Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.DIE KUNST. in grosser Ausdehnung geübt wurden, dem Skarabaeenschnitt,der Spiegelzeichnung und der Grabmalerei. die bis jetzt be- kannten griechischen Beispiele ausschliesslich nach Athen oder Aegina führen; so dass uns hier abermals wie bei den Mün- zen und dem Alphabet die etruskischen Spuren nach Attika weisen. Für Latium dagegen sind die Spuren minder be- stimmt; doch weist nach Campanien die Thatsache, dass unter den Münzen die der südlicheren latinischen Städte bei weitem die schönsten sind, und dahin so wie nach Sicilien die nicht unwahrscheinliche Vermuthung, dass der Verfertiger der be- rühmten praenestinischen Cista Novios Plautius ein in Rom ansässiger Campaner, und dass Damophilos, der mit Gorgasos den uralten Cerestempel in Rom mit bemalten Thonfiguren schmückte, vielleicht der Lehrer des Zeuxis, Demophilos von Himera (um 300 Roms) gewesen ist. -- Vergleichen wir die Art, wie sich die Stämme verhielten zu der griechischen Kunst, so bemerken wir ähnliche Verschiedenheiten, wie sie die Ge- schichte des Alphabets ergab. Die Sabeller blieben, so viel wir sehen, so gut wie ganz unberührt von derselben, ausser insofern von der praktischen Architektur das Nothwendigste mittelbar auch auf sie überging; nur die Volsker gingen weiter und bildeten auch in Thon. In Latium und Etrurien ward die Kunst gepflegt, aber in wesentlich anderer Art. Ueberall wo wir vergleichen können, sind die etruskischen Kunstwerke den latinischen an Masse und Pracht ebenso überlegen als sie zurückstehen in Geist und Schönheit, und wieder in Etru- rien ist es vorzugsweise der südliche Theil, in dem die rei- chen Kunstschätze von Caere, Tarquinii, Volci sich finden, während der nördliche weit zurücksteht und zum Beispiel die nördlichste Stadt Volaterrae, mit dem grössten Gebiet unter allen etruskischen, von allen auch der griechischen Kunst am fernsten steht. Die herrlichsten italischen Gemälde bewunderte man in Ardea und Lanuvium, demnächst in Rom und Caere; aber die Kunst des Pinsels zu verschwenden an den Wän- den des Todtengemaches war nicht Sitte in Latium, son- dern nur in Etrurien, vorzugsweise im mittleren; nördlich von Chiusi hat sich kein ausgemaltes Grab gefunden. Der Kupferguss ward in Etrurien weit schwunghafter betrieben als in Latium; aber welches etruskische Werk reicht an die capi- tolinische Wölfin? und als später die Sitte der gegossenen Kupfermünzen aufkam, entstanden die schönsten Formen im südlichen Latium, leidliche in Rom und Umbrien, während DIE KUNST. in groſser Ausdehnung geübt wurden, dem Skarabaeenschnitt,der Spiegelzeichnung und der Grabmalerei. die bis jetzt be- kannten griechischen Beispiele ausschlieſslich nach Athen oder Aegina führen; so daſs uns hier abermals wie bei den Mün- zen und dem Alphabet die etruskischen Spuren nach Attika weisen. Für Latium dagegen sind die Spuren minder be- stimmt; doch weist nach Campanien die Thatsache, daſs unter den Münzen die der südlicheren latinischen Städte bei weitem die schönsten sind, und dahin so wie nach Sicilien die nicht unwahrscheinliche Vermuthung, daſs der Verfertiger der be- rühmten praenestinischen Cista Novios Plautius ein in Rom ansässiger Campaner, und daſs Damophilos, der mit Gorgasos den uralten Cerestempel in Rom mit bemalten Thonfiguren schmückte, vielleicht der Lehrer des Zeuxis, Demophilos von Himera (um 300 Roms) gewesen ist. — Vergleichen wir die Art, wie sich die Stämme verhielten zu der griechischen Kunst, so bemerken wir ähnliche Verschiedenheiten, wie sie die Ge- schichte des Alphabets ergab. Die Sabeller blieben, so viel wir sehen, so gut wie ganz unberührt von derselben, auſser insofern von der praktischen Architektur das Nothwendigste mittelbar auch auf sie überging; nur die Volsker gingen weiter und bildeten auch in Thon. In Latium und Etrurien ward die Kunst gepflegt, aber in wesentlich anderer Art. Ueberall wo wir vergleichen können, sind die etruskischen Kunstwerke den latinischen an Masse und Pracht ebenso überlegen als sie