Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

der neuesten Moden enthalten.
gel der Dauer durch die Menge der Reitzungen über-
flüßig bezahlt sind.

Aber am Ende, meine Beste, bitte ich Sie doch
diese kleine Herzstärkung andern in diesem neuen Jahre
nicht anders als nach dem Abführungsmittel zu geben.
Die Zahl der Blumengecke ist nicht so groß, als der Lieb-
haber des reinen Korns, und wer sein Gewächs sicher
versilbern will, der handelt immer am klügsten, wenn
er mehr Korn als Blumen zu Markte bringt. Nach dem
ersten wird zur Zeit der Noth gar nicht gefragt, und oft
liegt eine Rose, die des Morgens erst aufblühete, ehe es
Abend wird, verwelkt, entblättert, und verachtet unter
den Füßen. Das Schicksal aller Blumen ist einmal zu
scheinen und früh zu sterben, und die Anbauer der Korn-
felder haben nur Augen für sie, um sie auszureißen.

Ein Liebhaber von Beyden.

X.
Wie ist die Drespe im menschlichen Ge-
schlechte am besten zu veredeln?


Anfrage eines Frauenzimmers.

O! schweigen Sie ja stille, mein schöner Herr! Sie
gehören auch mit unter den Abfall des mensch-
lichen Geschlechts; der Ausspruch unsers Jrokesischen
Philosophen war:

Es giebt nur dreyerley ächte Stände unter den
Menschen, als der Stand der Jäger, der Hirten
und

der neueſten Moden enthalten.
gel der Dauer durch die Menge der Reitzungen uͤber-
fluͤßig bezahlt ſind.

Aber am Ende, meine Beſte, bitte ich Sie doch
dieſe kleine Herzſtaͤrkung andern in dieſem neuen Jahre
nicht anders als nach dem Abfuͤhrungsmittel zu geben.
Die Zahl der Blumengecke iſt nicht ſo groß, als der Lieb-
haber des reinen Korns, und wer ſein Gewaͤchs ſicher
verſilbern will, der handelt immer am kluͤgſten, wenn
er mehr Korn als Blumen zu Markte bringt. Nach dem
erſten wird zur Zeit der Noth gar nicht gefragt, und oft
liegt eine Roſe, die des Morgens erſt aufbluͤhete, ehe es
Abend wird, verwelkt, entblaͤttert, und verachtet unter
den Fuͤßen. Das Schickſal aller Blumen iſt einmal zu
ſcheinen und fruͤh zu ſterben, und die Anbauer der Korn-
felder haben nur Augen fuͤr ſie, um ſie auszureißen.

Ein Liebhaber von Beyden.

X.
Wie iſt die Dreſpe im menſchlichen Ge-
ſchlechte am beſten zu veredeln?


Anfrage eines Frauenzimmers.

O! ſchweigen Sie ja ſtille, mein ſchoͤner Herr! Sie
gehoͤren auch mit unter den Abfall des menſch-
lichen Geſchlechts; der Ausſpruch unſers Jrokeſiſchen
Philoſophen war:

