sind so hoch und strenge, daß sie mit der Zeit, wenn erst alles selbst im Lande gemacht werden kan, nichts mehr von uns nehmen können, und Pohlen ....... Deutschland aber allein hat kein gemeinschaftliches Interesse wodurch seine Seehäfen mit dem innern Lande zu einem Zwecke gestimmt und gebracht werden könnten. Dessen Zollwesen steht noch auf denselben Grundsätzen, worauf es vor 500 Jahren, wie alle seine Nach- baren noch von seinen Kaufleuten abhängig waren, gestan- den hat; und in jeder Capitulation wird es, in Rücksicht auf seinen würklichen Zustand mit dem besten Grunde, sonst aber wahrlich ohne Rücksicht auf die Handlung wiederholet, daß kein neuer Zoll angelegt, kein alter erhöhet, und somit das werthe Vaterland allen wachsamen Nationen zum bestän- digen Raube gelassen werden solle.
LXXXIV. Von dem öffentlichen Credit, und dessen großen Nutzen.
Es kömmt vielen unglaublich vor, wenn man ihnen sagt, daß ein Staat durch Schulden machen reicher werde; und gleichwol müssen die eifrigsten Feinde dieser Behauptung einräumen, daß England in vorigem Kriege keine 50 Millio- nen Pf. St. würde haben aufleihen können, wenn es nicht vorher schon achtzig schuldig gewesen wäre. Sie gestehen, eine Nation, welche noch gar keine Schulden und höchstens sechs Millionen baares Geld habe, könne unmöglich in einem Jahre 12 Millionen aufleihen, und ein Drittel davon ausser halb Landes verwenden, ohne die ganze einheimische Circula-
tion
F f 4
des Reichscammergerichts.
ſind ſo hoch und ſtrenge, daß ſie mit der Zeit, wenn erſt alles ſelbſt im Lande gemacht werden kan, nichts mehr von uns nehmen koͤnnen, und Pohlen ....... Deutſchland aber allein hat kein gemeinſchaftliches Intereſſe wodurch ſeine Seehaͤfen mit dem innern Lande zu einem Zwecke geſtimmt und gebracht werden koͤnnten. Deſſen Zollweſen ſteht noch auf denſelben Grundſaͤtzen, worauf es vor 500 Jahren, wie alle ſeine Nach- baren noch von ſeinen Kaufleuten abhaͤngig waren, geſtan- den hat; und in jeder Capitulation wird es, in Ruͤckſicht auf ſeinen wuͤrklichen Zuſtand mit dem beſten Grunde, ſonſt aber wahrlich ohne Ruͤckſicht auf die Handlung wiederholet, daß kein neuer Zoll angelegt, kein alter erhoͤhet, und ſomit das werthe Vaterland allen wachſamen Nationen zum beſtaͤn- digen Raube gelaſſen werden ſolle.
