durch meinen Bau zu erkennen gegeben habe, und was ihr durch euren öffentlichen Beyfall immerfort unterhalten habt, auf das schändlichste hintergangen werde? Ihr wollet behaup- ten, daß ein jeder die Freyheit habe, auf dem Seinigen zu thun was er wolle; daß ich kein Zwangrecht erlangt habe; und daß ein ander sich eben der Freyheit bedienen könne, deren ich mich bedient habe? Ihr wollet es zum Gesetze machen, daß die Anlegung einer Mühle zu den freyen und willkührli- chen Handlungen gehöre, die so lange ihr euch eurer Freyheit nicht begeben habt, keinem verwehret werden könne? ...
O meine lieben Freunde bedenket wohl was ihr thut; Ihr habt noch eine Kirche, viele Brücken, verschiedene Heerstras- sen, einen Canal, eine Wasserleitung -- ihr habt noch eine Brauerey, ein Wirthshaus, eine Schönfärberey und viele andre kostbare Anlagen nöthig, ehe ihr in den Stand kommt, dasjenige, was euch die Natur hier beschert hat, auf das beste zu nutzen, eurer Händearbeit die gehörige Vollkommenheit zu geben, und euch nur einiger maßen zu einem Staate zu bil- den? Wer wird es aber wagen dergleichen auf seine Kosten auszuführen, wenn ihr ihm auf gleiche Art begegnen wollet? Wer wird die Kirche bauen, wenn jeder seine Stube zur Ca- pelle machen will? Wer wird den Bau einer Brücke oder Heerstraße wagen, wenn ihr, so bald solches geschehn, einem andern gestatten wollet neben der Brücke nur ein Fährschiff zu halten, oder so oft er kan, den Zoll auf der Heerstraße zu ver- fahren? Wer wird die kostbare Wasserleitung, die von jenem Berge über eine Stunde Weges hieher gehen müßte, anle- gen, wenn ihr diese Unternehmung, die jetzt einem jeden frey- steht, so bald sie vollführet ist, andern nicht verbieten wollet? Bedenkt es wohl, sage ich noch einmal, was ihr thut; nichts ist jetzt freyer und willkührlicher als die Anlegung einer Post zu unsern benachbarten Colonien. Tausend wünschen sie, und
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eine Rede auf ein. neuen Dorfe in Jamaica geh.
durch meinen Bau zu erkennen gegeben habe, und was ihr durch euren oