Mein Vater, antwortete Robinson, hat sein ganzes Vermögen daran gewandt, um euch ein Schiff zur Ue- berfahrt, Unterhalt, Aecker, Häuser, Mühle und Kirche zu verschaffen; Noch haben, er so wenig als ich, jähr- lich so viel von euch erhalten, daß wir auch nur einmal für die Zinsen des eurentwegen aufgewandten Capitals entschädiget sind; und wenn ihr mich jetzt verlasset: so bin ich ein armer unglücklicher Mann, dem Aecker, Häuser, Mühle und Kirche zu nichts dienen. Was soll ich mit dem Pastor ohne Gemeine, und mit dem Richter, wel- chen ich euch gesetzt habe, ohne Gerichtssassen anfangen? Mein ganzes Capital geht nicht allein verlohren, sondern ich bleibe auch in einer Last sitzen, die mich völlig zu Grun- de drückt. Eure Väter mögen also sich und ihre Nach- kommen meinem Vater und seinen Nachkommen überge- ben haben oder nicht; ihr mögt euch Leibeigen oder Freye nennen; genug ich habe ein Recht auf euch, das euch zwingt hier zu bleiben; der Vorschuß meiner Fami- lie ist eine Schuld die auf euren Leibern haftet, Eure Väter hatten nichts als diese, wie sie der Meinige auf seine Kosten überführen ließ; und nie würde er sich zu dieser mißlichen Unternehmung entschlossen haben, wenn es nicht unter der selbst redenden Bedingung geschehen wäre, daß sie und ihre Nachkommen, ihm wenigstens so lange haften sollten, bis er seines ganzen Vorschusses we- gen entschädiget seyn würde. Eure Aecker und Häuser mögen euch oder unsrer Familie gehören, es liegt nichts daran, aber ohne eure Hände ist mir alles nichts werth, und ich muß euch hier behalten, oder ihr raubt mir mein ganzes Vermögen.
Die Leute stutzten, und vermochten nicht zu antwor- ten. Allein hier nahm der Kaper für sie das Wort, und behauptete mit der ihm eignen Keckheit: Freyheit und
Eigen-
U 5
des Leibeigenthums.
Mein Vater, antwortete Robinſon, hat ſein ganzes Vermoͤgen daran gewandt, um euch ein Schiff zur Ue- berfahrt, Unterhalt, Aecker, Haͤuſer, Muͤhle und Kirche zu verſchaffen; Noch haben, er ſo wenig als ich, jaͤhr- lich ſo viel von euch erhalten, daß wir auch nur einmal fuͤr die Zinſen des eurentwegen aufgewandten Capitals entſchaͤdiget ſind; und wenn ihr mich jetzt verlaſſet: ſo bin ich ein armer ungluͤcklicher Mann, dem Aecker, Haͤuſer, Muͤhle und Kirche zu nichts dienen. Was ſoll ich mit dem Paſtor ohne Gemeine, und mit dem Richter, wel- chen ich euch geſetzt habe, ohne Gerichtsſaſſen anfangen? Mein ganzes Capital geht nicht allein verlohren, ſondern ich bleibe auch in einer Laſt ſitzen, die mich voͤllig zu Grun- de druͤckt. Eure Vaͤter moͤgen alſo ſich und ihre Nach- kommen meinem Vater und ſeinen Nachkommen uͤberge- ben haben oder nicht; ihr moͤgt euch Leibeigen oder Freye nennen; genug ich habe ein Recht auf euch, das euch zwingt hier zu bleiben; der Vorſchuß meiner Fami- lie iſt eine Schuld die auf euren Leibern haftet, Eure Vaͤter hatten nichts als dieſe, wie ſie der Meinige auf ſeine Koſten uͤberfuͤhren ließ; und nie wuͤrde er ſich zu dieſer mißlichen Unternehmung entſchloſſen haben, wenn es nicht unter der ſelbſt redenden Bedingung geſchehen waͤre, daß ſie und ihre Nachkommen, ihm wenigſtens ſo lange haften ſollten, bis er ſeines ganzen Vorſchuſſes we- gen entſchaͤdiget ſeyn wuͤrde. Eure Aecker und Haͤuſer moͤgen euch oder unſrer Familie gehoͤren, es liegt nichts daran, aber ohne eure Haͤnde iſt mir alles nichts werth, und ich muß euch hier behalten, oder ihr raubt mir mein ganzes Vermoͤgen.
