Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

Bild:
<< vorherige Seite

hiezu zusteht; oder Erbgang nach bestimmten Grundsätzen.
Die Entscheidung zwischen diesen beiden Arten den Thron zu
besetzen ist allerdings von der höchsten Wichtigkeit für das
Schicksal von Volk und Staat; allein sie ist nicht sowohl aus
Rechts-, denn aus Zweckmäßigkeitsgründen zu treffen, und daher
auch ihre Erwägung der Staatskunst zuzuweisen. (S. unten,
§ 94.) Auf dem Standpunkte des Rechtes sind nur wenige
Sätze hervorzuheben.

In Fürstenthümern, welche nach dem Grundsatze der Erb-
lichkeit
besetzt werden, ist die genaueste, jeden Zweifel und
jeden ungerechtfertigten Anspruch unmöglich machende Bezeich-
nung der mit einem Erbrechte Versehenen das oberste und das
wichtigste Staatsgesetz. Dasselbe hat denn aber nicht blos die
Bedingungen der Berechtigung überhaupt festzustellen, sondern
mit eben so großer Unzweifelhaftigkeit die Reihenfolge des An-
spruches unter den im Allgemeinen Berechtigten. Es muß also
sowohl das Erbfolgerecht als die Erbfolgeordnung, und
zwar letztere unter allen überhaupt möglichen Voraussetzungen 2),
geregelt werden, so daß in jedem Augenblicke sowohl die Frage,
wer überhaupt einen Anspruch auf die Regierung zu machen
hat, als die, wer von den Berechtigten itzt gerade der Nächst-
berechtigte ist, klar entschieden vorliegt. Zu dem Ende sind
Bestimmungen zu treffen: über das Erbrecht der Weiber; über
die Ehen in der fürstlichen Familie 3); über die Gestaltung
oder Unmöglichkeit von Adoptionen; über die einen Ausschluß
nach sich ziehenden persönlichen Mängel; über den Fall des
Aussterbens aller gesetzlich Berechtigten.

Im Falle einer Wahl-Monarchie dagegen muß das
aktive und passive Wahlrecht, die Form der Vornahme, endlich
die Verwesung des Reiches während der Erledigung geordnet
sein. Im Wesen des Rechtsstaates im Allgemeinen oder seiner
monarchischen Form insbesondere, ferner in dem Gedanken die

hiezu zuſteht; oder Erbgang nach beſtimmten Grundſätzen.
Die Entſcheidung zwiſchen dieſen beiden Arten den Thron zu
beſetzen iſt allerdings von der höchſten Wichtigkeit für das
Schickſal von Volk und Staat; allein ſie iſt nicht ſowohl aus
Rechts-, denn aus Zweckmäßigkeitsgründen zu treffen, und daher
auch ihre Erwägung der Staatskunſt zuzuweiſen. (S. unten,
§ 94.) Auf dem Standpunkte des Rechtes ſind nur wenige
Sätze hervorzuheben.

In Fürſtenthümern, welche nach dem Grundſatze der Erb-
lichkeit
beſetzt werden, iſt die genaueſte, jeden Zweifel und
jeden ungerechtfertigten Anſpruch unmöglich machende Bezeich-
nung der mit einem Erbrechte Verſehenen das oberſte und das
wichtigſte Staatsgeſetz. Daſſelbe hat denn aber nicht blos die
Bedingungen der Berechtigung überhaupt feſtzuſtellen, ſondern
mit eben ſo großer Unzweifelhaftigkeit die Reihenfolge des An-
ſpruches unter den im Allgemeinen Berechtigten. Es muß alſo
ſowohl das Erbfolgerecht als die Erbfolgeordnung, und
zwar letztere unter allen überhaupt möglichen Vorausſetzungen 2),
geregelt werden, ſo daß in jedem Augenblicke ſowohl die Frage,
wer überhaupt einen Anſpruch auf die Regierung zu machen
hat, als die, wer von den Berechtigten itzt gerade der Nächſt-
berechtigte iſt, klar entſchieden vorliegt. Zu dem Ende ſind
Beſtimmungen zu treffen: über das Erbrecht der Weiber; über
die Ehen in der fürſtlichen Familie 3); über die Geſtaltung
oder Unmöglichkeit von Adoptionen; über die einen Ausſchluß
nach ſich ziehenden perſönlichen Mängel; über den Fall des
Ausſterbens aller geſetzlich Berechtigten.

