Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.in seinen Klagen bey Landplagen seyn. groß, wer Mangel leidet, verringert sie, und die Einwohnerder Städte, denen das mächtige Herz nicht im Busen schlägt, was den edlen Landmann bey muthigen Sinne erhält, verza- gen entweder bey jedem üblen Anscheine, oder rechnen nur den Vortheil aus welchen sie vom Steigen und Fallen zu er- warten haben? Wo findet man also den unpartheyischen Zeu- gen, wenn man nicht aus eigner Erfahrung urtheilen kan? ... V. Die moralischen Vortheile der Landplagen. Owenn doch erst Ostern; wenn nur erst der lange Win- Nun sprach ich gestern zu ihm; Ostern ist da, und der Ja wohl ist es mir sauer geworden, antwortete er; Sie se- Flachs Mösers patr. Phantas. II. Th. C
in ſeinen Klagen bey Landplagen ſeyn. groß, wer Mangel leidet, verringert ſie, und die Einwohnerder Staͤdte, denen das maͤchtige Herz nicht im Buſen ſchlaͤgt, was den edlen Landmann bey muthigen Sinne erhaͤlt, verza- gen entweder bey jedem uͤblen Anſcheine, oder rechnen nur den Vortheil aus welchen ſie vom Steigen und Fallen zu er- warten haben? Wo findet man alſo den unpartheyiſchen Zeu- gen, wenn man nicht aus eigner Erfahrung urtheilen kan? … V. Die moraliſchen Vortheile der Landplagen. Owenn doch erſt Oſtern; wenn nur erſt der lange Win- Nun ſprach ich geſtern zu ihm; Oſtern iſt da, und der Ja wohl iſt es mir ſauer geworden, antwortete er; Sie ſe- Flachs Möſers patr. Phantaſ. II. Th. C
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in ſeinen Klagen bey Landplagen ſeyn.
groß, wer Mangel leidet, verringert ſie, und die Einwohner
der Staͤdte, denen das maͤchtige Herz nicht im Buſen ſchlaͤgt,
was den edlen Landmann bey muthigen Sinne erhaͤlt, verza-
gen entweder bey jedem uͤblen Anſcheine, oder rechnen nur
den Vortheil aus welchen ſie vom Steigen und Fallen zu er-
warten haben? Wo findet man alſo den unpartheyiſchen Zeu-
gen, wenn man nicht aus eigner Erfahrung urtheilen kan? …
V.
Die moraliſchen Vortheile der
Landplagen.
Owenn doch erſt Oſtern; wenn nur erſt der lange Win-
ter voruͤber ſeyn moͤchte! ſagte im vorigen Herbſte ein
Heuermann zu mir, der fuͤr ſich eine Frau und ſieben Kinder
nicht ſo viel geerndtet hatte, als er bis Martini gebrauchte;
dem ſein geſaͤeter Lein nicht aufgegangen war, und den die
vorjaͤhrige Theurung bereits außer Stand geſetzt hatte, ſeinem
Wirthe die letztverſchienene Heuer zu bezahlen.
Nun ſprach ich geſtern zu ihm; Oſtern iſt da, und der
lange Winter voruͤber, und ich ſehe, ihr lebt doch noch mit
eurer Frau und allen euren Kindern! Ich glaube zwar wohl,
ihr habt euer Brodt ſauer erworben, aber es wird euch auch
nie ſo gut geſchmeckt haben, als dieſen Winter, da es das ra-
reſte war, was ihr hattet.
Ja wohl iſt es mir ſauer geworden, antwortete er; Sie ſe-
hen meine ganze Huͤtte ledig, meine Frau und Kinder nackend,
und mich entkraͤftet; ſo ſauer iſt es uns geworden. Das
Flachs
Möſers patr. Phantaſ. II. Th. C
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