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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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geltlich dienende Freiwillige taugen. Daher ist es denn wohl
das Richtige: so viele oder wenige Geschäfte, als sich irgend
im concreten Staate dazu eignen, durch Reihedienst besorgen
zu lassen; Freiwillige zu verwenden, wenn die wirthschaftlichen
und staatlichen Verhältnisse des Landes es überhaupt möglich
machen, und soweit solche Beamte verwendbar sind; den Rest
aber mit bezahlten Bewerbern zu besetzen. Eine Zwangsüber-
tragung muß dagegen vermieden werden, soweit es nur immer
möglich ist. Freilich hat die Aufstellung ungeheurer Heere diese
drückende Last unvermeidlich gemacht, theils der unerschwing-
lichen Kosten einer Anwerbung wegen, theils zur regelmäßigen
Gewinnung der Mannschaftszahl.

Die Verschiedenheit der Staatsform ist nur von geringer
Bedeutung in der Lehre von der allgemeinen Organisation der
Verwaltung. Welcherlei letzte Zwecke der Staat auch zu verfolgen
haben mag, immer müssen die vorkommenden Geschäfte gut besorgt
werden; und immer ist dies von der Erfüllung derselben Bedingung
abhängig. Es sind daher, außer den im Vorstehenden bereits
eingeflochtenen, nur wenige Bemerkungen in dieser Beziehung
zu machen. Wenn eine Staatsart eine besonders stracke Voll-
ziehung der ertheilten Befehle und eine sehr fühlbare Gegenwart
der Staatsgewalt verlangt, so sind Einzelnbeamte besser an der
Stelle, als Collegien. Eine Despotie z. B. läßt gar keine
andere Einrichtung zu. Wo es sich dagegen von Mäßigung
der Gewalt handelt, wird der bedächtigere Gang einer Geschäfts-
besorgung durch eine Mehrzahl gute Dienste leisten. Deshalb
ist diese Einrichtung namentlich in der absoluten Monarchie
des Rechtsstaates anzurathen, damit sie nicht in Gewaltherr-
schaft ausarte. Je zahlreichere und verwickeltere Zwecke ein
Staat zu erstreben hat, desto nöthiger ist eine logische Ab-
theilung derselben, während zur Noth dieselbe Behörde mehrere
einfachere Aufgaben verschiedener Art besorgen kann. Daher

geltlich dienende Freiwillige taugen. Daher iſt es denn wohl
das Richtige: ſo viele oder wenige Geſchäfte, als ſich irgend
im concreten Staate dazu eignen, durch Reihedienſt beſorgen
zu laſſen; Freiwillige zu verwenden, wenn die wirthſchaftlichen
und ſtaatlichen Verhältniſſe des Landes es überhaupt möglich
machen, und ſoweit ſolche Beamte verwendbar ſind; den Reſt
aber mit bezahlten Bewerbern zu beſetzen. Eine Zwangsüber-
tragung muß dagegen vermieden werden, ſoweit es nur immer
möglich iſt. Freilich hat die Aufſtellung ungeheurer Heere dieſe
drückende Laſt unvermeidlich gemacht, theils der unerſchwing-
lichen Koſten einer Anwerbung wegen, theils zur regelmäßigen
Gewinnung der Mannſchaftszahl.

Die Verſchiedenheit der Staatsform iſt nur von geringer
Bedeutung in der Lehre von der allgemeinen Organiſation der
Verwaltung. Welcherlei letzte Zwecke der Staat auch zu verfolgen
haben mag, immer müſſen die vorkommenden Geſchäfte gut beſorgt
werden; und immer iſt dies von der Erfüllung derſelben Bedingung
abhängig. Es ſind daher, außer den im Vorſtehenden bereits
eingeflochtenen, nur wenige Bemerkungen in dieſer Beziehung
zu machen. Wenn eine Staatsart eine beſonders ſtracke Voll-
ziehung der ertheilten Befehle und eine ſehr fühlbare Gegenwart
der Staatsgewalt verlangt, ſo ſind Einzelnbeamte beſſer an der
Stelle, als Collegien. Eine Deſpotie z. B. läßt gar keine
andere Einrichtung zu. Wo es ſich dagegen von Mäßigung
der Gewalt handelt, wird der bedächtigere Gang einer Geſchäfts-
beſorgung durch eine Mehrzahl gute Dienſte leiſten. Deshalb
iſt dieſe Einrichtung namentlich in der abſoluten Monarchie
des Rechtsſtaates anzurathen, damit ſie nicht in Gewaltherr-
ſchaft ausarte. Je zahlreichere und verwickeltere Zwecke ein
Staat zu erſtreben hat, deſto nöthiger iſt eine logiſche Ab-
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[653/0667] geltlich dienende Freiwillige taugen. Daher iſt es denn wohl das Richtige: ſo viele oder wenige Geſchäfte, als ſich irgend im concreten Staate dazu eignen, durch Reihedienſt beſorgen zu laſſen; Freiwillige zu verwenden, wenn die wirthſchaftlichen und ſtaatlichen Verhältniſſe des Landes es überhaupt möglich machen, und ſoweit ſolche Beamte verwendbar ſind; den Reſt aber mit bezahlten Bewerbern zu beſetzen. Eine Zwangsüber- tragung muß dagegen vermieden werden, ſoweit es nur immer möglich iſt. Freilich hat die Aufſtellung ungeheurer Heere dieſe drückende Laſt unvermeidlich gemacht, theils der unerſchwing- lichen Koſten einer Anwerbung wegen, theils zur regelmäßigen Gewinnung der Mannſchaftszahl. Die Verſchiedenheit der Staatsform iſt nur von geringer Bedeutung in der Lehre von der allgemeinen Organiſation der Verwaltung. Welcherlei letzte Zwecke der Staat auch zu verfolgen haben mag, immer müſſen die vorkommenden Geſchäfte gut beſorgt werden; und immer iſt dies von der Erfüllung derſelben Bedingung abhängig. Es ſind daher, außer den im Vorſtehenden bereits eingeflochtenen, nur wenige Bemerkungen in dieſer Beziehung zu machen. Wenn eine Staatsart eine beſonders ſtracke Voll- ziehung der ertheilten Befehle und eine ſehr fühlbare Gegenwart der Staatsgewalt verlangt, ſo ſind Einzelnbeamte beſſer an der Stelle, als Collegien. Eine Deſpotie z. B. läßt gar keine andere Einrichtung zu. Wo es ſich dagegen von Mäßigung der Gewalt handelt, wird der bedächtigere Gang einer Geſchäfts- beſorgung durch eine Mehrzahl gute Dienſte leiſten. Deshalb iſt dieſe Einrichtung namentlich in der abſoluten Monarchie des Rechtsſtaates anzurathen, damit ſie nicht in Gewaltherr- ſchaft ausarte. Je zahlreichere und verwickeltere Zwecke ein Staat zu erſtreben hat, deſto nöthiger iſt eine logiſche Ab- theilung derſelben, während zur Noth dieſelbe Behörde mehrere einfachere Aufgaben verſchiedener Art beſorgen kann. Daher

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 653. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/667>, abgerufen am 24.11.2024.