Die Leute ſtutzten, und vermochten nicht zu antwor- ten. Allein hier nahm der Kaper fuͤr ſie das Wort, und behauptete mit der ihm eignen Keckheit: Freyheit und
Eigen-
U 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0325"n="313"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">des Leibeigenthums.</hi></fw><lb/><p>Mein Vater, antwortete Robinſon, hat ſein ganzes<lb/>
Vermoͤgen daran gewandt, um euch ein Schiff zur Ue-<lb/>
berfahrt, Unterhalt, Aecker, Haͤuſer, Muͤhle und Kirche<lb/>
zu verſchaffen; Noch haben, er ſo wenig als ich, jaͤhr-<lb/>
lich ſo viel von euch erhalten, daß wir auch nur einmal<lb/>
fuͤr die Zinſen des eurentwegen aufgewandten Capitals<lb/>
entſchaͤdiget ſind; und wenn ihr mich jetzt verlaſſet: ſo bin<lb/>
ich ein armer ungluͤcklicher Mann, dem Aecker, Haͤuſer,<lb/>
Muͤhle und Kirche zu nichts dienen. Was ſoll ich mit<lb/>
dem Paſtor ohne Gemeine, und mit dem Richter, wel-<lb/>
chen ich euch geſetzt habe, ohne Gerichtsſaſſen anfangen?<lb/>
Mein ganzes Capital geht nicht allein verlohren, ſondern<lb/>
ich bleibe auch in einer Laſt ſitzen, die mich voͤllig zu Grun-<lb/>
de druͤckt. Eure Vaͤter moͤgen alſo ſich und ihre Nach-<lb/>
kommen meinem Vater und ſeinen Nachkommen uͤberge-<lb/>
ben haben oder nicht; ihr moͤgt euch Leibeigen oder<lb/>
Freye nennen; genug ich habe ein Recht auf euch, das<lb/>
euch zwingt hier zu bleiben; der Vorſchuß meiner Fami-<lb/>
lie iſt eine Schuld die auf euren Leibern haftet, Eure<lb/>
Vaͤter hatten nichts als dieſe, wie ſie der Meinige auf<lb/>ſeine Koſten uͤberfuͤhren ließ; und nie wuͤrde er ſich zu<lb/>
dieſer mißlichen Unternehmung entſchloſſen haben, wenn<lb/>
es nicht unter der ſelbſt redenden Bedingung geſchehen<lb/>
waͤre, daß ſie und ihre Nachkommen, ihm wenigſtens ſo<lb/>
lange haften ſollten, bis er ſeines ganzen Vorſchuſſes we-<lb/>
gen entſchaͤdiget ſeyn wuͤrde. Eure Aecker und Haͤuſer<lb/>
moͤgen euch oder unſrer Familie gehoͤren, es liegt nichts<lb/>
daran, aber ohne eure Haͤnde iſt mir alles nichts werth,<lb/>
und ich muß euch hier behalten, oder ihr raubt mir mein<lb/>
ganzes Vermoͤgen.</p><lb/><p>Die Leute ſtutzten, und vermochten nicht zu antwor-<lb/>
ten. Allein hier nahm der Kaper fuͤr ſie das Wort, und<lb/>
behauptete mit der ihm eignen Keckheit: Freyheit und<lb/><fwplace="bottom"type="sig">U 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">Eigen-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[313/0325]
des Leibeigenthums.
Mein Vater, antwortete Robinſon, hat ſein ganzes
Vermoͤgen daran gewandt, um euch ein Schiff zur Ue-
berfahrt, Unterhalt, Aecker, Haͤuſer, Muͤhle und Kirche
zu verſchaffen; Noch haben, er ſo wenig als ich, jaͤhr-
lich ſo viel von euch erhalten, daß wir auch nur einmal
fuͤr die Zinſen des eurentwegen aufgewandten Capitals
entſchaͤdiget ſind; und wenn ihr mich jetzt verlaſſet: ſo bin
ich ein armer ungluͤcklicher Mann, dem Aecker, Haͤuſer,
Muͤhle und Kirche zu nichts dienen. Was ſoll ich mit
dem Paſtor ohne Gemeine, und mit dem Richter, wel-
chen ich euch geſetzt habe, ohne Gerichtsſaſſen anfangen?
Mein ganzes Capital geht nicht allein verlohren, ſondern
ich bleibe auch in einer Laſt ſitzen, die mich voͤllig zu Grun-
de druͤckt. Eure Vaͤter moͤgen alſo ſich und ihre Nach-
kommen meinem Vater und ſeinen Nachkommen uͤberge-
ben haben oder nicht; ihr moͤgt euch Leibeigen oder
Freye nennen; genug ich habe ein Recht auf euch, das
euch zwingt hier zu bleiben; der Vorſchuß meiner Fami-
lie iſt eine Schuld die auf euren Leibern haftet, Eure
Vaͤter hatten nichts als dieſe, wie ſie der Meinige auf
ſeine Koſten uͤberfuͤhren ließ; und nie wuͤrde er ſich zu
dieſer mißlichen Unternehmung entſchloſſen haben, wenn
es nicht unter der ſelbſt redenden Bedingung geſchehen
waͤre, daß ſie und ihre Nachkommen, ihm wenigſtens ſo
lange haften ſollten, bis er ſeines ganzen Vorſchuſſes we-
gen entſchaͤdiget ſeyn wuͤrde. Eure Aecker und Haͤuſer
moͤgen euch oder unſrer Familie gehoͤren, es liegt nichts
daran, aber ohne eure Haͤnde iſt mir alles nichts werth,
und ich muß euch hier behalten, oder ihr raubt mir mein
ganzes Vermoͤgen.
Die Leute ſtutzten, und vermochten nicht zu antwor-
ten. Allein hier nahm der Kaper fuͤr ſie das Wort, und
behauptete mit der ihm eignen Keckheit: Freyheit und
Eigen-
U 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/325>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.