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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

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Etwas zur Verbesserung der Zuchthäuser.
terlichste unter allen sey. Jetzt haben wir solche verlassen,
weil wir glauben, man könne das Ebenbild Gottes wohl
an den Galgen hangen, aber nicht seiner Augen berau-
ben. Allein ob wir wohl daran gethan haben, und ob
es nicht den größten Eindruck machen würde, wenn noch
jetzt Uebelthäter geblendet, und zum Radlausen verkau-
fet würden, ist eine andre Frage. Zum Radlaufen fin-
det sich überall Gelegenheit, und unsre Glandern, welche
jetzt ein Pferd kostbarlich zieht, könnten weit wohlfeiler
mit einem Rade, worin ein solcher Geblendeter laufen
müßte, getrieben werden. Er kann seinem Herrn nicht
entlaufen, und allemal leicht von ihm gezüchtiget werden.

Das Verkaufen der Uebelthäter die es verdient hat-
ten, war auch gar keine üble Strafe, und man thut es
noch in verschiedenen Seehäfen, wo man Gelegenheit
hat, solche weit fortschicken zu können. Ein Mensch der
mit oder ohne Brandmark des Landes verwiesen wird,
kann sich noch in alle vier Theile der Welt wenden, und
sein Glück von neuem versuchen. Dieses kann der Ver-
kaufte so gleich nicht, und es ist immer ein Grad der
Sicherheit mehr dabey, als bey der bloßen Landesver-
weisung, womit man doch ehe und bevor Zuchthäuser
Mode waren, vieles bezwingen mußte. Was kann uns
also hindern den Verkauf wieder einzuführen? die Reichs-
gesetze nicht, diese verbieten nur das Verkaufen eines
Christen an die Ungläubigen; die Unsicherheit auch nicht,
da sie nicht so groß ist, als bey der sonst üblichen Lan-
desverweisung; und Wiederkehren darf der Verkaufte
nicht, weil der Verkauf die Landesverweisung in sich be-
greift. Geschähe der Verkauf solcher Uebelthäter endlich
an einen Nachbaren: so würde auch dieser ihnen auf den
Fall, da dergleichen Sclaven die Flucht ergriffen, keine

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K 2

Etwas zur Verbeſſerung der Zuchthaͤuſer.
terlichſte unter allen ſey. Jetzt haben wir ſolche verlaſſen,
weil wir glauben, man koͤnne das Ebenbild Gottes wohl
an den Galgen hangen, aber nicht ſeiner Augen berau-
ben. Allein ob wir wohl daran gethan haben, und ob
es nicht den groͤßten Eindruck machen wuͤrde, wenn noch
jetzt Uebelthaͤter geblendet, und zum Radlauſen verkau-
fet wuͤrden, iſt eine andre Frage. Zum Radlaufen fin-
det ſich uͤberall Gelegenheit, und unſre Glandern, welche
jetzt ein Pferd koſtbarlich zieht, koͤnnten weit wohlfeiler
mit einem Rade, worin ein ſolcher Geblendeter laufen
muͤßte, getrieben werden. Er kann ſeinem Herrn nicht
entlaufen, und allemal leicht von ihm gezuͤchtiget werden.

Das Verkaufen der Uebelthaͤter die es verdient hat-
ten, war auch gar keine uͤble Strafe, und man thut es
noch in verſchiedenen Seehaͤfen, wo man Gelegenheit
hat, ſolche weit fortſchicken zu koͤnnen. Ein Menſch der
mit oder ohne Brandmark des Landes verwieſen wird,
kann ſich noch in alle vier Theile der Welt wenden, und
ſein Gluͤck von neuem verſuchen. Dieſes kann der Ver-
kaufte ſo gleich nicht, und es iſt immer ein Grad der
Sicherheit mehr dabey, als bey der bloßen Landesver-
weiſung, womit man doch ehe und bevor Zuchthaͤuſer
Mode waren, vieles bezwingen mußte. Was kann uns
alſo hindern den Verkauf wieder einzufuͤhren? die Reichs-
geſetze nicht, dieſe verbieten nur das Verkaufen eines
Chriſten an die Unglaͤubigen; die Unſicherheit auch nicht,
da ſie nicht ſo groß iſt, als bey der ſonſt uͤblichen Lan-
desverweiſung; und Wiederkehren darf der Verkaufte
nicht, weil der Verkauf die Landesverweiſung in ſich be-
greift. Geſchaͤhe der Verkauf ſolcher Uebelthaͤter endlich
an einen Nachbaren: ſo wuͤrde auch dieſer ihnen auf den
Fall, da dergleichen Sclaven die Flucht ergriffen, keine

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[147/0159] Etwas zur Verbeſſerung der Zuchthaͤuſer. terlichſte unter allen ſey. Jetzt haben wir ſolche verlaſſen, weil wir glauben, man koͤnne das Ebenbild Gottes wohl an den Galgen hangen, aber nicht ſeiner Augen berau- ben. Allein ob wir wohl daran gethan haben, und ob es nicht den groͤßten Eindruck machen wuͤrde, wenn noch jetzt Uebelthaͤter geblendet, und zum Radlauſen verkau- fet wuͤrden, iſt eine andre Frage. Zum Radlaufen fin- det ſich uͤberall Gelegenheit, und unſre Glandern, welche jetzt ein Pferd koſtbarlich zieht, koͤnnten weit wohlfeiler mit einem Rade, worin ein ſolcher Geblendeter laufen muͤßte, getrieben werden. Er kann ſeinem Herrn nicht entlaufen, und allemal leicht von ihm gezuͤchtiget werden. Das Verkaufen der Uebelthaͤter die es verdient hat- ten, war auch gar keine uͤble Strafe, und man thut es noch in verſchiedenen Seehaͤfen, wo man Gelegenheit hat, ſolche weit fortſchicken zu koͤnnen. Ein Menſch der mit oder ohne Brandmark des Landes verwieſen wird, kann ſich noch in alle vier Theile der Welt wenden, und ſein Gluͤck von neuem verſuchen. Dieſes kann der Ver- kaufte ſo gleich nicht, und es iſt immer ein Grad der Sicherheit mehr dabey, als bey der bloßen Landesver- weiſung, womit man doch ehe und bevor Zuchthaͤuſer Mode waren, vieles bezwingen mußte. Was kann uns alſo hindern den Verkauf wieder einzufuͤhren? die Reichs- geſetze nicht, dieſe verbieten nur das Verkaufen eines Chriſten an die Unglaͤubigen; die Unſicherheit auch nicht, da ſie nicht ſo groß iſt, als bey der ſonſt uͤblichen Lan- desverweiſung; und Wiederkehren darf der Verkaufte nicht, weil der Verkauf die Landesverweiſung in ſich be- greift. Geſchaͤhe der Verkauf ſolcher Uebelthaͤter endlich an einen Nachbaren: ſo wuͤrde auch dieſer ihnen auf den Fall, da dergleichen Sclaven die Flucht ergriffen, keine Woh- K 2

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/159>, abgerufen am 22.11.2024.