzungen wurden aus Sora und Arpinum
zurückgezogen und von den Samniten Gesandte nach Rom
geschickt den Frieden zu erbitten; ihrem Beispiel folgten die
sabellischen Stämme, die Marser, Marruciner, Paeligner, Fren-
taner, Vestiner, Picenter. Die Bedingungen, die Rom ge-
währte, waren leidlich; Gebietsabtretungen wurden zwar zum
Theil vorgeschrieben, zum Beispiel den Paelignern, allein sehr
bedeutend scheinen sie nicht gewesen zu sein und es ward
das gleiche Bündniss zwischen diesen Staaten und den Römern
erneuert (450). -- Vermuthlich um dieselbe Zeit und wohl in
Folge des samnitischen Friedens ward auch Friede gemacht
zwischen Rom und Tarent. Unmittelbar zwar hatten beide
Städte nicht gegen einander gefochten. Roms Bundesgenossen,
die Lucaner, machten den Tarentinern und den mit diesen
verbündeten Sallentinern während der letzten Jahre des sam-
nitischen Krieges, als die Römer überall im Vortheil und die
Samniten in ihre Berge eingeschlossen waren, so viel zu schaf-
fen, dass die Tarentiner nicht bloss dem Untergang der Sam-
niten zusehen, sondern endlich trotz der mit Alexander ge-
machten unerfreulichen Erfahrungen sich entschliessen mussten
zu ihrem eigenen Schutz einen spartanischen Prinzen Kleony-
mos herbeizurufen. Dieser, mit den mitgebrachten fünftausend
Söldnern eine eben so starke in Italien angeworbene Schaar
vereinigend und die Zuzüge der Messapier, der kleineren
Griechenstädte und vor allem das tarentinische Bürgerheer,
zweiundzwanzigtausend Mann stark, an sich ziehend zwang
die Lucaner mit Tarent Frieden zu machen und eine samni-
tisch gesinnte Regierung einzusetzen, wogegen ihnen Metapont
aufgeopfert ward. Noch standen die Samniten unter Waffen,
als dies geschah; nichts hinderte den Spartaner ihnen zu
Hülfe zu kommen und das Gewicht seines starken Heeres und
seiner Kriegskunst für die Freiheit der italischen Städte und
Völker in die Wagschale zu werfen. Allein er war kein

ZWEITES BUCH. KAPITEL VI.
Consularheere drangen, Tiberius Minucius und nach dessen
Fall Marcus Fulvius von Campanien aus durch die Bergpässe,
Lucius Postumius vom adriatischen Meer am Biferno hinauf,
in Samnium ein, um sich vor der Hauptstadt des Landes,
Bovianum, die Hand zu reichen; nach einem entscheiden-
den Sieg und nach der Gefangennahme der samnitischen
Feldherrn Statius Gellius erstürmten die beiden römischen
Heere Bovianum. Der Fall des Hauptwaffenplatzes der Land-
schaft machte dem zweiundzwanzigjährigen Krieg ein Ende.
Die samnitischen Besatzungen wurden aus Sora und Arpinum
zurückgezogen und von den Samniten Gesandte nach Rom
geschickt den Frieden zu erbitten; ihrem Beispiel folgten die
sabellischen Stämme, die Marser, Marruciner, Paeligner, Fren-
taner, Vestiner, Picenter. Die Bedingungen, die Rom ge-
währte, waren leidlich; Gebietsabtretungen wurden zwar zum
Theil vorgeschrieben, zum Beispiel den Paelignern, allein sehr
bedeutend scheinen sie nicht gewesen zu sein und es ward
das gleiche Bündniſs zwischen diesen Staaten und den Römern
erneuert (450). — Vermuthlich um dieselbe Zeit und wohl in
Folge des samnitischen Friedens ward auch Friede gemacht
zwischen Rom und Tarent. Unmittelbar zwar hatten beide
Städte nicht gegen einander gefochten. Roms Bundesgenossen,
die Lucaner, machten den Tarentinern und den mit diesen
verbündeten Sallentinern während der letzten Jahre des sam-
nitischen Krieges, als die Römer überall im Vortheil und die
Samniten in ihre Berge eingeschlossen waren, so viel zu schaf-
fen, daſs die Tarentiner nicht bloſs dem Untergang der Sam-
niten zusehen, sondern endlich trotz der mit Alexander ge-
machten unerfreulichen Erfahrungen sich entschlieſsen muſsten
zu ihrem eigenen Schutz einen spartanischen Prinzen Kleony-
mos herbeizurufen. Dieser, mit den mitgebrachten fünftausend
Söldnern eine eben so starke in Italien angeworbene Schaar
vereinigend und die Zuzüge der Messapier, der kleineren
Griechenstädte und vor allem das tarentinische Bürgerheer,
zweiundzwanzigtausend Mann stark, an sich ziehend zwang
die Lucaner mit Tarent Frieden zu machen und eine samni-
tisch gesinnte Regierung einzusetzen, wogegen ihnen Metapont
aufgeopfert ward. Noch standen die Samniten unter Waffen,
als dies geschah; nichts hinderte den Spartaner ihnen zu
Hülfe zu kommen und das Gewicht seines starken Heeres und
seiner Kriegskunst für die Freiheit der italischen Städte und
Völker in die Wagschale zu werfen. Allein er war kein