Im Falle einer Wahl-Monarchie dagegen muß das
aktive und paſſive Wahlrecht, die Form der Vornahme, endlich
die Verweſung des Reiches während der Erledigung geordnet
ſein. Im Weſen des Rechtsſtaates im Allgemeinen oder ſeiner
monarchiſchen Form insbeſondere, ferner in dem Gedanken die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <p><pb facs="#f0371" n="357"/>
hiezu zu&#x017F;teht; oder <hi rendition="#g">Erbgang</hi> nach be&#x017F;timmten Grund&#x017F;ätzen.<lb/>
Die Ent&#x017F;cheidung zwi&#x017F;chen die&#x017F;en beiden Arten den Thron zu<lb/>
be&#x017F;etzen i&#x017F;t allerdings von der höch&#x017F;ten Wichtigkeit für das<lb/>
Schick&#x017F;al von Volk und Staat; allein &#x017F;ie i&#x017F;t nicht &#x017F;owohl aus<lb/>
Rechts-, denn aus Zweckmäßigkeitsgründen zu treffen, und daher<lb/>
auch ihre Erwägung der Staatskun&#x017F;t zuzuwei&#x017F;en. (S. unten,<lb/>
§ 94.) Auf dem Standpunkte des Rechtes &#x017F;ind nur wenige<lb/>
Sätze hervorzuheben.</p><lb/>
                      <p>In Für&#x017F;tenthümern, welche nach dem Grund&#x017F;atze der <hi rendition="#g">Erb-<lb/>
lichkeit</hi> be&#x017F;etzt werden, i&#x017F;t die genaue&#x017F;te, jeden Zweifel und<lb/>
jeden ungerechtfertigten An&#x017F;pruch unmöglich machende Bezeich-<lb/>
nung der mit einem Erbrechte Ver&#x017F;ehenen das ober&#x017F;te und das<lb/>
wichtig&#x017F;te Staatsge&#x017F;etz. Da&#x017F;&#x017F;elbe hat denn aber nicht blos die<lb/>
Bedingungen der Berechtigung überhaupt fe&#x017F;tzu&#x017F;tellen, &#x017F;ondern<lb/>
mit eben &#x017F;o großer Unzweifelhaftigkeit die Reihenfolge des An-<lb/>
&#x017F;pruches unter den im Allgemeinen Berechtigten. Es muß al&#x017F;o<lb/>
&#x017F;owohl das Erbfolg<hi rendition="#g">erecht</hi> als die Erbfolg<hi rendition="#g">eordnung</hi>, und<lb/>
zwar letztere unter allen überhaupt möglichen Voraus&#x017F;etzungen <hi rendition="#sup">2</hi>),<lb/>
geregelt werden, &#x017F;o daß in jedem Augenblicke &#x017F;owohl die Frage,<lb/>
wer überhaupt einen An&#x017F;pruch auf die Regierung zu machen<lb/>
hat, als die, wer von den Berechtigten itzt gerade der Näch&#x017F;t-<lb/>
berechtigte i&#x017F;t, klar ent&#x017F;chieden vorliegt. Zu dem Ende &#x017F;ind<lb/>
Be&#x017F;timmungen zu treffen: über das Erbrecht der Weiber; über<lb/>
die Ehen in der für&#x017F;tlichen Familie <hi rendition="#sup">3</hi>); über die Ge&#x017F;taltung<lb/>
oder Unmöglichkeit von Adoptionen; über die einen Aus&#x017F;chluß<lb/>
nach &#x017F;ich ziehenden per&#x017F;önlichen Mängel; über den Fall des<lb/>
Aus&#x017F;terbens aller ge&#x017F;etzlich Berechtigten.</p><lb/>
                      <p>Im Falle einer <hi rendition="#g">Wahl-Monarchie</hi> dagegen muß das<lb/>
aktive und pa&#x017F;&#x017F;ive Wahlrecht, die Form der Vornahme, endlich<lb/>
die Verwe&#x017F;ung des Reiches während der Erledigung geordnet<lb/>
&#x017F;ein. Im We&#x017F;en des Rechts&#x017F;taates im Allgemeinen oder &#x017F;einer<lb/>
monarchi&#x017F;chen Form insbe&#x017F;ondere, ferner in dem Gedanken die<lb/></p>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[357/0371] hiezu zuſteht; oder Erbgang nach beſtimmten Grundſätzen. Die Entſcheidung zwiſchen dieſen beiden Arten den Thron zu beſetzen iſt allerdings von der höchſten Wichtigkeit für das Schickſal von Volk und Staat; allein ſie iſt nicht ſowohl aus Rechts-, denn aus Zweckmäßigkeitsgründen zu treffen, und daher auch ihre Erwägung der Staatskunſt zuzuweiſen. (S. unten, § 94.) Auf dem Standpunkte des Rechtes ſind nur wenige Sätze hervorzuheben. In Fürſtenthümern, welche nach dem Grundſatze der Erb- lichkeit beſetzt werden, iſt die genaueſte, jeden Zweifel und jeden ungerechtfertigten Anſpruch unmöglich machende Bezeich- nung der mit einem Erbrechte Verſehenen das oberſte und das wichtigſte Staatsgeſetz. Daſſelbe hat denn aber nicht blos die Bedingungen der Berechtigung überhaupt feſtzuſtellen, ſondern mit eben ſo großer Unzweifelhaftigkeit die Reihenfolge des An- ſpruches unter den im Allgemeinen Berechtigten. Es muß alſo ſowohl das Erbfolgerecht als die Erbfolgeordnung, und zwar letztere unter allen überhaupt möglichen Vorausſetzungen 2), geregelt werden, ſo daß in jedem Augenblicke ſowohl die Frage, wer überhaupt einen Anſpruch auf die Regierung zu machen hat, als die, wer von den Berechtigten itzt gerade der Nächſt- berechtigte iſt, klar entſchieden vorliegt. Zu dem Ende ſind Beſtimmungen zu treffen: über das Erbrecht der Weiber; über die Ehen in der fürſtlichen Familie 3); über die Geſtaltung oder Unmöglichkeit von Adoptionen; über die einen Ausſchluß nach ſich ziehenden perſönlichen Mängel; über den Fall des Ausſterbens aller geſetzlich Berechtigten. Im Falle einer Wahl-Monarchie dagegen muß das aktive und paſſive Wahlrecht, die Form der Vornahme, endlich die Verweſung des Reiches während der Erledigung geordnet ſein. Im Weſen des Rechtsſtaates im Allgemeinen oder ſeiner monarchiſchen Form insbeſondere, ferner in dem Gedanken die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/371
Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/371>, abgerufen am 27.11.2024.