Es giebt nur dreyerley aͤchte Staͤnde unter den
Menſchen, als der Stand der Jaͤger, der Hirten
und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0057" n="45"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der neue&#x017F;ten Moden enthalten.</hi></fw><lb/>
gel der Dauer durch die Menge der Reitzungen u&#x0364;ber-<lb/>
flu&#x0364;ßig bezahlt &#x017F;ind.</p><lb/>
            <p>Aber am Ende, meine Be&#x017F;te, bitte ich Sie doch<lb/>
die&#x017F;e kleine Herz&#x017F;ta&#x0364;rkung andern in die&#x017F;em neuen Jahre<lb/>
nicht anders als nach dem Abfu&#x0364;hrungsmittel zu geben.<lb/>
Die Zahl der Blumengecke i&#x017F;t nicht &#x017F;o groß, als der Lieb-<lb/>
haber des reinen Korns, und wer &#x017F;ein Gewa&#x0364;chs &#x017F;icher<lb/>
ver&#x017F;ilbern will, der handelt immer am klu&#x0364;g&#x017F;ten, wenn<lb/>
er mehr Korn als Blumen zu Markte bringt. Nach dem<lb/>
er&#x017F;ten wird zur Zeit der Noth gar nicht gefragt, und oft<lb/>
liegt eine Ro&#x017F;e, die des Morgens er&#x017F;t aufblu&#x0364;hete, ehe es<lb/>
Abend wird, verwelkt, entbla&#x0364;ttert, und verachtet unter<lb/>
den Fu&#x0364;ßen. Das Schick&#x017F;al aller Blumen i&#x017F;t einmal zu<lb/>
&#x017F;cheinen und fru&#x0364;h zu &#x017F;terben, und die Anbauer der Korn-<lb/>
felder haben nur Augen fu&#x0364;r &#x017F;ie, um &#x017F;ie auszureißen.</p><lb/>
            <closer>
              <salute>Ein Liebhaber von Beyden.</salute>
            </closer><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">X.</hi><lb/>
Wie i&#x017F;t die Dre&#x017F;pe im men&#x017F;chlichen Ge-<lb/>
&#x017F;chlechte am be&#x017F;ten zu veredeln?</hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">An<choice><sic>&#x017F;</sic><corr>f</corr></choice>rage eines Frauenzimmers.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">O</hi>! &#x017F;chweigen Sie ja &#x017F;tille, mein &#x017F;cho&#x0364;ner Herr! Sie<lb/>
geho&#x0364;ren auch mit unter den Abfall des men&#x017F;ch-<lb/>
lichen Ge&#x017F;chlechts; der Aus&#x017F;pruch un&#x017F;ers Jroke&#x017F;i&#x017F;chen<lb/>
Philo&#x017F;ophen war:</p><lb/>
            <cit>
              <quote>Es giebt nur dreyerley a&#x0364;chte Sta&#x0364;nde unter den<lb/>
Men&#x017F;chen, als der Stand der Ja&#x0364;ger, der Hirten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></quote>
            </cit>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0057] der neueſten Moden enthalten. gel der Dauer durch die Menge der Reitzungen uͤber- fluͤßig bezahlt ſind. Aber am Ende, meine Beſte, bitte ich Sie doch dieſe kleine Herzſtaͤrkung andern in dieſem neuen Jahre nicht anders als nach dem Abfuͤhrungsmittel zu geben. Die Zahl der Blumengecke iſt nicht ſo groß, als der Lieb- haber des reinen Korns, und wer ſein Gewaͤchs ſicher verſilbern will, der handelt immer am kluͤgſten, wenn er mehr Korn als Blumen zu Markte bringt. Nach dem erſten wird zur Zeit der Noth gar nicht gefragt, und oft liegt eine Roſe, die des Morgens erſt aufbluͤhete, ehe es Abend wird, verwelkt, entblaͤttert, und verachtet unter den Fuͤßen. Das Schickſal aller Blumen iſt einmal zu ſcheinen und fruͤh zu ſterben, und die Anbauer der Korn- felder haben nur Augen fuͤr ſie, um ſie auszureißen. Ein Liebhaber von Beyden. X. Wie iſt die Dreſpe im menſchlichen Ge- ſchlechte am beſten zu veredeln? Anfrage eines Frauenzimmers. O! ſchweigen Sie ja ſtille, mein ſchoͤner Herr! Sie gehoͤren auch mit unter den Abfall des menſch- lichen Geſchlechts; der Ausſpruch unſers Jrokeſiſchen Philoſophen war: Es giebt nur dreyerley aͤchte Staͤnde unter den Menſchen, als der Stand der Jaͤger, der Hirten und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/57
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/57>, abgerufen am 25.11.2024.