zurückstehen in Geist und Schönheit, und wieder in Etru- rien ist es vorzugsweise der südliche Theil, in dem die rei- chen Kunstschätze von Caere, Tarquinii, Volci sich finden, während der nördliche weit zurücksteht und zum Beispiel die nördlichste Stadt Volaterrae, mit dem gröſsten Gebiet unter allen etruskischen, von allen auch der griechischen Kunst am fernsten steht. Die herrlichsten italischen Gemälde bewunderte man in Ardea und Lanuvium, demnächst in Rom und Caere; aber die Kunst des Pinsels zu verschwenden an den Wän- den des Todtengemaches war nicht Sitte in Latium, son- dern nur in Etrurien, vorzugsweise im mittleren; nördlich von Chiusi hat sich kein ausgemaltes Grab gefunden. Der Kupferguſs ward in Etrurien weit schwunghafter betrieben als in Latium; aber welches etruskische Werk reicht an die capi- tolinische Wölfin? und als später die Sitte der gegossenen Kupfermünzen aufkam, entstanden die schönsten Formen im südlichen Latium, leidliche in Rom und Umbrien, während <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0167" n="153"/><fw place="top" type="header">DIE KUNST.</fw><lb/> in groſser Ausdehnung geübt wurden, dem Skarabaeenschnitt,<lb/> der Spiegelzeichnung und der Grabmalerei. die bis jetzt be-<lb/> kannten griechischen Beispiele ausschlieſslich nach Athen oder<lb/> Aegina führen; so daſs uns hier abermals wie bei den Mün-<lb/> zen und dem Alphabet die etruskischen Spuren nach Attika<lb/> weisen. 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DIE KUNST.
in groſser Ausdehnung geübt wurden, dem Skarabaeenschnitt,
der Spiegelzeichnung und der Grabmalerei. die bis jetzt be-
kannten griechischen Beispiele ausschlieſslich nach Athen oder
Aegina führen; so daſs uns hier abermals wie bei den Mün-
zen und dem Alphabet die etruskischen Spuren nach Attika
weisen. Für Latium dagegen sind die Spuren minder be-
stimmt; doch weist nach Campanien die Thatsache, daſs unter
den Münzen die der südlicheren latinischen Städte bei weitem
die schönsten sind, und dahin so wie nach Sicilien die nicht
unwahrscheinliche Vermuthung, daſs der Verfertiger der be-
rühmten praenestinischen Cista Novios Plautius ein in Rom
ansässiger Campaner, und daſs Damophilos, der mit Gorgasos
den uralten Cerestempel in Rom mit bemalten Thonfiguren
schmückte, vielleicht der Lehrer des Zeuxis, Demophilos von
Himera (um 300 Roms) gewesen ist. — Vergleichen wir die
Art, wie sich die Stämme verhielten zu der griechischen Kunst,
so bemerken wir ähnliche Verschiedenheiten, wie sie die Ge-
schichte des Alphabets ergab. Die Sabeller blieben, so viel
wir sehen, so gut wie ganz unberührt von derselben, auſser
insofern von der praktischen Architektur das Nothwendigste
mittelbar auch auf sie überging; nur die Volsker gingen weiter
und bildeten auch in Thon. In Latium und Etrurien ward
die Kunst gepflegt, aber in wesentlich anderer Art. Ueberall
wo wir vergleichen können, sind die etruskischen Kunstwerke
den latinischen an Masse und Pracht ebenso überlegen als
sie zurückstehen in Geist und Schönheit, und wieder in Etru-
rien ist es vorzugsweise der südliche Theil, in dem die rei-
chen Kunstschätze von Caere, Tarquinii, Volci sich finden,
während der nördliche weit zurücksteht und zum Beispiel die
nördlichste Stadt Volaterrae, mit dem gröſsten Gebiet unter
allen etruskischen, von allen auch der griechischen Kunst am
fernsten steht. Die herrlichsten italischen Gemälde bewunderte
man in Ardea und Lanuvium, demnächst in Rom und Caere;
aber die Kunst des Pinsels zu verschwenden an den Wän-
den des Todtengemaches war nicht Sitte in Latium, son-
dern nur in Etrurien, vorzugsweise im mittleren; nördlich
von Chiusi hat sich kein ausgemaltes Grab gefunden. Der
Kupferguſs ward in Etrurien weit schwunghafter betrieben als
in Latium; aber welches etruskische Werk reicht an die capi-
tolinische Wölfin? und als später die Sitte der gegossenen
Kupfermünzen aufkam, entstanden die schönsten Formen im
südlichen Latium, leidliche in Rom und Umbrien, während
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