fünfhundert Thaler sind freyes natürliches (allodial) Ver- mögen, womit er nach seinem Gefallen handeln kann. We- gen der erstern ist er ein Mitglied der Compagnie, und wer das Recht der Sachen in einem Compagnierecht abhan- deln wollte, würde blos die Pflichten bestimmen, welche auf der Actie haften, sich aber durchaus nicht um das übri- ge Vermögen des Actionairs bekümmern. Gegen diesen of- fenbar richtigen Begriff stossen noch alle diejenigen an, wel- che das bürgerliche Sachenrecht behandeln.
Man glaubt nicht, daß dieses auf eine blosse Specula- tion hinaus laufe, und daß in unsern Zeiten, wo jeder Einwohner eines Staates mit seinem ganzen Vermögen für alle Ausgaben der bürgerlichen Compagnie zu haften scheinet, jener Unterschied völlig unnütz sey. Wahr ist es zwar, daß wir eben dadurch, daß wir nach und nach, da wir Vermögen- und Personensteuren eingeführet haben, nicht allein unsre liegende Gründe, sondern auch unsern Geldreichthum und selbst unsre Leiber mit in die Compagnie gelegt, folglich alles was wir haben und uns selbst zu Staatsactien gemacht haben. Allein eben diese Art der Vorstellung leitet uns doch zu einer bessern Ordnung unsrer Begriffe; sie zeigt in der natürlichen Geschichte der Staats- verfassung, wie zuerst blos das Land, was einer besessen, und wovon allein gedienet oder gesteuret wurde, die ur- sprüngliche Einlage zur Compagnie gewesen; wie zu dieser Zeit der Mann, der Waaren zu verkaufen oder Schuh zu machen gehabt, ohne Actie und folglich ein Knecht gewe- sen; wie derselbe später als die Landactie zur Bestreitung der Compagnieauslagen nicht mehr zureichen wollen, und er ebenfalls etwas von seinem baaren Vermögen oder Ver- dienste zuschiessen müssen, das Recht eines Actionisten er- halten; wie solches, so lange die Auslagen der Compagnie in persönlichen Heerdiensten bestanden, lange nicht füglich
gesche-
als eine Actie betrachtet.
fuͤnfhundert Thaler ſind freyes natuͤrliches (allodial) Ver- moͤgen, womit er nach ſeinem Gefallen handeln kann. We- gen der erſtern iſt er ein Mitglied der Compagnie, und wer das Recht der Sachen in einem Compagnierecht abhan- deln wollte, wuͤrde blos die Pflichten beſtimmen, welche auf der Actie haften, ſich aber durchaus nicht um das uͤbri- ge Vermoͤgen des Actionairs bekuͤmmern. Gegen dieſen of- fenbar richtigen Begriff ſtoſſen noch alle diejenigen an, wel- che das buͤrgerliche Sachenrecht behandeln.
Man glaubt nicht, daß dieſes auf eine bloſſe Specula- tion hinaus laufe, und daß in unſern Zeiten, wo jeder Einwohner eines Staates mit ſeinem ganzen Vermoͤgen fuͤr alle Ausgaben der buͤrgerlichen Compagnie zu haften ſcheinet, jener Unterſchied voͤllig unnuͤtz ſey. Wahr iſt es zwar, daß wir eben dadurch, daß wir nach und nach, da wir Vermoͤgen- und Perſonenſteuren eingefuͤhret haben, nicht allein unſre liegende Gruͤnde, ſondern auch unſern Geldreichthum und ſelbſt unſre Leiber mit in die Compagnie gelegt, folglich alles was wir haben und uns ſelbſt zu Staatsactien gemacht haben. Allein eben dieſe Art der Vorſtellung leitet uns doch zu einer beſſern Ordnung unſrer Begriffe; ſie zeigt in der natuͤrlichen Geſchichte der Staats- verfaſſung, wie zuerſt blos das Land, was einer beſeſſen, und wovon allein gedienet oder geſteuret wurde, die ur- ſpruͤngliche Einlage zur Compagnie geweſen; wie zu dieſer Zeit der Mann, der Waaren zu verkaufen oder Schuh zu machen gehabt, ohne Actie und folglich ein Knecht gewe- ſen; wie derſelbe ſpaͤter als die Landactie zur Beſtreitung der Compagnieauslagen nicht mehr zureichen wollen, und er ebenfalls etwas von ſeinem baaren Vermoͤgen oder Ver- dienſte zuſchieſſen muͤſſen, das Recht eines Actioniſten er- halten; wie ſolches, ſo lange die Auslagen der Compagnie in perſoͤnlichen Heerdienſten beſtanden, lange nicht fuͤglich
geſche-
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als eine Actie betrachtet.
fuͤnfhundert Thaler ſind freyes natuͤrliches (allodial) Ver-
moͤgen, womit er nach ſeinem Gefallen handeln kann. We-
gen der erſtern iſt er ein Mitglied der Compagnie, und wer
das Recht der Sachen in einem Compagnierecht abhan-
deln wollte, wuͤrde blos die Pflichten beſtimmen, welche
auf der Actie haften, ſich aber durchaus nicht um das uͤbri-
ge Vermoͤgen des Actionairs bekuͤmmern. Gegen dieſen of-
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che das buͤrgerliche Sachenrecht behandeln.
Man glaubt nicht, daß dieſes auf eine bloſſe Specula-
tion hinaus laufe, und daß in unſern Zeiten, wo jeder
Einwohner eines Staates mit ſeinem ganzen Vermoͤgen
fuͤr alle Ausgaben der buͤrgerlichen Compagnie zu haften
ſcheinet, jener Unterſchied voͤllig unnuͤtz ſey. Wahr iſt es
zwar, daß wir eben dadurch, daß wir nach und nach, da
wir Vermoͤgen- und Perſonenſteuren eingefuͤhret haben,
nicht allein unſre liegende Gruͤnde, ſondern auch unſern
Geldreichthum und ſelbſt unſre Leiber mit in die Compagnie
gelegt, folglich alles was wir haben und uns ſelbſt zu
Staatsactien gemacht haben. Allein eben dieſe Art der
Vorſtellung leitet uns doch zu einer beſſern Ordnung unſrer
Begriffe; ſie zeigt in der natuͤrlichen Geſchichte der Staats-
verfaſſung, wie zuerſt blos das Land, was einer beſeſſen,
und wovon allein gedienet oder geſteuret wurde, die ur-
ſpruͤngliche Einlage zur Compagnie geweſen; wie zu dieſer
Zeit der Mann, der Waaren zu verkaufen oder Schuh zu
machen gehabt, ohne Actie und folglich ein Knecht gewe-
ſen; wie derſelbe ſpaͤter als die Landactie zur Beſtreitung
der Compagnieauslagen nicht mehr zureichen wollen, und
er ebenfalls etwas von ſeinem baaren Vermoͤgen oder Ver-
dienſte zuſchieſſen muͤſſen, das Recht eines Actioniſten er-
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in perſoͤnlichen Heerdienſten beſtanden, lange nicht fuͤglich
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Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/315>, abgerufen am 16.02.2025.
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