Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.Also sind die unbestimmten LXV. Also sind die unbestimmten Leibeigen- thumsgefälle zu bestimmen? Die Frage: ob es nicht gut seyn würde, die ungewissen 1) wird niemand leugnen, daß nicht jedem Schuldner die Bezahlung eines ziemlichen Capitals leichter in klei- nen jährlichen Terminen, als in einer Summe fallen müsse; und ob man gleich einwenden möchte, daß wenn eine solche Einrichtung sofort ihren Anfang näh- me, verschiedene Leibeigne, dasjenige was sie bey ei- nem sich künftig erst eräugendem Fall zu bezahlen hät- ten, in voraus bezahlen würden: so kann man doch 2) mit Wahrscheinlichkeit annehmen, daß wenn die eine Hälfte etwa einige Jahre im voraus bezahlen müßte, die andre Hälfte gewiß die Wohlthat der Nachbezah- lung geniessen würde, indem es nicht fehlen könnte, daß nicht sehr viele Auffahrten und Sterbefälle sofort zu bedingen seyn würden. Zudem wird 3) jeder Leibeigne es nicht auf die letzte Stunde ankom- men lassen, sondern wenn er erst weiß, daß das Er- sparte seinen Erben zu statten kömmt, immer etwas zu Bezahlung künftiger Sterbfälle und Auffahrten zurück- legen; und da ist es, wo nicht besser und sicherer, doch gewiß gleichgültig, ob er solches in seinen Schrank legt, oder seinem Gutsherrn auf Abschlag bezahlt. Es geht auch 4) einem
Alſo ſind die unbeſtimmten LXV. Alſo ſind die unbeſtimmten Leibeigen- thumsgefaͤlle zu beſtimmen? Die Frage: ob es nicht gut ſeyn wuͤrde, die ungewiſſen 1) wird niemand leugnen, daß nicht jedem Schuldner die Bezahlung eines ziemlichen Capitals leichter in klei- nen jaͤhrlichen Terminen, als in einer Summe fallen muͤſſe; und ob man gleich einwenden moͤchte, daß wenn eine ſolche Einrichtung ſofort ihren Anfang naͤh- me, verſchiedene Leibeigne, dasjenige was ſie bey ei- nem ſich kuͤnftig erſt eraͤugendem Fall zu bezahlen haͤt- ten, in voraus bezahlen wuͤrden: ſo kann man doch 2) mit Wahrſcheinlichkeit annehmen, daß wenn die eine Haͤlfte etwa einige Jahre im voraus bezahlen muͤßte, die andre Haͤlfte gewiß die Wohlthat der Nachbezah- lung genieſſen wuͤrde, indem es nicht fehlen koͤnnte, daß nicht ſehr viele Auffahrten und Sterbefaͤlle ſofort zu bedingen ſeyn wuͤrden. Zudem wird 3) jeder Leibeigne es nicht auf die letzte Stunde ankom- men laſſen, ſondern wenn er erſt weiß, daß das Er- ſparte ſeinen Erben zu ſtatten koͤmmt, immer etwas zu Bezahlung kuͤnftiger Sterbfaͤlle und Auffahrten zuruͤck- legen; und da iſt es, wo nicht beſſer und ſicherer, doch gewiß gleichguͤltig, ob er ſolches in ſeinen Schrank legt, oder ſeinem Gutsherrn auf Abſchlag bezahlt. Es geht auch 4) einem
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Alſo ſind die unbeſtimmten
LXV.
Alſo ſind die unbeſtimmten Leibeigen-
thumsgefaͤlle zu beſtimmen?
Die Frage: ob es nicht gut ſeyn wuͤrde, die ungewiſſen
Eigenthumsgefaͤlle, auf ein gewiſſes Jahrgeld zu
ſetzen? muß meines Ermeſſens mit einem aufrichtigen Ja
beantwortet werden. Denn
1) wird niemand leugnen, daß nicht jedem Schuldner
die Bezahlung eines ziemlichen Capitals leichter in klei-
nen jaͤhrlichen Terminen, als in einer Summe fallen
muͤſſe; und ob man gleich einwenden moͤchte, daß
wenn eine ſolche Einrichtung ſofort ihren Anfang naͤh-
me, verſchiedene Leibeigne, dasjenige was ſie bey ei-
nem ſich kuͤnftig erſt eraͤugendem Fall zu bezahlen haͤt-
ten, in voraus bezahlen wuͤrden: ſo kann man doch
2) mit Wahrſcheinlichkeit annehmen, daß wenn die eine
Haͤlfte etwa einige Jahre im voraus bezahlen muͤßte,
die andre Haͤlfte gewiß die Wohlthat der Nachbezah-
lung genieſſen wuͤrde, indem es nicht fehlen koͤnnte,
daß nicht ſehr viele Auffahrten und Sterbefaͤlle ſofort
zu bedingen ſeyn wuͤrden. Zudem wird
3) jeder Leibeigne es nicht auf die letzte Stunde ankom-
men laſſen, ſondern wenn er erſt weiß, daß das Er-
ſparte ſeinen Erben zu ſtatten koͤmmt, immer etwas zu
Bezahlung kuͤnftiger Sterbfaͤlle und Auffahrten zuruͤck-
legen; und da iſt es, wo nicht beſſer und ſicherer,
doch gewiß gleichguͤltig, ob er ſolches in ſeinen Schrank
legt, oder ſeinem Gutsherrn auf Abſchlag bezahlt.
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Zitationshilfe: | Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/352>, abgerufen am 16.02.2025. |