bederbe elendhafte Ritter zur Busse eine Nacht auf dem Todtenbaum sitzen, und was er dort von den Geistern al- ler Weygandten und Thanen, die er in seinem Leben erschla- gen hatte, erleiden müssen; so würden sie gewiß nicht ver- langen, daß ich auf solche Ebentheuer ausziehen solle.
Gehaben Sie sich indessen wohl, Edle Polyxena; und glauben Sie gewiß, daß ich bis in den Tod sey etc.
Ortwein von der Linde.
XXIV. Die erste Landeskasse. An Dame Polyrena.
Omeine Theureste! ich habe Ihren Vorschlag noch ein- mal überlegt. Vielleicht wäre Ihnen damit gedient, wenn ich mich einigermassen auf die Landesverfassung ein- liesse. Ich kenne ihren Eifer für das gemeine Beste; und in dieser Absicht wäre es denn wohl besser, Ihnen heute et- was von dem Fortgang unsrer Landeskassen, als von der Mehrheit der Welten, oder den Würkungen, welche ein gelbes Licht auf eine rothe Schminke hat, vorzuplaudern. Zwar bin ich so wenig ein Fontenelle als ein Algarotti. Allein Sie sind auch keine Markise, die das Flitterhafte dem Grossen vorzieht; und unter uns Leute von Verstande ge- sagt, das nützliche hat doch immer seinen eignen Werth.
Unsre mehrsten Gelehrten steigen selten höher als zu den Türkensteuren hinauf, wenn sie uns den Ursprung der heutigen Landeskassen erklären wollen. Diese, meinen sie, hätten den ersten Anlaß zu einer Steuersammlung, und zu-
letzt
fuͤr die deutſchen Wochenſchriften.
bederbe elendhafte Ritter zur Buſſe eine Nacht auf dem Todtenbaum ſitzen, und was er dort von den Geiſtern al- ler Weygandten und Thanen, die er in ſeinem Leben erſchla- gen hatte, erleiden muͤſſen; ſo wuͤrden ſie gewiß nicht ver- langen, daß ich auf ſolche Ebentheuer ausziehen ſolle.
Gehaben Sie ſich indeſſen wohl, Edle Polyxena; und glauben Sie gewiß, daß ich bis in den Tod ſey ꝛc.
Ortwein von der Linde.
XXIV. Die erſte Landeskaſſe. An Dame Polyrena.
Omeine Theureſte! ich habe Ihren Vorſchlag noch ein- mal uͤberlegt. Vielleicht waͤre Ihnen damit gedient, wenn ich mich einigermaſſen auf die Landesverfaſſung ein- lieſſe. Ich kenne ihren Eifer fuͤr das gemeine Beſte; und in dieſer Abſicht waͤre es denn wohl beſſer, Ihnen heute et- was von dem Fortgang unſrer Landeskaſſen, als von der Mehrheit der Welten, oder den Wuͤrkungen, welche ein gelbes Licht auf eine rothe Schminke hat, vorzuplaudern. Zwar bin ich ſo wenig ein Fontenelle als ein Algarotti. Allein Sie ſind auch keine Markiſe, die das Flitterhafte dem Groſſen vorzieht; und unter uns Leute von Verſtande ge- ſagt, das nuͤtzliche hat doch immer ſeinen eignen Werth.
