und sie auf rechtlich gültige Weise zu Stande gekom- men ist;
e) die Entziehung der Staatsgewalt wegen Mißbrauches derselben;
f) der freiwillige Rücktritt, da ein Zwang zur Beibehaltung der Regierung weder aus Rechts- noch aus Klugheits- gründen vertheidigbar ist. Der Rücktritt kann jedoch nur vollständig, unwiderruflich und ohne Bedingungen, welche die verfassungsmäßige Staatsgewalt beeinträchtigen wür- den, geschehen;
g) die Vertreibung durch äußern Feind, sobald jede vernünf- tige Hoffnung auf Wiedererwerbung erloschen ist. Auf Unmögliches gibt es kein Recht und der Staat kann ohne berechtigten Inhaber der Staatsgewalt nicht bestehen.
4. Anerkennung der Regentenhandlungen der Vorgänger. -- Durch den Wechsel der Person wird die Staatsgewalt selbst nicht geändert, und ihre Handlungen haben nicht deßhalb eine Gültigkeit, weil sie von einem bestimmten Menschen vorgenommen sind, sondern weil sie von dem recht- lichen Inhaber auf formell untadelhafte Weise und innerhalb seiner Zuständigkeit erfolgten. Somit hängt denn auch die Dauer ihrer rechtlichen Kraft nicht davon ab, ob der sie Ver- anlassende persönlich noch im Besitze der Macht ist, sondern davon, ob aus sachlichen oder formellen Gründen eine Ver- änderung eintrat. Ein Nachfolger kann daher Regierungs- handlungen seiner Vorgänger nur soweit aufheben, als er berechtigt ist, seine eigenen früheren Handlungen einseitig zu ändern. Die Form der Regierung und die etwaige Zahl der Theilnehmer an der Staatsgewalt macht hier keinen Unter- schied, und vorstehende Sätze gelten nicht bloß in einer Für- stenherrschaft 5).
1) Vollkommen begriff- und verstandlos ist es allerdings, in denjenigen
und ſie auf rechtlich gültige Weiſe zu Stande gekom- men iſt;
e) die Entziehung der Staatsgewalt wegen Mißbrauches derſelben;
f) der freiwillige Rücktritt, da ein Zwang zur Beibehaltung der Regierung weder aus Rechts- noch aus Klugheits- gründen vertheidigbar iſt. Der Rücktritt kann jedoch nur vollſtändig, unwiderruflich und ohne Bedingungen, welche die verfaſſungsmäßige Staatsgewalt beeinträchtigen wür- den, geſchehen;
g) die Vertreibung durch äußern Feind, ſobald jede vernünf- tige Hoffnung auf Wiedererwerbung erloſchen iſt. Auf Unmögliches gibt es kein Recht und der Staat kann ohne berechtigten Inhaber der Staatsgewalt nicht beſtehen.
4. Anerkennung der Regentenhandlungen der Vorgänger. — Durch den Wechſel der Perſon wird die Staatsgewalt ſelbſt nicht geändert, und ihre Handlungen haben nicht deßhalb eine Gültigkeit, weil ſie von einem beſtimmten Menſchen vorgenommen ſind, ſondern weil ſie von dem recht- lichen Inhaber auf formell untadelhafte Weiſe und innerhalb ſeiner Zuſtändigkeit erfolgten. Somit hängt denn auch die Dauer ihrer rechtlichen Kraft nicht davon ab, ob der ſie Ver- anlaſſende perſönlich noch im Beſitze der Macht iſt, ſondern davon, ob aus ſachlichen oder formellen Gründen eine Ver- änderung eintrat. Ein Nachfolger kann daher Regierungs- handlungen ſeiner Vorgänger nur ſoweit aufheben, als er berechtigt iſt, ſeine eigenen früheren Handlungen einſeitig zu ändern. Die Form der Regierung und die etwaige Zahl der Theilnehmer an der Staatsgewalt macht hier keinen Unter- ſchied, und vorſtehende Sätze gelten nicht bloß in einer Für- ſtenherrſchaft 5).
1) Vollkommen begriff- und verſtandlos iſt es allerdings, in denjenigen
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[207/0221]
und ſie auf rechtlich gültige Weiſe zu Stande gekom-
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e) die Entziehung der Staatsgewalt wegen Mißbrauches
derſelben;
f) der freiwillige Rücktritt, da ein Zwang zur Beibehaltung
der Regierung weder aus Rechts- noch aus Klugheits-
gründen vertheidigbar iſt. Der Rücktritt kann jedoch nur
vollſtändig, unwiderruflich und ohne Bedingungen, welche
die verfaſſungsmäßige Staatsgewalt beeinträchtigen wür-
den, geſchehen;
g) die Vertreibung durch äußern Feind, ſobald jede vernünf-
tige Hoffnung auf Wiedererwerbung erloſchen iſt. Auf
Unmögliches gibt es kein Recht und der Staat kann ohne
berechtigten Inhaber der Staatsgewalt nicht beſtehen.
4. Anerkennung der Regentenhandlungen der
Vorgänger. — Durch den Wechſel der Perſon wird die
Staatsgewalt ſelbſt nicht geändert, und ihre Handlungen haben
nicht deßhalb eine Gültigkeit, weil ſie von einem beſtimmten
Menſchen vorgenommen ſind, ſondern weil ſie von dem recht-
lichen Inhaber auf formell untadelhafte Weiſe und innerhalb
ſeiner Zuſtändigkeit erfolgten. Somit hängt denn auch die
Dauer ihrer rechtlichen Kraft nicht davon ab, ob der ſie Ver-
anlaſſende perſönlich noch im Beſitze der Macht iſt, ſondern
davon, ob aus ſachlichen oder formellen Gründen eine Ver-
änderung eintrat. Ein Nachfolger kann daher Regierungs-
handlungen ſeiner Vorgänger nur ſoweit aufheben, als er
berechtigt iſt, ſeine eigenen früheren Handlungen einſeitig zu
ändern. Die Form der Regierung und die etwaige Zahl der
Theilnehmer an der Staatsgewalt macht hier keinen Unter-
ſchied, und vorſtehende Sätze gelten nicht bloß in einer Für-
ſtenherrſchaft 5).
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/221>, abgerufen am 27.11.2024.
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