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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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STURZ DER ETRUSKISCHEN MACHT. DIE KELTEN.
gelegen am schwersten büsste, die halbe Landmark an Rom
abtreten und mit dem geschmälerten Gebiet, das ihm blieb
aus dem etruskischen Bunde aus und in ein abhängiges Ver-
hältniss zu Rom eintreten. Die Caeriten erhielten das römi-
sche Bürgerrecht ohne Stimm- und Ehrenrechte (civitas sine
suffragio
); was im Resultat darauf hinauslief, dass die Ge-
meinde ihre eigene Verwaltung unter selbstgewählten Beamten
und ihr Landrecht behielt, aber ihre Selbstständigkeit nach
aussen hin verlor, so dass die römischen Kriege und Bündnisse
für sie mit galten und Aushebung und Steuern die Caeriten
trafen gleich den römischen Bürgern. Diese Form der Unter-
werfung, durch welche der bisher selbstständige Staat verwan-
delt wurde in eine unfreie, aber sich selbst verwaltende Ge-
meinde, wurde hier zuerst und seitdem häufig bei entlegneren
Eroberungen angewendet statt der bisher üblichen Weise den
Besiegten den unbedingten Eintritt in das römische Bürgerrecht,
aufzuzwingen; offenbar weil es angemessen schien das römische
Bürgerrecht, das ja ein Stadtbürgerrecht war, nicht über ge-
wisse enge Grenzen auszudehnen, die um diese Zeit im Norden
und im Süden erreicht schienen. Nicht lange nachher (411)
trat auch Falerii aus dem etruskischen Bunde aus und in
ewigen Bund mit Rom; damit war ganz Südetrurien in der
einen oder andern Form der römischen Suprematie unter-
worfen. Tarquinii und wohl das nördliche Etrurien überhaupt
begnügte man sich durch einen Friedensvertrag auf 400 Mo-
nate für lange Zeit zu fesseln (403).

Auch im nördlichen Italien ordneten sich allmählich die
durch und gegen einander stürmenden Völker wieder in
dauernder Weise und in festere Grenzen. Die Züge über
die Alpen hörten auf, zum Theil wohl in Folge der verzwei-
felten Vertheidigung der Etrusker in ihrer beschränkteren
Heimath und der ernstlichen Gegenwehr der mächtigen Rö-
mer, zum Theil wohl auch in Folge uns unbekannter Verän-
derungen im Norden der Alpen. Zwischen Alpen und Apen-
ninen bis hinab zu den Abruzzen waren die Kelten im All-
gemeinen die herrschende Nation und namentlich die Herren
des ebenen Landes und der reichen Weiden; aber ihre An-
siedlungspolitik war schlaff und oberflächlich und ihre Herr-
schaft wurzelte nicht tief in dem neu gewonnenen Lande,
das ausschliesslich zu besitzen sie keineswegs bedacht waren.
Ausser den Völkerschaften in den Alpen, über deren Herkunft
wir ungenügend unterrichtet sind, blieben die Etrusker oder,

STURZ DER ETRUSKISCHEN MACHT. DIE KELTEN.
gelegen am schwersten büſste, die halbe Landmark an Rom
abtreten und mit dem geschmälerten Gebiet, das ihm blieb
aus dem etruskischen Bunde aus und in ein abhängiges Ver-
hältniſs zu Rom eintreten. Die Caeriten erhielten das römi-
sche Bürgerrecht ohne Stimm- und Ehrenrechte (civitas sine
suffragio
); was im Resultat darauf hinauslief, daſs die Ge-
meinde ihre eigene Verwaltung unter selbstgewählten Beamten
und ihr Landrecht behielt, aber ihre Selbstständigkeit nach
auſsen hin verlor, so daſs die römischen Kriege und Bündnisse
für sie mit galten und Aushebung und Steuern die Caeriten
trafen gleich den römischen Bürgern. Diese Form der Unter-
werfung, durch welche der bisher selbstständige Staat verwan-
delt wurde in eine unfreie, aber sich selbst verwaltende Ge-
meinde, wurde hier zuerst und seitdem häufig bei entlegneren
Eroberungen angewendet statt der bisher üblichen Weise den
Besiegten den unbedingten Eintritt in das römische Bürgerrecht,
aufzuzwingen; offenbar weil es angemessen schien das römische
Bürgerrecht, das ja ein Stadtbürgerrecht war, nicht über ge-
wisse enge Grenzen auszudehnen, die um diese Zeit im Norden
und im Süden erreicht schienen. Nicht lange nachher (411)
trat auch Falerii aus dem etruskischen Bunde aus und in
ewigen Bund mit Rom; damit war ganz Südetrurien in der
einen oder andern Form der römischen Suprematie unter-
worfen. Tarquinii und wohl das nördliche Etrurien überhaupt
begnügte man sich durch einen Friedensvertrag auf 400 Mo-
nate für lange Zeit zu fesseln (403).

