Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.den Vorzug vor den Inquisitionsproceß. Wahrheit an den Mann zu bringen: so steht der Anbringerhinter der Thür, und schreibt einen zur Rüge. Vordem war es nicht also; man haßte die Anbringer und forderte Kläger; und wo diese fehlten, da mußte der Herr ex offi- cio, oder wie er sonst heißt, seine Nase so lange zurück las- sen, bis derjenige auftrat, der die Rippenstösse empfangen hatte, oder wo dieser bey solcher Gelegenheit den Hals ge- brochen, bis sein nächster Verwandter kam, und für ihn Genugthuung forderte. Hör er, sagt ich jüngst zu einem Stubensitzer, den die O! fuhr der Mann im Schlafrocke auf, wenn die bre- Mös. patr. Phant. III. Th. F
den Vorzug vor den Inquiſitionsproceß. Wahrheit an den Mann zu bringen: ſo ſteht der Anbringerhinter der Thuͤr, und ſchreibt einen zur Ruͤge. Vordem war es nicht alſo; man haßte die Anbringer und forderte Klaͤger; und wo dieſe fehlten, da mußte der Herr ex offi- cio, oder wie er ſonſt heißt, ſeine Naſe ſo lange zuruͤck laſ- ſen, bis derjenige auftrat, der die Rippenſtoͤſſe empfangen hatte, oder wo dieſer bey ſolcher Gelegenheit den Hals ge- brochen, bis ſein naͤchſter Verwandter kam, und fuͤr ihn Genugthuung forderte. Hoͤr er, ſagt ich juͤngſt zu einem Stubenſitzer, den die O! fuhr der Mann im Schlafrocke auf, wenn die bre- Moͤſ. patr. Phant. III. Th. F
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den Vorzug vor den Inquiſitionsproceß.
Wahrheit an den Mann zu bringen: ſo ſteht der Anbringer
hinter der Thuͤr, und ſchreibt einen zur Ruͤge. Vordem
war es nicht alſo; man haßte die Anbringer und forderte
Klaͤger; und wo dieſe fehlten, da mußte der Herr ex offi-
cio, oder wie er ſonſt heißt, ſeine Naſe ſo lange zuruͤck laſ-
ſen, bis derjenige auftrat, der die Rippenſtoͤſſe empfangen
hatte, oder wo dieſer bey ſolcher Gelegenheit den Hals ge-
brochen, bis ſein naͤchſter Verwandter kam, und fuͤr ihn
Genugthuung forderte.
Hoͤr er, ſagt ich juͤngſt zu einem Stubenſitzer, den die
Leute einen Philoſophen ſchelten, woher koͤmmt es doch in
aller Welt, daß die Obrigkeit ſich jetzt in alle Haͤndel miſcht,
und uͤberall Amtshalber verfaͤhret? und was bewegt ſie,
von dem alten deutſchen Grundſatze; wo kein Klaͤger iſt,
da iſt auch kein Richter, abzugehen? Was geht es ſie
an, ob ein ſchlechter Kerl gepruͤgelt wird, wenn er damit
zufrieden iſt, und ſich das Empfangene zur guten Lehre
dienen laͤßt? Was geht es ſie an, wenn auch einem huͤb-
ſchen Maͤdchen Gewalt geſchieht; klagt die Dirne nicht: ſo
iſt das ja ein Zeichen, das ſie ſich nur ein bischen aus Ver-
ſtellung gewehrt, und gern hat berauben laſſen?
O! fuhr der Mann im Schlafrocke auf, wenn die
leidende Unſchuld zu ihrem Ungluͤck auch noch die Koſten ei-
nes ſchweren Proceſſes tragen, ſich einem maͤchtigen Un-
terdruͤcker entgegen ſtellen, und wo ſie dieſes nicht wagen
duͤrfte, das erlittene Unrecht verſchmerzen muͤſte; wenn
der Erſchlagene ohne Anverwandte und Freunde, ungero-
chen verſcharret werden ſollte; wenn der Raͤuber keinen
maͤchtigen Verfolger an der Obrigkeit zu befuͤrchten haͤtte;
wenn der Wucherer von keinem, als ſeinem bedraͤngten
Schuldner zur Verantwortung gezogen werden koͤnnte, wenn
die Obrigkeit nicht die Macht haͤtte, Leute, die zu dem Ver-
bre-
Moͤſ. patr. Phant. III. Th. F
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