Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.Gedanken von dem Ursprunge und Nutzen keine andre Necessairfreye als in der Amt Iburgischen Hode;folglich ist es einerley, ob sie verbiestern oder verballmünden, weil in beyden Fällen der Landesherr ihren Sterbfall zieht. Dies aubains oder albani. Da bey den Deutschen ausser dem aller-
größten Nothfalle keine andre aufgeboten wurden, als diejeni- gen qui mansos habebant: so waren folglich die andern, qui mansos non habebant, albani oder aubains. Auf gleiche Art sind ganze Völker albani genannt worden, weil sie denjenigen, so ihnen diesen Namen gaben, ex[tr]a bannum lagen. Die Fran- zosen haben die Lehre von den a[u]b[a]ins zu keiner Deutlichkeit bringen können, weil sie keine Wörter in ihrer Sprache haben, um Churmündige und Nothfreye, Ballmündige und Biester- freye aubains zu nnterscheiden; ohne diese vier Hauptbegriffe aber von einander abzusondern, sich nothwendig verwirren müs- sen. Ihre Regalisten schreiben aus dem oben angezogenen Sta- bilimento Ludouici saucti dem Könige das droit d'Aubaine al- lein zu, da ihm doch nur die Biesterfreyen aubains verfallen sind; indem nach dem vorhin angeführten [s]tabilimento der Ba- ron die Ballmündigen aubains, qui ne lui paioient pas leurs 4 deniers beerbte. In den Städten sind diejenigen ungefreyten Einwohner aubains, so kein Bürgergut besitzen, und folglich im Bürgerbann nicht zu Walle gehen. Unter seinen aubains versteht der König von Frankreich alle seine Freygelassenen, und die von seinen gehegeten Leuten gebohrne Kinder, auch frem- de; denen er nicht gestattet, sich in die Hode eines Barons zu geben. Die Franken hielten schon ehedem sehr strenge darauf; Nullus tabularius denarium ante regem praesumat jactare; quod si fecerit, ducentis Solidis culpabilis judicetur; heißt es in LL. Ripuar. tit 58. Dies heißt in unsrer Sprache: Es soll sich keiner der in die Kirchenhode gehört, in des Kö- nigshode begeben; und in die Kirchenhode gehörten nicht allein die freygelassenen ihrer Leibeignen; sondern auch alle die- jenige, welche von Leyen in der Kirche freygelassen wurden. Bey den Franken war also lauter Necessairfreyheit und fast we- nig Churmund; anstatt daß in unserm Stifte bis auf einige we- nige alles Churmund ist; doch kann auch manches verdunkelt seyn, Gedanken von dem Urſprunge und Nutzen keine andre Neceſſairfreye als in der Amt Iburgiſchen Hode;folglich iſt es einerley, ob ſie verbieſtern oder verballmuͤnden, weil in beyden Faͤllen der Landesherr ihren Sterbfall zieht. Dies aubains oder albani. Da bey den Deutſchen auſſer dem aller-
groͤßten Nothfalle keine andre aufgeboten wurden, als diejeni- gen qui manſos habebant: ſo waren folglich die andern, qui manſos non habebant, albani oder aubains. Auf gleiche Art ſind ganze Voͤlker albani genannt worden, weil ſie denjenigen, ſo ihnen dieſen Namen gaben, ex[tr]a bannum lagen. Die Fran- zoſen haben die Lehre von den a[u]b[a]ins zu keiner Deutlichkeit bringen koͤnnen, weil ſie keine Woͤrter in ihrer Sprache haben, um Churmuͤndige und Nothfreye, Ballmuͤndige und Bieſter- freye aubains zu nnterſcheiden; ohne dieſe vier Hauptbegriffe aber von einander abzuſondern, ſich nothwendig verwirren muͤſ- ſen. Ihre Regaliſten ſchreiben aus dem oben angezogenen Sta- bilimento Ludouici ſaucti dem Koͤnige das droit d’Aubaine al- lein zu, da ihm doch nur die Bieſterfreyen aubains verfallen ſind; indem nach dem vorhin angefuͤhrten [s]tabilimento der Ba- ron die Ballmuͤndigen aubains, qui ne lui paioient pas leurs 4 deniers beerbte. In den Staͤdten ſind diejenigen ungefreyten Einwohner aubains, ſo kein Buͤrgergut beſitzen, und folglich im Buͤrgerbann nicht zu Walle gehen. Unter ſeinen aubains verſteht der Koͤnig von Frankreich alle ſeine Freygelaſſenen, und die von ſeinen gehegeten Leuten gebohrne Kinder, auch frem- de; denen er nicht geſtattet, ſich in die Hode eines Barons zu geben. Die Franken hielten ſchon ehedem ſehr ſtrenge darauf; Nullus tabularius denarium ante regem præſumat jactare; quod ſi