Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

Bild:
<< vorherige Seite
4.
Staatskunst.

(Politik.)
§ 84.
1. Begriff und Umfang der Staatskunst.

Durch die bisher erörterten Staatswissenschaften wird das
Wesen des Staates nachgewiesen, und wird gezeigt, was vom
Standpunkte des Rechtes aus im innern und äußern Staats-
leben sein muß, und was nach den Forderungen der Sittlichkeit
sein soll. Diese Lehren bilden allerdings die Grundlage des
geordneten theoretischen Wissens vom Staate; allein sie erschöpfen
es nicht. Noch bedarf es nämlich einer Ausfindigmachung und
Ordnung der zweckgemäßen Mittel zur Erreichung der
verschiedenen Aufgaben des Staates.

Je höher ein Ziel steht und aus je verschiedeneren ein-
zelnen Bestandtheilen ein Ganzes zusammengesetzt ist, desto
zahlreicher sind auch die möglichen Wege zur Erreichung des
Zweckes. Da nun aber dieselben keineswegs gleich empfehlens-
werth sind, ein falsch gewähltes Mittel aber besten Falles un-
nöthigen Aufwand von Kraft und Zeit erfordert, überdies leicht
nur einen Theil der gewünschten Vortheile verschafft, möglicher-
weise sogar die ganze Absicht vereitelt: so ist es Aufgabe der

4.
Staatskunſt.

(Politik.)
§ 84.
1. Begriff und Umfang der Staatskunſt.

Durch die bisher erörterten Staatswiſſenſchaften wird das
Weſen des Staates nachgewieſen, und wird gezeigt, was vom
Standpunkte des Rechtes aus im innern und äußern Staats-
leben ſein muß, und was nach den Forderungen der Sittlichkeit
ſein ſoll. Dieſe Lehren bilden allerdings die Grundlage des
geordneten theoretiſchen Wiſſens vom Staate; allein ſie erſchöpfen
es nicht. Noch bedarf es nämlich einer Ausfindigmachung und
Ordnung der zweckgemäßen Mittel zur Erreichung der
verſchiedenen Aufgaben des Staates.

Je höher ein Ziel ſteht und aus je verſchiedeneren ein-
zelnen Beſtandtheilen ein Ganzes zuſammengeſetzt iſt, deſto
zahlreicher ſind auch die möglichen Wege zur Erreichung des
Zweckes. Da nun aber dieſelben keineswegs gleich empfehlens-
werth ſind, ein falſch gewähltes Mittel aber beſten Falles un-
nöthigen Aufwand von Kraft und Zeit erfordert, überdies leicht
nur einen Theil der gewünſchten Vortheile verſchafft, möglicher-
weiſe ſogar die ganze Abſicht vereitelt: ſo iſt es Aufgabe der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0553" n="[539]"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#b">4.<lb/><hi rendition="#g">Staatskun&#x017F;t</hi>.</hi><lb/>
(Politik.)</head><lb/>
          <div n="3">
            <head>§ 84.<lb/><hi rendition="#b">1. Begriff und Umfang der Staatskun&#x017F;t.</hi></head><lb/>
            <p>Durch die bisher erörterten Staatswi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften wird das<lb/>
We&#x017F;en des Staates nachgewie&#x017F;en, und wird gezeigt, was vom<lb/>
Standpunkte des Rechtes aus im innern und äußern Staats-<lb/>
leben &#x017F;ein muß, und was nach den Forderungen der Sittlichkeit<lb/>
&#x017F;ein &#x017F;oll. Die&#x017F;e Lehren bilden allerdings die Grundlage des<lb/>
geordneten theoreti&#x017F;chen Wi&#x017F;&#x017F;ens vom Staate; allein &#x017F;ie er&#x017F;chöpfen<lb/>
es nicht. Noch bedarf es nämlich einer Ausfindigmachung und<lb/>
Ordnung der <hi rendition="#g">zweckgemäßen Mittel</hi> zur Erreichung der<lb/>
ver&#x017F;chiedenen Aufgaben des Staates.</p><lb/>
            <p>Je höher ein Ziel &#x017F;teht und aus je ver&#x017F;chiedeneren ein-<lb/>
zelnen Be&#x017F;tandtheilen ein Ganzes zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt i&#x017F;t, de&#x017F;to<lb/>
zahlreicher &#x017F;ind auch die möglichen Wege zur Erreichung des<lb/>
Zweckes. Da nun aber die&#x017F;elben keineswegs gleich empfehlens-<lb/>
werth &#x017F;ind, ein fal&#x017F;ch gewähltes Mittel aber be&#x017F;ten Falles un-<lb/>
nöthigen Aufwand von Kraft und Zeit erfordert, überdies leicht<lb/>
nur einen Theil der gewün&#x017F;chten Vortheile ver&#x017F;chafft, möglicher-<lb/>
wei&#x017F;e &#x017F;ogar die ganze Ab&#x017F;icht vereitelt: &#x017F;o i&#x017F;t es Aufgabe der<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[539]/0553] 4. Staatskunſt. (Politik.) § 84. 1. Begriff und Umfang der Staatskunſt. Durch die bisher erörterten Staatswiſſenſchaften wird das Weſen des Staates nachgewieſen, und wird gezeigt, was vom Standpunkte des Rechtes aus im innern und äußern Staats- leben ſein muß, und was nach den Forderungen der Sittlichkeit ſein ſoll. Dieſe Lehren bilden allerdings die Grundlage des geordneten theoretiſchen Wiſſens vom Staate; allein ſie erſchöpfen es nicht. Noch bedarf es nämlich einer Ausfindigmachung und Ordnung der zweckgemäßen Mittel zur Erreichung der verſchiedenen Aufgaben des Staates. Je höher ein Ziel ſteht und aus je verſchiedeneren ein- zelnen Beſtandtheilen ein Ganzes zuſammengeſetzt iſt, deſto zahlreicher ſind auch die möglichen Wege zur Erreichung des Zweckes. Da nun aber dieſelben keineswegs gleich empfehlens- werth ſind, ein falſch gewähltes Mittel aber beſten Falles un- nöthigen Aufwand von Kraft und Zeit erfordert, überdies leicht nur einen Theil der gewünſchten Vortheile verſchafft, möglicher- weiſe ſogar die ganze Abſicht vereitelt: ſo iſt es Aufgabe der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/553
Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. [539]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/553>, abgerufen am 18.12.2024.