Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.Rechte so wie der Wahl der Bestrafung. -- Von stehenden Wie das Ganze rein naturwüchsig ist und auf Herkommen Eine so einfache und so wenig kräftige Einrichtung ist na- Rechte ſo wie der Wahl der Beſtrafung. — Von ſtehenden Wie das Ganze rein naturwüchſig iſt und auf Herkommen Eine ſo einfache und ſo wenig kräftige Einrichtung iſt na- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0314" n="300"/> Rechte ſo wie der Wahl der Beſtrafung. — Von ſtehenden<lb/> untergeordneten Beamten iſt, ſchon aus Mangel an einer ge-<lb/> nügenden Beſchäftigung, nicht die Rede. Höchſtens mögen Unter-<lb/> anführer im Kriege oder Aufſeher über einzelne beſtimmte ge-<lb/> meinſchaftliche Anſtalten oder Intereſſen beſtehen. — Ebenſo iſt<lb/> kaum ein Grund zu regelmäßigen Staatsabgaben; wogegen denn<lb/> freilich andererſeits der Staat außer einer formalen Ordnung<lb/> des Zuſammenlebens nichts leiſtet. Selbſt ein öffentliches Ein-<lb/> kommen des Oberhauptes iſt nicht nöthig. Derſelbe lebt, wie<lb/> alle Anderen im Stamme, von ſeinem Vermögen, z. B. ſeinen<lb/> Heerden; und er lebt wie die Anderen. Für die geringe Mühe<lb/> des Regierens iſt er reichlich belohnt durch das größere An-<lb/> ſehen und vielleicht durch einen bedeutenderen Antheil an der<lb/> Kriegsbeute oder den Geſchenken von Fremden.</p><lb/> <p>Wie das Ganze rein naturwüchſig iſt und auf Herkommen<lb/> ruht, ſo beſteht in einem ſolchen Staate auch kaum eine förm-<lb/> liche ſchriftliche Geſetzgebung. Das Meiſte iſt Gewohnheits-<lb/> recht; und wenn je eine neue beſondere Verabredung zu treffen<lb/> iſt, ſo mag ſie ebenfalls dem Gedächtniſſe anvertraut bleiben.<lb/> (Daher denn auch der naturgemäße Einfluß der Aelteſten des<lb/> Stammes.) Eine Ausnahme findet nur da ſtatt, wo eine<lb/> Religionsurkunde zu gleicher Zeit Beſtimmungen über Recht<lb/> und Staat enthält.</p><lb/> <p>Eine ſo einfache und ſo wenig kräftige Einrichtung iſt na-<lb/> türlich auch nur für die einfachſten Verhältniſſe geeignet. Nicht<lb/> nur können blos kleine Völker auf beſchränktem Gebiete durch<lb/> eine ſo geringe Gewalt in Ordnung und Zucht gehalten werden;<lb/> ſondern es verbietet auch der Mangel an Mitteln die Schaffung<lb/> von Einrichtungen zur Forderung irgend höherer Lebenszwecke<lb/> oder zu einer kräftigen Unterſtützung ſachlicher Intereſſen. So-<lb/> bald ſich ein Volk über die niedrigſte Geſittigungsſtufe erhebt,<lb/> kann es mit dem hausväterlichen Staate und deſſen Leiſtungen<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [300/0314]
Rechte ſo wie der Wahl der Beſtrafung. — Von ſtehenden
untergeordneten Beamten iſt, ſchon aus Mangel an einer ge-
nügenden Beſchäftigung, nicht die Rede. Höchſtens mögen Unter-
anführer im Kriege oder Aufſeher über einzelne beſtimmte ge-
meinſchaftliche Anſtalten oder Intereſſen beſtehen. — Ebenſo iſt
kaum ein Grund zu regelmäßigen Staatsabgaben; wogegen denn
freilich andererſeits der Staat außer einer formalen Ordnung
des Zuſammenlebens nichts leiſtet. Selbſt ein öffentliches Ein-
kommen des Oberhauptes iſt nicht nöthig. Derſelbe lebt, wie
alle Anderen im Stamme, von ſeinem Vermögen, z. B. ſeinen
Heerden; und er lebt wie die Anderen. Für die geringe Mühe
des Regierens iſt er reichlich belohnt durch das größere An-
ſehen und vielleicht durch einen bedeutenderen Antheil an der
Kriegsbeute oder den Geſchenken von Fremden.
Wie das Ganze rein naturwüchſig iſt und auf Herkommen
ruht, ſo beſteht in einem ſolchen Staate auch kaum eine förm-
liche ſchriftliche Geſetzgebung. Das Meiſte iſt Gewohnheits-
recht; und wenn je eine neue beſondere Verabredung zu treffen
iſt, ſo mag ſie ebenfalls dem Gedächtniſſe anvertraut bleiben.
(Daher denn auch der naturgemäße Einfluß der Aelteſten des
Stammes.) Eine Ausnahme findet nur da ſtatt, wo eine
Religionsurkunde zu gleicher Zeit Beſtimmungen über Recht
und Staat enthält.
Eine ſo einfache und ſo wenig kräftige Einrichtung iſt na-
türlich auch nur für die einfachſten Verhältniſſe geeignet. Nicht
nur können blos kleine Völker auf beſchränktem Gebiete durch
eine ſo geringe Gewalt in Ordnung und Zucht gehalten werden;
ſondern es verbietet auch der Mangel an Mitteln die Schaffung
von Einrichtungen zur Forderung irgend höherer Lebenszwecke
oder zu einer kräftigen Unterſtützung ſachlicher Intereſſen. So-
bald ſich ein Volk über die niedrigſte Geſittigungsſtufe erhebt,
kann es mit dem hausväterlichen Staate und deſſen Leiſtungen
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