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[244/0258] ZWEITES BUCH. KAPITEL VI. Consularheere drangen, Tiberius Minucius und nach dessen Fall Marcus Fulvius von Campanien aus durch die Bergpässe, Lucius Postumius vom adriatischen Meer am Biferno hinauf, in Samnium ein, um sich vor der Hauptstadt des Landes, Bovianum, die Hand zu reichen; nach einem entscheiden- den Sieg und nach der Gefangennahme der samnitischen Feldherrn Statius Gellius erstürmten die beiden römischen Heere Bovianum. Der Fall des Hauptwaffenplatzes der Land- schaft machte dem zweiundzwanzigjährigen Krieg ein Ende. Die samnitischen Besatzungen wurden aus Sora und Arpinum zurückgezogen und von den Samniten Gesandte nach Rom geschickt den Frieden zu erbitten; ihrem Beispiel folgten die sabellischen Stämme, die Marser, Marruciner, Paeligner, Fren- taner, Vestiner, Picenter. Die Bedingungen, die Rom ge- währte, waren leidlich; Gebietsabtretungen wurden zwar zum Theil vorgeschrieben, zum Beispiel den Paelignern, allein sehr bedeutend scheinen sie nicht gewesen zu sein und es ward das gleiche Bündniſs zwischen diesen Staaten und den Römern erneuert (450). — Vermuthlich um dieselbe Zeit und wohl in Folge des samnitischen Friedens ward auch Friede gemacht zwischen Rom und Tarent. Unmittelbar zwar hatten beide Städte nicht gegen einander gefochten. Roms Bundesgenossen, die Lucaner, machten den Tarentinern und den mit diesen verbündeten Sallentinern während der letzten Jahre des sam- nitischen Krieges, als die Römer überall im Vortheil und die Samniten in ihre Berge eingeschlossen waren, so viel zu schaf- fen, daſs die Tarentiner nicht bloſs dem Untergang der Sam- niten zusehen, sondern endlich trotz der mit Alexander ge- machten unerfreulichen Erfahrungen sich entschlieſsen muſsten zu ihrem eigenen Schutz einen spartanischen Prinzen Kleony- mos herbeizurufen. Dieser, mit den mitgebrachten fünftausend Söldnern eine eben so starke in Italien angeworbene Schaar vereinigend und die Zuzüge der Messapier, der kleineren Griechenstädte und vor allem das tarentinische Bürgerheer, zweiundzwanzigtausend Mann stark, an sich ziehend zwang die Lucaner mit Tarent Frieden zu machen und eine samni- tisch gesinnte Regierung einzusetzen, wogegen ihnen Metapont aufgeopfert ward. Noch standen die Samniten unter Waffen, als dies geschah; nichts hinderte den Spartaner ihnen zu Hülfe zu kommen und das Gewicht seines starken Heeres und seiner Kriegskunst für die Freiheit der italischen Städte und Völker in die Wagschale zu werfen. Allein er war kein

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/258>, abgerufen am 25.11.2024.