LXXXIV. Von dem oͤffentlichen Credit, und deſſen großen Nutzen.
Es koͤmmt vielen unglaublich vor, wenn man ihnen ſagt, daß ein Staat durch Schulden machen reicher werde; und gleichwol muͤſſen die eifrigſten Feinde dieſer Behauptung einraͤumen, daß England in vorigem Kriege keine 50 Millio- nen Pf. St. wuͤrde haben aufleihen koͤnnen, wenn es nicht vorher ſchon achtzig ſchuldig geweſen waͤre. Sie geſtehen, eine Nation, welche noch gar keine Schulden und hoͤchſtens ſechs Millionen baares Geld habe, koͤnne unmoͤglich in einem Jahre 12 Millionen aufleihen, und ein Drittel davon auſſer halb Landes verwenden, ohne die ganze einheimiſche Circula-
tion
F f 4
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0473"n="455"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">des Reichscammergerichts.</hi></fw><lb/>ſind ſo hoch und ſtrenge, daß ſie mit der Zeit, wenn erſt alles<lb/>ſelbſt im Lande gemacht werden kan, nichts mehr von uns nehmen<lb/>
koͤnnen, und Pohlen ....... Deutſchland aber allein hat<lb/>
kein gemeinſchaftliches Intereſſe wodurch ſeine Seehaͤfen mit<lb/>
dem innern Lande zu einem Zwecke geſtimmt und gebracht<lb/>
werden koͤnnten. Deſſen Zollweſen ſteht noch auf denſelben<lb/>
Grundſaͤtzen, worauf es vor 500 Jahren, wie alle ſeine Nach-<lb/>
baren noch von ſeinen Kaufleuten abhaͤngig waren, geſtan-<lb/>
den hat; und in jeder Capitulation wird es, in Ruͤckſicht<lb/>
auf ſeinen wuͤrklichen Zuſtand mit dem beſten Grunde, ſonſt<lb/>
aber wahrlich ohne Ruͤckſicht auf die Handlung wiederholet,<lb/>
daß kein neuer Zoll angelegt, kein alter erhoͤhet, und ſomit<lb/>
das werthe Vaterland allen wachſamen Nationen zum beſtaͤn-<lb/>
digen Raube gelaſſen werden ſolle.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq">LXXXIV.</hi><lb/>
Von dem oͤffentlichen Credit, und deſſen<lb/>
großen Nutzen.</hi></head><lb/><p>Es koͤmmt vielen unglaublich vor, wenn man ihnen ſagt,<lb/><hirendition="#fr">daß ein Staat durch Schulden machen</hi> reicher werde;<lb/>
und gleichwol muͤſſen die eifrigſten Feinde dieſer Behauptung<lb/>
einraͤumen, daß England in vorigem Kriege keine 50 Millio-<lb/>
nen Pf. St. wuͤrde haben aufleihen koͤnnen, wenn es nicht<lb/>
vorher ſchon achtzig ſchuldig geweſen waͤre. Sie geſtehen,<lb/>
eine Nation, welche noch gar keine Schulden und hoͤchſtens<lb/>ſechs Millionen baares Geld habe, koͤnne unmoͤglich in einem<lb/>
Jahre 12 Millionen aufleihen, und ein Drittel davon auſſer<lb/>
halb Landes verwenden, ohne die ganze einheimiſche Circula-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">F f 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">tion</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[455/0473]
des Reichscammergerichts.
ſind ſo hoch und ſtrenge, daß ſie mit der Zeit, wenn erſt alles
ſelbſt im Lande gemacht werden kan, nichts mehr von uns nehmen
koͤnnen, und Pohlen ....... Deutſchland aber allein hat
kein gemeinſchaftliches Intereſſe wodurch ſeine Seehaͤfen mit
dem innern Lande zu einem Zwecke geſtimmt und gebracht
werden koͤnnten. Deſſen Zollweſen ſteht noch auf denſelben
Grundſaͤtzen, worauf es vor 500 Jahren, wie alle ſeine Nach-
baren noch von ſeinen Kaufleuten abhaͤngig waren, geſtan-
den hat; und in jeder Capitulation wird es, in Ruͤckſicht
auf ſeinen wuͤrklichen Zuſtand mit dem beſten Grunde, ſonſt
aber wahrlich ohne Ruͤckſicht auf die Handlung wiederholet,
daß kein neuer Zoll angelegt, kein alter erhoͤhet, und ſomit
das werthe Vaterland allen wachſamen Nationen zum beſtaͤn-
digen Raube gelaſſen werden ſolle.
LXXXIV.
Von dem oͤffentlichen Credit, und deſſen
großen Nutzen.
Es koͤmmt vielen unglaublich vor, wenn man ihnen ſagt,
daß ein Staat durch Schulden machen reicher werde;
und gleichwol muͤſſen die eifrigſten Feinde dieſer Behauptung
einraͤumen, daß England in vorigem Kriege keine 50 Millio-
nen Pf. St. wuͤrde haben aufleihen koͤnnen, wenn es nicht
vorher ſchon achtzig ſchuldig geweſen waͤre. Sie geſtehen,
eine Nation, welche noch gar keine Schulden und hoͤchſtens
ſechs Millionen baares Geld habe, koͤnne unmoͤglich in einem
Jahre 12 Millionen aufleihen, und ein Drittel davon auſſer
halb Landes verwenden, ohne die ganze einheimiſche Circula-
tion
F f 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/473>, abgerufen am 03.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.