Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.Leibeigenthumsgefälle zu bestimmen. 18) die Römer haben den Erbgewinn auf den funfzigsten Pfennig bestimmt; in diesem und jenem Lande ist der zwanzigste oder zehnte Pfennig dafür angenommen; dort ist ein jähriger Betrag der Stätte, hier ein zwey- jähriger die hergebrachte Regel; dort wird nur ein neuer Meyerbrief, hier nur ein Saertuchen - Wamms bezahlt; und der auswärtige oder einheimische Rechts- gelehrte, der selbst nicht Gutsherr ist, kann die ver- schiedenen Meinungen der Gelehrten in einen Glücks- topf werfen und eine herausziehen, ohne daß man ihm mit Bestande einen Vorwurf machen kann. Denn was sollte er besser thun, als die bey dem menschlichen Glücke wachende Vorsehung da walten lassen, wo ihm Gesetze und Rechte nichts vorgeschrieben haben? Will man 19) noch eine vernünftige Regel annehmen: so ist es diese, daß der Betrag des Erbes als eine Leibrente an- gesehen und demjenigen Theile, der die Auffahrt be- zahlet, verkaufet wird. Gesetzt, der Theil des Aner- ben am Hofe thue jährlich 90 Thaler nach Abzug aller Auflagen, Bauerlasten, Gefälle und Auslobungen; so erhalten der Wirth und die Wirthin gemeinschaft- lich diese Einnahme. Die Hälfte derselben ist also das- jenige, was dem neu aufkommenden Theile verkauft wird. Das Drittel der Hälfte oder 15 Thaler bezahlt er mit seinem Leibe, indem er sich eigen giebt. Er kauft also eine jährliche Leibrente von 30 Thaler; und bezahlt dafür nachdem solche zu 5. 6. 7. 8. 9. oder 10. pro Cent verkauft wird, das Capital zur Auffahrt. Allein diese wenigstens auf einen Rechnungssatz zurück- führende Regel wird dem Gutsherrn hart scheinen, wenn die Zinsen der unbewilligten Schulden an dem jährlichen Ertrage vorabgezogen werden sollen; indem er Y 4
Leibeigenthumsgefaͤlle zu beſtimmen. 18) die Roͤmer haben den Erbgewinn auf den funfzigſten Pfennig beſtimmt; in dieſem und jenem Lande iſt der zwanzigſte oder zehnte Pfennig dafuͤr angenommen; dort iſt ein jaͤhriger Betrag der Staͤtte, hier ein zwey- jaͤhriger die hergebrachte Regel; dort wird nur ein neuer Meyerbrief, hier nur ein Saertuchen - Wamms bezahlt; und der auswaͤrtige oder einheimiſche Rechts- gelehrte, der ſelbſt nicht Gutsherr iſt, kann die ver- ſchiedenen Meinungen der Gelehrten in einen Gluͤcks- topf werfen und eine herausziehen, ohne daß man ihm mit Beſtande einen Vorwurf machen kann. Denn was ſollte er beſſer thun, als die bey dem menſchlichen Gluͤcke wachende Vorſehung da walten laſſen, wo ihm Geſetze und Rechte nichts vorgeſchrieben haben? Will man 19) noch eine vernuͤnftige Regel annehmen: ſo iſt es dieſe, daß der Betrag des Erbes als eine Leibrente an- geſehen und demjenigen Theile, der die Auffahrt be- zahlet, verkaufet wird. Geſetzt, der Theil des Aner- ben am Hofe thue jaͤhrlich 90 Thaler nach Abzug aller Auflagen, Bauerlaſten, Gefaͤlle und Auslobungen; ſo erhalten der Wirth und die Wirthin gemeinſchaft- lich dieſe Einnahme. Die Haͤlfte derſelben iſt alſo das- jenige, was dem neu aufkommenden Theile verkauft wird. Das Drittel der Haͤlfte oder 15 Thaler bezahlt er mit ſeinem Leibe, indem er ſich eigen giebt. Er kauft alſo eine jaͤhrliche Leibrente von 30 Thaler; und bezahlt dafuͤr nachdem ſolche zu 5. 6. 7. 8. 9. oder 10. pro Cent verkauft wird, das Capital zur Auffahrt. Allein dieſe wenigſtens auf einen Rechnungsſatz zuruͤck- fuͤhrende Regel wird dem Gutsherrn hart ſcheinen, wenn die Zinſen der unbewilligten Schulden an dem jaͤhrlichen Ertrage vorabgezogen werden ſollen; indem er Y 4
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Leibeigenthumsgefaͤlle zu beſtimmen.
18) die Roͤmer haben den Erbgewinn auf den funfzigſten
Pfennig beſtimmt; in dieſem und jenem Lande iſt der
zwanzigſte oder zehnte Pfennig dafuͤr angenommen;
dort iſt ein jaͤhriger Betrag der Staͤtte, hier ein zwey-
jaͤhriger die hergebrachte Regel; dort wird nur ein
neuer Meyerbrief, hier nur ein Saertuchen - Wamms
bezahlt; und der auswaͤrtige oder einheimiſche Rechts-
gelehrte, der ſelbſt nicht Gutsherr iſt, kann die ver-
ſchiedenen Meinungen der Gelehrten in einen Gluͤcks-
topf werfen und eine herausziehen, ohne daß man ihm
mit Beſtande einen Vorwurf machen kann. Denn
was ſollte er beſſer thun, als die bey dem menſchlichen
Gluͤcke wachende Vorſehung da walten laſſen, wo
ihm Geſetze und Rechte nichts vorgeſchrieben haben?
Will man
19) noch eine vernuͤnftige Regel annehmen: ſo iſt es
dieſe, daß der Betrag des Erbes als eine Leibrente an-
geſehen und demjenigen Theile, der die Auffahrt be-
zahlet, verkaufet wird. Geſetzt, der Theil des Aner-
ben am Hofe thue jaͤhrlich 90 Thaler nach Abzug aller
Auflagen, Bauerlaſten, Gefaͤlle und Auslobungen;
ſo erhalten der Wirth und die Wirthin gemeinſchaft-
lich dieſe Einnahme. Die Haͤlfte derſelben iſt alſo das-
jenige, was dem neu aufkommenden Theile verkauft
wird. Das Drittel der Haͤlfte oder 15 Thaler bezahlt
er mit ſeinem Leibe, indem er ſich eigen giebt. Er
kauft alſo eine jaͤhrliche Leibrente von 30 Thaler; und
bezahlt dafuͤr nachdem ſolche zu 5. 6. 7. 8. 9. oder 10.
pro Cent verkauft wird, das Capital zur Auffahrt.
Allein dieſe wenigſtens auf einen Rechnungsſatz zuruͤck-
fuͤhrende Regel wird dem Gutsherrn hart ſcheinen,
wenn die Zinſen der unbewilligten Schulden an dem
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