ses zwey mächtig unterschiedene Gutsherrlichkeiten sind, und seyn sollten.
Der einzige deutliche Charakter des echten Eigen- thums, den man jetzt noch angeben kann, ist die Jagd; wir sehen in dem Jagdprotokoll von 1651, daß eine Menge von Adlichen ihre Jagdgerechtigkeit in den Kirch- spielen, worin sie keinen eignen Sitz haben, in der Guts- herrlichkeit gründen; jetzt aber bemerken wir, daß dieser Schluß gar nicht mehr gemacht werden könne; und wo- her dieses? Der alte echte Eigenthümer hat, wie er sein Erbe zuerst einem Eigenbehörigen oder Meyer untergab, die Jagd zurück behalten. Nachdem nun dieser Eigen- behöriger sich frey gekauft, und wie wir aus Mangel des Ausdrucks sagen müssen, auch Eigenthümer oder Guts- herr seines Erbes geworden, oder nachdem dieses Erbe in andre freye Hände gerathen: so ist offenbar das Ei- genthum was dieser hat, von dem Eigenthum was jener hatte, merklich unterschieden; aber in der Sprache nicht mehr, auch oft nicht mehr deutlich genug in den Begriffen.
Ein andrer minder deutlicher Charakter desselben ist die Stimmbarkeit im Staate, welche, wie wir allmälig auch in Deutschland, wiewohl noch ziemlich obenhin, ein- zusehen anfangen, durch die ganze Welt mit dem Eigen- thum verknüpft ist. Diese erlangt kein Gutsherr von der letztern Art; der folglich auch nicht dasjenige Eigenthum hat, wovon die Stimme in der Nationalversammlung unzertrennlich ist. Jetzt nennen wir diese Stimmbarkeit Landtagsfähigkeit; vor dem hieß sie Echtwort, ein Be- grif der sich zur Zeit, wie man noch Nationalversamm- lung hatte, in der Schöpfenbarkeit, später aber, da jene Versammlungen aufhörten, und der große Zwischenraum zwischen Nationalversammlung und Landtag einfiel, nur bey Mark- und Waldversammlungen zeigte.
Die
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Von dem echten Eigenthum.
ſes zwey maͤchtig unterſchiedene Gutsherrlichkeiten ſind, und ſeyn ſollten.
Der einzige deutliche Charakter des echten Eigen- thums, den man jetzt noch angeben kann, iſt die Jagd; wir ſehen in dem Jagdprotokoll von 1651, daß eine Menge von Adlichen ihre Jagdgerechtigkeit in den Kirch- ſpielen, worin ſie keinen eignen Sitz haben, in der Guts- herrlichkeit gruͤnden; jetzt aber bemerken wir, daß dieſer Schluß gar nicht mehr gemacht werden koͤnne; und wo- her dieſes? Der alte echte Eigenthuͤmer hat, wie er ſein Erbe zuerſt einem Eigenbehoͤrigen oder Meyer untergab, die Jagd zuruͤck behalten. Nachdem nun dieſer Eigen- behoͤriger ſich frey gekauft, und wie wir aus Mangel des Ausdrucks ſagen muͤſſen, auch Eigenthuͤmer oder Guts- herr ſeines Erbes geworden, oder nachdem dieſes Erbe in andre freye Haͤnde gerathen: ſo iſt offenbar das Ei- genthum was dieſer hat, von dem Eigenthum was jener hatte, merklich unterſchieden; aber in der Sprache nicht mehr, auch oft nicht mehr deutlich genug in den Begriffen.
Ein andrer minder deutlicher Charakter deſſelben iſt die Stimmbarkeit im Staate, welche, wie wir allmaͤlig auch in Deutſchland, wiewohl noch ziemlich obenhin, ein- zuſehen anfangen, durch die ganze Welt mit dem Eigen- thum verknuͤpft iſt. Dieſe erlangt kein Gutsherr von der letztern Art; der folglich auch nicht dasjenige Eigenthum hat, wovon die Stimme in der Nationalverſammlung unzertrennlich iſt. Jetzt nennen wir dieſe Stimmbarkeit Landtagsfaͤhigkeit; vor dem hieß ſie Echtwort, ein Be- grif der ſich zur Zeit, wie man noch Nationalverſamm- lung hatte, in der Schoͤpfenbarkeit, ſpaͤter aber, da jene Verſammlungen aufhoͤrten, und der große Zwiſchenraum zwiſchen Nationalverſammlung und Landtag einfiel, nur bey Mark- und Waldverſammlungen zeigte.
Die
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Von dem echten Eigenthum.
ſes zwey maͤchtig unterſchiedene Gutsherrlichkeiten ſind,
und ſeyn ſollten.
Der einzige deutliche Charakter des echten Eigen-
thums, den man jetzt noch angeben kann, iſt die Jagd;
wir ſehen in dem Jagdprotokoll von 1651, daß eine
Menge von Adlichen ihre Jagdgerechtigkeit in den Kirch-
ſpielen, worin ſie keinen eignen Sitz haben, in der Guts-
herrlichkeit gruͤnden; jetzt aber bemerken wir, daß dieſer
Schluß gar nicht mehr gemacht werden koͤnne; und wo-
her dieſes? Der alte echte Eigenthuͤmer hat, wie er ſein
Erbe zuerſt einem Eigenbehoͤrigen oder Meyer untergab,
die Jagd zuruͤck behalten. Nachdem nun dieſer Eigen-
behoͤriger ſich frey gekauft, und wie wir aus Mangel des
Ausdrucks ſagen muͤſſen, auch Eigenthuͤmer oder Guts-
herr ſeines Erbes geworden, oder nachdem dieſes Erbe
in andre freye Haͤnde gerathen: ſo iſt offenbar das Ei-
genthum was dieſer hat, von dem Eigenthum was jener
hatte, merklich unterſchieden; aber in der Sprache nicht
mehr, auch oft nicht mehr deutlich genug in den Begriffen.
Ein andrer minder deutlicher Charakter deſſelben iſt
die Stimmbarkeit im Staate, welche, wie wir allmaͤlig
auch in Deutſchland, wiewohl noch ziemlich obenhin, ein-
zuſehen anfangen, durch die ganze Welt mit dem Eigen-
thum verknuͤpft iſt. Dieſe erlangt kein Gutsherr von der
letztern Art; der folglich auch nicht dasjenige Eigenthum
hat, wovon die Stimme in der Nationalverſammlung
unzertrennlich iſt. Jetzt nennen wir dieſe Stimmbarkeit
Landtagsfaͤhigkeit; vor dem hieß ſie Echtwort, ein Be-
grif der ſich zur Zeit, wie man noch Nationalverſamm-
lung hatte, in der Schoͤpfenbarkeit, ſpaͤter aber, da jene
Verſammlungen aufhoͤrten, und der große Zwiſchenraum
zwiſchen Nationalverſammlung und Landtag einfiel, nur
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/177>, abgerufen am 16.02.2025.
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