ficare faciat. Quod si una pars ei ad hoc consentire noluerit, id est aut ille qui homicidium commisit, aut is qui compositionem recipere debet, faciat illum qui ei contumax fuerit ad praesentiam nostram ve- nire, ut eum ad tempus quo nobis placuerit in exi- lium mittamus, donec ibi castigetur ut comiti suo inobediens esse ulterius non audeat et maius dam- num inde non accrescat.
Hier fragte ich, warum der Graf als der höchste Richter in seiner Grafschaft, der unter des Kaysers Banne richtete, ge- gen diejenigen, die seinem Urtheile gemäs das Wehrgeld für einen Todtschlag entweder nicht bezahlen oder nicht annehmen wollten, nicht weiter verfahren, sondern es dem Kayser mel- den sollen? und die einzige Antwort, welche ich mir hierauf zu geben wußte, war diese: Daß der ordentliche höchste Richter bey den Deutschen zwar über Blut, aber lediglich zur Erhaltung oder zum Wehrgelde richten, mithin keinen freyen Menschen zu Leib- und Lebensstrafen verdammen können. Ich fragte weiter: Wie der Kayser sich von allen solchen Vor- fällen Rechenschaft geben lassen und solche seinem höchsten Ur- theile vorbehalten können, ohne die Criminaljurisdiction auf eine ganz ungemeine Art zu verwirren oder aufzuhalten; und die beste Antwort, die ich mir zu geben wußte, war diese: Daß der kayserliche Missus, eben wie jetzt der päbstliche Nuntius, personalis praesentiae imperatoriae vel pontificalis locumtenens gewesen, und das vorhin an- gezogene Gesetz weiter nichts sagen wolle, als daß der Graf einen solchen Missethäter dem Misso bekannt ma- chen solle.
Auf
Eine Hypotheſe zur beſſern Aufklaͤrung
ficare faciat. Quod ſi una pars ei ad hoc conſentire noluerit, id eſt aut ille qui homicidium commiſit, aut is qui compoſitionem recipere debet, faciat illum qui ei contumax fuerit ad praeſentiam noſtram ve- nire, ut eum ad tempus quo nobis placuerit in exi- lium mittamus, donec ibi caſtigetur ut comiti ſuo inobediens eſſe ulterius non audeat et maius dam- num inde non accreſcat.
Hier fragte ich, warum der Graf als der hoͤchſte Richter in ſeiner Grafſchaft, der unter des Kayſers Banne richtete, ge- gen diejenigen, die ſeinem Urtheile gemaͤs das Wehrgeld fuͤr einen Todtſchlag entweder nicht bezahlen oder nicht annehmen wollten, nicht weiter verfahren, ſondern es dem Kayſer mel- den ſollen? und die einzige Antwort, welche ich mir hierauf zu geben wußte, war dieſe: Daß der ordentliche hoͤchſte Richter bey den Deutſchen zwar uͤber Blut, aber lediglich zur Erhaltung oder zum Wehrgelde richten, mithin keinen freyen Menſchen zu Leib- und Lebensſtrafen verdammen koͤnnen. Ich fragte weiter: Wie der Kayſer ſich von allen ſolchen Vor- faͤllen Rechenſchaft geben laſſen und ſolche ſeinem hoͤchſten Ur- theile vorbehalten koͤnnen, ohne die Criminaljurisdiction auf eine ganz ungemeine Art zu verwirren oder aufzuhalten; und die beſte Antwort, die ich mir zu geben wußte, war dieſe: Daß der kayſerliche Miſſus, eben wie jetzt der paͤbſtliche Nuntius, perſonalis praeſentiae imperatoriae vel pontificalis locumtenens geweſen, und das vorhin an- gezogene Geſetz weiter nichts ſagen wolle, als daß der Graf einen ſolchen Miſſethaͤter dem Miſſo bekannt ma- chen ſolle.
Auf
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[470/0488]
Eine Hypotheſe zur beſſern Aufklaͤrung
ficare faciat. Quod ſi una pars ei ad hoc conſentire
noluerit, id eſt aut ille qui homicidium commiſit,
aut is qui compoſitionem recipere debet, faciat illum
qui ei contumax fuerit ad praeſentiam noſtram ve-
nire, ut eum ad tempus quo nobis placuerit in exi-
lium mittamus, donec ibi caſtigetur ut comiti ſuo
inobediens eſſe ulterius non audeat et maius dam-
num inde non accreſcat.
Hier fragte ich, warum der Graf als der hoͤchſte Richter in
ſeiner Grafſchaft, der unter des Kayſers Banne richtete, ge-
gen diejenigen, die ſeinem Urtheile gemaͤs das Wehrgeld fuͤr
einen Todtſchlag entweder nicht bezahlen oder nicht annehmen
wollten, nicht weiter verfahren, ſondern es dem Kayſer mel-
den ſollen? und die einzige Antwort, welche ich mir hierauf
zu geben wußte, war dieſe:
Daß der ordentliche hoͤchſte Richter bey den Deutſchen
zwar uͤber Blut, aber lediglich zur Erhaltung oder
zum Wehrgelde richten, mithin keinen freyen Menſchen
zu Leib- und Lebensſtrafen verdammen koͤnnen.
Ich fragte weiter: Wie der Kayſer ſich von allen ſolchen Vor-
faͤllen Rechenſchaft geben laſſen und ſolche ſeinem hoͤchſten Ur-
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eine ganz ungemeine Art zu verwirren oder aufzuhalten; und
die beſte Antwort, die ich mir zu geben wußte, war dieſe:
Daß der kayſerliche Miſſus, eben wie jetzt der paͤbſtliche
Nuntius, perſonalis praeſentiae imperatoriae vel
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/488>, abgerufen am 22.11.2024.
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