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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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KAPITEL XIII.


Ackerbau, Gewerbe und Handel.

Ackerbau und Handel sind so innig verwachsen mit der
Verfassung und der äusseren Geschichte der Staaten, dass
schon bei deren Schilderung vielfach auf dieselben Rücksicht
genommen werden musste. Es soll hier versucht werden
anknüpfend an jene einzelnen Betrachtungen die italische,
namentlich die römische Oekonomie zusammenfassend und
ergänzend zu schildern.

Der Feldbau ist der Grundpfeiler aller italischen Staaten
gewesen, der sabellischen und etruskischen nicht minder als
der latinischen. Dass der Uebergang von der Weide- zur
Ackerwirthschaft jenseit der Einwanderung der Italiker in die
Halbinsel fällt, ward schon bemerkt. Der Ackerbau bestand
in Italien lange, ehe man das Eisen schmelzen lernte; denn
der heilige Pflug, mit dem man die Furche zog um darauf
den Mauerring zu errichten, in welchem die Bauern Schutz
finden sollten vor dem feindlichen Ueberfall, hatte eine
kupferne Schaar. -- Dass namentlich in Rom, über dessen
agrarische Verhältnisse sich allein mit einiger Bestimmtheit
sprechen lässt, nicht bloss der Schwerpunct des Staates ur-
sprünglich in der Bauerschaft lag, sondern auch dahin gear-
beitet ward die Gesammtheit der Ansässigen immer festzu-
halten als den Kern der Gemeinde, zeigt am klarsten die
servianische Reform, welche nur hervorgerufen sein kann
durch das Missverhältniss, dass im Laufe der Zeit ein grosser
Theil des römischen Grundbesitzes in die Hände von Nicht-

KAPITEL XIII.


Ackerbau, Gewerbe und Handel.

Ackerbau und Handel sind so innig verwachsen mit der
Verfassung und der äuſseren Geschichte der Staaten, daſs
schon bei deren Schilderung vielfach auf dieselben Rücksicht
genommen werden muſste. Es soll hier versucht werden
anknüpfend an jene einzelnen Betrachtungen die italische,
namentlich die römische Oekonomie zusammenfassend und
ergänzend zu schildern.

Der Feldbau ist der Grundpfeiler aller italischen Staaten
gewesen, der sabellischen und etruskischen nicht minder als
der latinischen. Daſs der Uebergang von der Weide- zur
Ackerwirthschaft jenseit der Einwanderung der Italiker in die
Halbinsel fällt, ward schon bemerkt. Der Ackerbau bestand
in Italien lange, ehe man das Eisen schmelzen lernte; denn
der heilige Pflug, mit dem man die Furche zog um darauf
den Mauerring zu errichten, in welchem die Bauern Schutz
finden sollten vor dem feindlichen Ueberfall, hatte eine
kupferne Schaar. — Daſs namentlich in Rom, über dessen
agrarische Verhältnisse sich allein mit einiger Bestimmtheit
sprechen läſst, nicht bloſs der Schwerpunct des Staates ur-
sprünglich in der Bauerschaft lag, sondern auch dahin gear-
beitet ward die Gesammtheit der Ansässigen immer festzu-
halten als den Kern der Gemeinde, zeigt am klarsten die
servianische Reform, welche nur hervorgerufen sein kann
durch das Miſsverhältniſs, daſs im Laufe der Zeit ein groſser
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[[122]/0136] KAPITEL XIII. Ackerbau, Gewerbe und Handel. Ackerbau und Handel sind so innig verwachsen mit der Verfassung und der äuſseren Geschichte der Staaten, daſs schon bei deren Schilderung vielfach auf dieselben Rücksicht genommen werden muſste. Es soll hier versucht werden anknüpfend an jene einzelnen Betrachtungen die italische, namentlich die römische Oekonomie zusammenfassend und ergänzend zu schildern. Der Feldbau ist der Grundpfeiler aller italischen Staaten gewesen, der sabellischen und etruskischen nicht minder als der latinischen. Daſs der Uebergang von der Weide- zur Ackerwirthschaft jenseit der Einwanderung der Italiker in die Halbinsel fällt, ward schon bemerkt. Der Ackerbau bestand in Italien lange, ehe man das Eisen schmelzen lernte; denn der heilige Pflug, mit dem man die Furche zog um darauf den Mauerring zu errichten, in welchem die Bauern Schutz finden sollten vor dem feindlichen Ueberfall, hatte eine kupferne Schaar. — Daſs namentlich in Rom, über dessen agrarische Verhältnisse sich allein mit einiger Bestimmtheit sprechen läſst, nicht bloſs der Schwerpunct des Staates ur- sprünglich in der Bauerschaft lag, sondern auch dahin gear- beitet ward die Gesammtheit der Ansässigen immer festzu- halten als den Kern der Gemeinde, zeigt am klarsten die servianische Reform, welche nur hervorgerufen sein kann durch das Miſsverhältniſs, daſs im Laufe der Zeit ein groſser Theil des römischen Grundbesitzes in die Hände von Nicht-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. [122]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/136>, abgerufen am 24.11.2024.