fecerit, ducentis Solidis culpabilis judicetur; heißt es in LL. Ripuar. tit 58. Dies heißt in unſrer Sprache: Es ſoll ſich keiner der in die Kirchenhode gehoͤrt, in des Koͤ- nigshode begeben; und in die Kirchenhode gehoͤrten nicht allein die freygelaſſenen ihrer Leibeignen; ſondern auch alle die- jenige, welche von Leyen in der Kirche freygelaſſen wurden. Bey den Franken war alſo lauter Neceſſairfreyheit und faſt we- nig Churmund; anſtatt daß in unſerm Stifte bis auf einige we- nige alles Churmund iſt; doch kann auch manches verdunkelt ſeyn, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0374" n="360"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Gedanken von dem Urſprunge und Nutzen</hi></fw><lb/> keine andre Neceſſairfreye als in der Amt Iburgiſchen Hode;<lb/> folglich iſt es einerley, ob ſie verbieſtern oder verballmuͤnden,<lb/> weil in beyden Faͤllen der Landesherr ihren Sterbfall zieht.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Dies</fw><lb/> <p> <note next="#seg2pn_8_3" xml:id="seg2pn_8_2" prev="#seg2pn_8_1" place="foot" n="a)"><hi rendition="#aq">aubains</hi> oder <hi rendition="#aq">albani.</hi> Da bey den Deutſchen auſſer dem aller-<lb/> groͤßten Nothfalle keine andre aufgeboten wurden, als diejeni-<lb/> gen <hi rendition="#aq">qui manſos habebant:</hi> ſo waren folglich die andern, <hi rendition="#aq">qui<lb/> manſos non habebant, albani</hi> oder <hi rendition="#aq">aubains.</hi> Auf gleiche Art<lb/> ſind ganze Voͤlker <hi rendition="#aq">albani</hi> genannt worden, weil ſie denjenigen,<lb/> ſo ihnen dieſen Namen gaben, <hi rendition="#aq">ex<supplied>tr</supplied>a bannum</hi> lagen. 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Gedanken von dem Urſprunge und Nutzen
keine andre Neceſſairfreye als in der Amt Iburgiſchen Hode;
folglich iſt es einerley, ob ſie verbieſtern oder verballmuͤnden,
weil in beyden Faͤllen der Landesherr ihren Sterbfall zieht.
Dies
a)
a) aubains oder albani. Da bey den Deutſchen auſſer dem aller-
groͤßten Nothfalle keine andre aufgeboten wurden, als diejeni-
gen qui manſos habebant: ſo waren folglich die andern, qui
manſos non habebant, albani oder aubains. Auf gleiche Art
ſind ganze Voͤlker albani genannt worden, weil ſie denjenigen,
ſo ihnen dieſen Namen gaben, extra bannum lagen. Die Fran-
zoſen haben die Lehre von den aubains zu keiner Deutlichkeit
bringen koͤnnen, weil ſie keine Woͤrter in ihrer Sprache haben,
um Churmuͤndige und Nothfreye, Ballmuͤndige und Bieſter-
freye aubains zu nnterſcheiden; ohne dieſe vier Hauptbegriffe
aber von einander abzuſondern, ſich nothwendig verwirren muͤſ-
ſen. Ihre Regaliſten ſchreiben aus dem oben angezogenen Sta-
bilimento Ludouici ſaucti dem Koͤnige das droit d’Aubaine al-
lein zu, da ihm doch nur die Bieſterfreyen aubains verfallen
ſind; indem nach dem vorhin angefuͤhrten stabilimento der Ba-
ron die Ballmuͤndigen aubains, qui ne lui paioient pas leurs
4 deniers beerbte. In den Staͤdten ſind diejenigen ungefreyten
Einwohner aubains, ſo kein Buͤrgergut beſitzen, und folglich
im Buͤrgerbann nicht zu Walle gehen. Unter ſeinen aubains
verſteht der Koͤnig von Frankreich alle ſeine Freygelaſſenen, und
die von ſeinen gehegeten Leuten gebohrne Kinder, auch frem-
de; denen er nicht geſtattet, ſich in die Hode eines Barons zu
geben. Die Franken hielten ſchon ehedem ſehr ſtrenge darauf;
Nullus tabularius denarium ante regem præſumat jactare;
quod ſi fecerit, ducentis Solidis culpabilis judicetur; heißt es
in LL. Ripuar. tit 58. Dies heißt in unſrer Sprache: Es ſoll
ſich keiner der in die Kirchenhode gehoͤrt, in des Koͤ-
nigshode begeben; und in die Kirchenhode gehoͤrten nicht
allein die freygelaſſenen ihrer Leibeignen; ſondern auch alle die-
jenige, welche von Leyen in der Kirche freygelaſſen wurden.
Bey den Franken war alſo lauter Neceſſairfreyheit und faſt we-
nig Churmund; anſtatt daß in unſerm Stifte bis auf einige we-
nige alles Churmund iſt; doch kann auch manches verdunkelt
ſeyn,
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