Auch im nördlichen Italien ordneten sich allmählich die
durch und gegen einander stürmenden Völker wieder in
dauernder Weise und in festere Grenzen. Die Züge über
die Alpen hörten auf, zum Theil wohl in Folge der verzwei-
felten Vertheidigung der Etrusker in ihrer beschränkteren
Heimath und der ernstlichen Gegenwehr der mächtigen Rö-
mer, zum Theil wohl auch in Folge uns unbekannter Verän-
derungen im Norden der Alpen. Zwischen Alpen und Apen-
ninen bis hinab zu den Abruzzen waren die Kelten im All-
gemeinen die herrschende Nation und namentlich die Herren
des ebenen Landes und der reichen Weiden; aber ihre An-
siedlungspolitik war schlaff und oberflächlich und ihre Herr-
schaft wurzelte nicht tief in dem neu gewonnenen Lande,
das ausschlieſslich zu besitzen sie keineswegs bedacht waren.
Auſser den Völkerschaften in den Alpen, über deren Herkunft
wir ungenügend unterrichtet sind, blieben die Etrusker oder,

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[217/0231] STURZ DER ETRUSKISCHEN MACHT. DIE KELTEN. gelegen am schwersten büſste, die halbe Landmark an Rom abtreten und mit dem geschmälerten Gebiet, das ihm blieb aus dem etruskischen Bunde aus und in ein abhängiges Ver- hältniſs zu Rom eintreten. Die Caeriten erhielten das römi- sche Bürgerrecht ohne Stimm- und Ehrenrechte (civitas sine suffragio); was im Resultat darauf hinauslief, daſs die Ge- meinde ihre eigene Verwaltung unter selbstgewählten Beamten und ihr Landrecht behielt, aber ihre Selbstständigkeit nach auſsen hin verlor, so daſs die römischen Kriege und Bündnisse für sie mit galten und Aushebung und Steuern die Caeriten trafen gleich den römischen Bürgern. Diese Form der Unter- werfung, durch welche der bisher selbstständige Staat verwan- delt wurde in eine unfreie, aber sich selbst verwaltende Ge- meinde, wurde hier zuerst und seitdem häufig bei entlegneren Eroberungen angewendet statt der bisher üblichen Weise den Besiegten den unbedingten Eintritt in das römische Bürgerrecht, aufzuzwingen; offenbar weil es angemessen schien das römische Bürgerrecht, das ja ein Stadtbürgerrecht war, nicht über ge- wisse enge Grenzen auszudehnen, die um diese Zeit im Norden und im Süden erreicht schienen. Nicht lange nachher (411) trat auch Falerii aus dem etruskischen Bunde aus und in ewigen Bund mit Rom; damit war ganz Südetrurien in der einen oder andern Form der römischen Suprematie unter- worfen. Tarquinii und wohl das nördliche Etrurien überhaupt begnügte man sich durch einen Friedensvertrag auf 400 Mo- nate für lange Zeit zu fesseln (403). Auch im nördlichen Italien ordneten sich allmählich die durch und gegen einander stürmenden Völker wieder in dauernder Weise und in festere Grenzen. Die Züge über die Alpen hörten auf, zum Theil wohl in Folge der verzwei- felten Vertheidigung der Etrusker in ihrer beschränkteren Heimath und der ernstlichen Gegenwehr der mächtigen Rö- mer, zum Theil wohl auch in Folge uns unbekannter Verän- derungen im Norden der Alpen. Zwischen Alpen und Apen- ninen bis hinab zu den Abruzzen waren die Kelten im All- gemeinen die herrschende Nation und namentlich die Herren des ebenen Landes und der reichen Weiden; aber ihre An- siedlungspolitik war schlaff und oberflächlich und ihre Herr- schaft wurzelte nicht tief in dem neu gewonnenen Lande, das ausschlieſslich zu besitzen sie keineswegs bedacht waren. Auſser den Völkerschaften in den Alpen, über deren Herkunft wir ungenügend unterrichtet sind, blieben die Etrusker oder,

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/231>, abgerufen am 25.11.2024.