dung gerechnet werden, und muß sehr häufig mit den Personen gewechselt werden, wenn die Anstalt nicht ihren Charakter ver- lieren soll; dagegen ist allerdings die Zahl der zu Verwendenden sehr groß, der Aufwand für den Staat unbedeutend, wenn überhaupt einer nöthig ist, endlich möglicherweise allgemeiner Eifer 6). -- Bei der Zwangsaushebung hat man die Wahl unter den Tauglichsten, und es kann auch der Zahl nach nicht leicht fehlen; aber diese Art der Uebertragung der öffentlichen Geschäfte ist eine große Härte gegen die Betroffenen, welche ihrer eigenen Lebensbestimmung entzogen werden. Auf guten Willen kann somit keineswegs immer gerechnet werden. Auch ist ein zeitweiser Wechsel nothwendig zur Vermeidung allzu großer Unbilligkeit, damit aber immer neue Anlernung Unge- übter und anfänglich mangelhafte Besorgung durch dieselben untrennbar verbunden 7). -- Solche Männer, welche sich frei- willig anerbieten dem Staate unentgeltliche Dienste zu leisten, haben die Vermuthung eines höheren Pflichtgefühles, entschie- denen Eifers und entsprechender Kenntnisse für sich; ihr Aner- bieten gibt dem Staate die Möglichkeit bedeutender Ersparnisse; das sittliche und staatliche Ansehen solcher Beamten bei dem Volke wird bedeutend sein. Auf der andern Seite ist weder zu erwarten, daß solche Freiwillige überhaupt unangenehme, untergeordnete und mechanische Geschäfte übernehmen, noch daß sie ihre ganze Zeit dem öffentlichen Dienste zu widmen gedenken. Mit strengen Formen und großer Verantwortlichkeit würde man sie ganz verscheuchen. Es muß also entweder häufiger Wechsel oder eine große Anzahl gleichzeitiger Besetzungen stattfinden, und wird überhaupt nur bei einflußreicheren und zu gleicher Zeit leichter zu führenden Aemtern von solchen Freiwilligen die Rede sein. Daß aber überhaupt nur bei einem reichen und mit seinen öffentlichen Zuständen zufriedenen Volke die ganze Einrichtung denkbar ist, bedarf nicht erst des Beweises 8). --
dung gerechnet werden, und muß ſehr häufig mit den Perſonen gewechſelt werden, wenn die Anſtalt nicht ihren Charakter ver- lieren ſoll; dagegen iſt allerdings die Zahl der zu Verwendenden ſehr groß, der Aufwand für den Staat unbedeutend, wenn überhaupt einer nöthig iſt, endlich möglicherweiſe allgemeiner Eifer 6). — Bei der Zwangsaushebung hat man die Wahl unter den Tauglichſten, und es kann auch der Zahl nach nicht leicht fehlen; aber dieſe Art der Uebertragung der öffentlichen Geſchäfte iſt eine große Härte gegen die Betroffenen, welche ihrer eigenen Lebensbeſtimmung entzogen werden. Auf guten Willen kann ſomit keineswegs immer gerechnet werden. Auch iſt ein zeitweiſer Wechſel nothwendig zur Vermeidung allzu großer Unbilligkeit, damit aber immer neue Anlernung Unge- übter und anfänglich mangelhafte Beſorgung durch dieſelben untrennbar verbunden 7). — Solche Männer, welche ſich frei- willig anerbieten dem Staate unentgeltliche Dienſte zu leiſten, haben die Vermuthung eines höheren Pflichtgefühles, entſchie- denen Eifers und entſprechender Kenntniſſe für ſich; ihr Aner- bieten gibt dem Staate die Möglichkeit bedeutender Erſparniſſe; das ſittliche und ſtaatliche Anſehen ſolcher Beamten bei dem Volke wird bedeutend ſein. Auf der andern Seite iſt weder zu erwarten, daß ſolche Freiwillige überhaupt unangenehme, untergeordnete und mechaniſche Geſchäfte übernehmen, noch daß ſie ihre ganze Zeit dem öffentlichen Dienſte zu widmen gedenken. Mit ſtrengen Formen und großer Verantwortlichkeit würde man ſie ganz verſcheuchen. Es muß alſo entweder häufiger Wechſel oder eine große Anzahl gleichzeitiger Beſetzungen ſtattfinden, und wird überhaupt nur bei einflußreicheren und zu gleicher Zeit leichter zu führenden Aemtern von ſolchen Freiwilligen die Rede ſein. Daß aber überhaupt nur bei einem reichen und mit ſeinen öffentlichen Zuſtänden zufriedenen Volke die ganze Einrichtung denkbar iſt, bedarf nicht erſt des Beweiſes 8). —
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dung gerechnet werden, und muß ſehr häufig mit den Perſonen
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ſehr groß, der Aufwand für den Staat unbedeutend, wenn
überhaupt einer nöthig iſt, endlich möglicherweiſe allgemeiner
Eifer 6). — Bei der Zwangsaushebung hat man die Wahl
unter den Tauglichſten, und es kann auch der Zahl nach nicht
leicht fehlen; aber dieſe Art der Uebertragung der öffentlichen
Geſchäfte iſt eine große Härte gegen die Betroffenen, welche
ihrer eigenen Lebensbeſtimmung entzogen werden. Auf guten
Willen kann ſomit keineswegs immer gerechnet werden. Auch
iſt ein zeitweiſer Wechſel nothwendig zur Vermeidung allzu
großer Unbilligkeit, damit aber immer neue Anlernung Unge-
übter und anfänglich mangelhafte Beſorgung durch dieſelben
untrennbar verbunden 7). — Solche Männer, welche ſich frei-
willig anerbieten dem Staate unentgeltliche Dienſte zu leiſten,
haben die Vermuthung eines höheren Pflichtgefühles, entſchie-
denen Eifers und entſprechender Kenntniſſe für ſich; ihr Aner-
bieten gibt dem Staate die Möglichkeit bedeutender Erſparniſſe;
das ſittliche und ſtaatliche Anſehen ſolcher Beamten bei dem
Volke wird bedeutend ſein. Auf der andern Seite iſt weder
zu erwarten, daß ſolche Freiwillige überhaupt unangenehme,
untergeordnete und mechaniſche Geſchäfte übernehmen, noch daß
ſie ihre ganze Zeit dem öffentlichen Dienſte zu widmen gedenken.
Mit ſtrengen Formen und großer Verantwortlichkeit würde man
ſie ganz verſcheuchen. Es muß alſo entweder häufiger Wechſel
oder eine große Anzahl gleichzeitiger Beſetzungen ſtattfinden,
und wird überhaupt nur bei einflußreicheren und zu gleicher
Zeit leichter zu führenden Aemtern von ſolchen Freiwilligen
die Rede ſein. Daß aber überhaupt nur bei einem reichen und
mit ſeinen öffentlichen Zuſtänden zufriedenen Volke die ganze
Einrichtung denkbar iſt, bedarf nicht erſt des Beweiſes 8). —
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 651. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/665>, abgerufen am 24.11.2024.
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