Unſre mehrſten Gelehrten ſteigen ſelten hoͤher als zu den Tuͤrkenſteuren hinauf, wenn ſie uns den Urſprung der heutigen Landeskaſſen erklaͤren wollen. Dieſe, meinen ſie, haͤtten den erſten Anlaß zu einer Steuerſammlung, und zu-
letzt
<TEI><text><body><divn="2"><p><pbfacs="#f0109"n="95"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">fuͤr die deutſchen Wochenſchriften.</hi></fw><lb/>
bederbe elendhafte Ritter zur Buſſe eine Nacht auf dem<lb/>
Todtenbaum ſitzen, und was er dort von den Geiſtern al-<lb/>
ler Weygandten und Thanen, die er in ſeinem Leben erſchla-<lb/>
gen hatte, erleiden muͤſſen; ſo wuͤrden ſie gewiß nicht ver-<lb/>
langen, daß ich auf ſolche Ebentheuer ausziehen ſolle.</p><lb/><p>Gehaben Sie ſich indeſſen wohl, Edle Polyxena; und<lb/>
glauben Sie gewiß, daß ich bis in den Tod ſey ꝛc.</p><lb/><closer><salute><hirendition="#et">Ortwein von der Linde.</hi></salute></closer></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq">XXIV.</hi><lb/><hirendition="#g">Die erſte Landeskaſſe.</hi><lb/>
An Dame Polyrena.</hi></head><lb/><p>Omeine Theureſte! ich habe Ihren Vorſchlag noch ein-<lb/>
mal uͤberlegt. Vielleicht waͤre Ihnen damit gedient,<lb/>
wenn ich mich einigermaſſen auf die Landesverfaſſung ein-<lb/>
lieſſe. Ich kenne ihren Eifer fuͤr das gemeine Beſte; und<lb/>
in dieſer Abſicht waͤre es denn wohl beſſer, Ihnen heute et-<lb/>
was von dem Fortgang unſrer Landeskaſſen, als von der<lb/>
Mehrheit der Welten, oder den Wuͤrkungen, welche ein<lb/>
gelbes Licht auf eine rothe Schminke hat, vorzuplaudern.<lb/>
Zwar bin ich ſo wenig ein <hirendition="#fr">Fontenelle</hi> als ein <hirendition="#fr">Algarotti.</hi><lb/>
Allein Sie ſind auch keine Markiſe, die das Flitterhafte dem<lb/>
Groſſen vorzieht; und unter uns Leute von Verſtande ge-<lb/>ſagt, das nuͤtzliche hat doch immer ſeinen eignen Werth.</p><lb/><p>Unſre mehrſten Gelehrten ſteigen ſelten hoͤher als zu<lb/>
den Tuͤrkenſteuren hinauf, wenn ſie uns den Urſprung der<lb/>
heutigen Landeskaſſen erklaͤren wollen. Dieſe, meinen ſie,<lb/>
haͤtten den erſten Anlaß zu einer Steuerſammlung, und zu-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">letzt</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[95/0109]
fuͤr die deutſchen Wochenſchriften.
bederbe elendhafte Ritter zur Buſſe eine Nacht auf dem
Todtenbaum ſitzen, und was er dort von den Geiſtern al-
ler Weygandten und Thanen, die er in ſeinem Leben erſchla-
gen hatte, erleiden muͤſſen; ſo wuͤrden ſie gewiß nicht ver-
langen, daß ich auf ſolche Ebentheuer ausziehen ſolle.
Gehaben Sie ſich indeſſen wohl, Edle Polyxena; und
glauben Sie gewiß, daß ich bis in den Tod ſey ꝛc.
Ortwein von der Linde.
XXIV.
Die erſte Landeskaſſe.
An Dame Polyrena.
Omeine Theureſte! ich habe Ihren Vorſchlag noch ein-
mal uͤberlegt. Vielleicht waͤre Ihnen damit gedient,
wenn ich mich einigermaſſen auf die Landesverfaſſung ein-
lieſſe. Ich kenne ihren Eifer fuͤr das gemeine Beſte; und
in dieſer Abſicht waͤre es denn wohl beſſer, Ihnen heute et-
was von dem Fortgang unſrer Landeskaſſen, als von der
Mehrheit der Welten, oder den Wuͤrkungen, welche ein
gelbes Licht auf eine rothe Schminke hat, vorzuplaudern.
Zwar bin ich ſo wenig ein Fontenelle als ein Algarotti.
Allein Sie ſind auch keine Markiſe, die das Flitterhafte dem
Groſſen vorzieht; und unter uns Leute von Verſtande ge-
ſagt, das nuͤtzliche hat doch immer ſeinen eignen Werth.
Unſre mehrſten Gelehrten ſteigen ſelten hoͤher als zu
den Tuͤrkenſteuren hinauf, wenn ſie uns den Urſprung der
heutigen Landeskaſſen erklaͤren wollen. Dieſe, meinen ſie,
haͤtten den erſten Anlaß zu einer Steuerſammlung, und zu-
letzt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/109>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.