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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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Gedanken

Im Stifte Oßnabrück befinden wir uns nun aber gerade
im Gegensatze. Anstatt jener Bezirke befinden sich lauter
einzelne Höfe; und wir können es so wohl nach der Natur,
als nach der Geschichte voraus setzen, daß jeder einzelner
Hof ursprünglich mit einem freyen Eigenthümer besetzt ge-
wesen.

Es sey nun geschehen zu welcher Zeit es wolle; aus
Noth, von einem erwählten Heerführer, oder von einem
Ueberwinder: so sind einmal je zehn und zehn, oder hun-
dert und hundert Bauerhöfe in eine Compagnie zusammen-
gesetzt und einem Hauptmann untergeben worden. Dieser
Hauptmann hat den Meyerhof zum Eigenthum besessen;
und hat

d) alle zu diesem Hofe gehörige Leute jährlich, oder so
oft es die Noth erfordert, auf seinem Hofe versammlet. Auf
diesem Meyerhofe ist
e) die gemeine Burg gewesen, wohin alle Hofhörige sich
mit dem Ihrigen, zur Zeit eines feindlichen Ueberfalls, bege-
ben haben. Sie haben
f) diese Burg mit gemeiner Hand erbauet, die Steine
dazu gefahren, das Dachstroh dazu geliefert, die Graben
umher geräumet und aufgeeiset, und kurz alles was wir
jetzt Burgfestendienste nennen, als gemeine Dienste dahin
verrichtet. Da man noch nicht schreiben konnte, haben sie
g) um ihr Recht zu dieser Burg, und ihre Angehörig-
keit zu beurkunden, dem Hauptmann jährlich ein Ey, ein
Huhn oder eine andre Sache geliefert. Sie haben, um ihn
h) für seine Mühe und Aufsicht zu belohnen, ihm
zweymal im Jahr bey Grase und bey Stroh einen Dienst
gethan; ihm einen Schutzpfennig gegeben, und es zu ihrer
Sicherheit auf seine Vorsorge ankommen lassen, welche
Fremde
Gedanken

Im Stifte Oßnabruͤck befinden wir uns nun aber gerade
im Gegenſatze. Anſtatt jener Bezirke befinden ſich lauter
einzelne Hoͤfe; und wir koͤnnen es ſo wohl nach der Natur,
als nach der Geſchichte voraus ſetzen, daß jeder einzelner
Hof urſpruͤnglich mit einem freyen Eigenthuͤmer beſetzt ge-
weſen.

Es ſey nun geſchehen zu welcher Zeit es wolle; aus
Noth, von einem erwaͤhlten Heerfuͤhrer, oder von einem
Ueberwinder: ſo ſind einmal je zehn und zehn, oder hun-
dert und hundert Bauerhoͤfe in eine Compagnie zuſammen-
geſetzt und einem Hauptmann untergeben worden. Dieſer
Hauptmann hat den Meyerhof zum Eigenthum beſeſſen;
und hat

d) alle zu dieſem Hofe gehoͤrige Leute jaͤhrlich, oder ſo
oft es die Noth erfordert, auf ſeinem Hofe verſammlet. Auf
dieſem Meyerhofe iſt
e) die gemeine Burg geweſen, wohin alle Hofhoͤrige ſich
mit dem Ihrigen, zur Zeit eines feindlichen Ueberfalls, bege-
ben haben. Sie haben
f) dieſe Burg mit gemeiner Hand erbauet, die Steine
dazu gefahren, das Dachſtroh dazu geliefert, die Graben
umher geraͤumet und aufgeeiſet, und kurz alles was wir
jetzt Burgfeſtendienſte nennen, als gemeine Dienſte dahin
verrichtet. Da man noch nicht ſchreiben konnte, haben ſie
g) um ihr Recht zu dieſer Burg, und ihre Angehoͤrig-
keit zu beurkunden, dem Hauptmann jaͤhrlich ein Ey, ein
Huhn oder eine andre Sache geliefert. Sie haben, um ihn
h) fuͤr ſeine Muͤhe und Aufſicht zu belohnen, ihm
zweymal im Jahr bey Graſe und bey Stroh einen Dienſt
gethan; ihm einen Schutzpfennig gegeben, und es zu ihrer
Sicherheit auf ſeine Vorſorge ankommen laſſen, welche
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[266/0280] Gedanken Im Stifte Oßnabruͤck befinden wir uns nun aber gerade im Gegenſatze. Anſtatt jener Bezirke befinden ſich lauter einzelne Hoͤfe; und wir koͤnnen es ſo wohl nach der Natur, als nach der Geſchichte voraus ſetzen, daß jeder einzelner Hof urſpruͤnglich mit einem freyen Eigenthuͤmer beſetzt ge- weſen. Es ſey nun geſchehen zu welcher Zeit es wolle; aus Noth, von einem erwaͤhlten Heerfuͤhrer, oder von einem Ueberwinder: ſo ſind einmal je zehn und zehn, oder hun- dert und hundert Bauerhoͤfe in eine Compagnie zuſammen- geſetzt und einem Hauptmann untergeben worden. Dieſer Hauptmann hat den Meyerhof zum Eigenthum beſeſſen; und hat d) alle zu dieſem Hofe gehoͤrige Leute jaͤhrlich, oder ſo oft es die Noth erfordert, auf ſeinem Hofe verſammlet. Auf dieſem Meyerhofe iſt e) die gemeine Burg geweſen, wohin alle Hofhoͤrige ſich mit dem Ihrigen, zur Zeit eines feindlichen Ueberfalls, bege- ben haben. Sie haben f) dieſe Burg mit gemeiner Hand erbauet, die Steine dazu gefahren, das Dachſtroh dazu geliefert, die Graben umher geraͤumet und aufgeeiſet, und kurz alles was wir jetzt Burgfeſtendienſte nennen, als gemeine Dienſte dahin verrichtet. Da man noch nicht ſchreiben konnte, haben ſie g) um ihr Recht zu dieſer Burg, und ihre Angehoͤrig- keit zu beurkunden, dem Hauptmann jaͤhrlich ein Ey, ein Huhn oder eine andre Sache geliefert. Sie haben, um ihn h) fuͤr ſeine Muͤhe und Aufſicht zu belohnen, ihm zweymal im Jahr bey Graſe und bey Stroh einen Dienſt gethan; ihm einen Schutzpfennig gegeben, und es zu ihrer Sicherheit auf ſeine Vorſorge ankommen laſſen, welche Fremde

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/280>, abgerufen am 24.11.2024.