als etwas Beklagenswerthes betrachtet werden, da sie zur Erreichung des Zweckes unerläßlich ist. Wer aber den Zweck will, muß verständigerweise auch die Mittel wollen. Was aber Proudhon's Verlangen betrifft, so ist der Staat eine Ergänzung der allzuschwachen Einzelkraft und ein Schutz gegen Unvernunft. Er möchte also vielleicht entbehrt werden für das Zu- sammenleben von Engeln, niemals aber für das von Menschen. Hiermit aber ist natürlich wohl vereinbar, daß die Staatsgewalt schwächer werden darf, wenn sich ein Volk zur Selbstbesorgung einer größeren Anzahl von Angele- genheiten befähigt hat. Vergl. Rößler, Allgem. Staatslehre, S. 363 fg.
§ 12. 2. Kritik anderer Auffassungen.
Theils absichtliche Fehler, theils der Wunsch, bestimmte praktische Sätze schon auf den Begriff des Staates selbst zu stützen, haben eine große Menge abweichender Begriffs- bestimmungen vom Staate erzeugt. Eine Nachweisung der Unrichtigkeit der bemerkenswertheren dient zur wenigstens negativen Befestigung der eigenen Auffassung und bewahrt vor durchgreifenden Irrthümern 1).
Es lassen sich aber fünf Arten solcher unrichtiger Be- griffsbestimmungen unterscheiden, von welchen jede wieder mancherlei Spielarten in Worten oder Nebenbeziehungen in sich faßt.
1. Der Staat soll eine zum allgemeinen Glücke seiner sämmtlichen Theilhaber bestimmte Verbindung von Menschen sein. (Baco; Thomasius; Bentham.) -- Diese anscheinend höchst wohlwollende und zu den besten Folgen führende Auf- fassung hält eine nähere Prüfung aus mehr als Einem Grunde nicht aus. -- Vor Allem ist sie unklar. Es ist nämlich zweifelhaft, ob subjectives oder objectives Glück verstanden wird; d. h. der Zustand thatsächlicher allgemeiner Zufriedenheit, oder eine Sach- lage, mit welcher Jedermann zufrieden sein sollte. Daß diese beiden Zustände nicht nothwendig dieselben sind, leuchtet ein;
als etwas Beklagenswerthes betrachtet werden, da ſie zur Erreichung des Zweckes unerläßlich iſt. Wer aber den Zweck will, muß verſtändigerweiſe auch die Mittel wollen. Was aber Proudhon’s Verlangen betrifft, ſo iſt der Staat eine Ergänzung der allzuſchwachen Einzelkraft und ein Schutz gegen Unvernunft. Er möchte alſo vielleicht entbehrt werden für das Zu- ſammenleben von Engeln, niemals aber für das von Menſchen. Hiermit aber iſt natürlich wohl vereinbar, daß die Staatsgewalt ſchwächer werden darf, wenn ſich ein Volk zur Selbſtbeſorgung einer größeren Anzahl von Angele- genheiten befähigt hat. Vergl. Rößler, Allgem. Staatslehre, S. 363 fg.
§ 12. 2. Kritik anderer Auffaſſungen.
Theils abſichtliche Fehler, theils der Wunſch, beſtimmte praktiſche Sätze ſchon auf den Begriff des Staates ſelbſt zu ſtützen, haben eine große Menge abweichender Begriffs- beſtimmungen vom Staate erzeugt. Eine Nachweiſung der Unrichtigkeit der bemerkenswertheren dient zur wenigſtens negativen Befeſtigung der eigenen Auffaſſung und bewahrt vor durchgreifenden Irrthümern 1).
Es laſſen ſich aber fünf Arten ſolcher unrichtiger Be- griffsbeſtimmungen unterſcheiden, von welchen jede wieder mancherlei Spielarten in Worten oder Nebenbeziehungen in ſich faßt.
1. Der Staat ſoll eine zum allgemeinen Glücke ſeiner ſämmtlichen Theilhaber beſtimmte Verbindung von Menſchen ſein. (Baco; Thomaſius; Bentham.) — Dieſe anſcheinend höchſt wohlwollende und zu den beſten Folgen führende Auf- faſſung hält eine nähere Prüfung aus mehr als Einem Grunde nicht aus. — Vor Allem iſt ſie unklar. Es iſt nämlich zweifelhaft, ob ſubjectives oder objectives Glück verſtanden wird; d. h. der Zuſtand thatſächlicher allgemeiner Zufriedenheit, oder eine Sach- lage, mit welcher Jedermann zufrieden ſein ſollte. Daß dieſe beiden Zuſtände nicht nothwendig dieſelben ſind, leuchtet ein;
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⁵⁾ als etwas Beklagenswerthes betrachtet werden, da ſie zur Erreichung des
Zweckes unerläßlich iſt. Wer aber den Zweck will, muß verſtändigerweiſe
auch die Mittel wollen. Was aber Proudhon’s Verlangen betrifft, ſo iſt
der Staat eine Ergänzung der allzuſchwachen Einzelkraft und ein Schutz
gegen Unvernunft. Er möchte alſo vielleicht entbehrt werden für das Zu-
ſammenleben von Engeln, niemals aber für das von Menſchen. Hiermit
aber iſt natürlich wohl vereinbar, daß die Staatsgewalt ſchwächer werden darf,
wenn ſich ein Volk zur Selbſtbeſorgung einer größeren Anzahl von Angele-
genheiten befähigt hat. Vergl. Rößler, Allgem. Staatslehre, S. 363 fg.
§ 12.
2. Kritik anderer Auffaſſungen.
Theils abſichtliche Fehler, theils der Wunſch, beſtimmte
praktiſche Sätze ſchon auf den Begriff des Staates ſelbſt zu
ſtützen, haben eine große Menge abweichender Begriffs-
beſtimmungen vom Staate erzeugt. Eine Nachweiſung der
Unrichtigkeit der bemerkenswertheren dient zur wenigſtens
negativen Befeſtigung der eigenen Auffaſſung und bewahrt vor
durchgreifenden Irrthümern 1).
Es laſſen ſich aber fünf Arten ſolcher unrichtiger Be-
griffsbeſtimmungen unterſcheiden, von welchen jede wieder
mancherlei Spielarten in Worten oder Nebenbeziehungen in ſich
faßt.
1. Der Staat ſoll eine zum allgemeinen Glücke ſeiner
ſämmtlichen Theilhaber beſtimmte Verbindung von Menſchen
ſein. (Baco; Thomaſius; Bentham.) — Dieſe anſcheinend
höchſt wohlwollende und zu den beſten Folgen führende Auf-
faſſung hält eine nähere Prüfung aus mehr als Einem Grunde
nicht aus. — Vor Allem iſt ſie unklar. Es iſt nämlich zweifelhaft,
ob ſubjectives oder objectives Glück verſtanden wird; d. h. der
Zuſtand thatſächlicher allgemeiner Zufriedenheit, oder eine Sach-
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beiden Zuſtände nicht nothwendig dieſelben ſind, leuchtet ein;
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/87>, abgerufen am 23.11.2024.
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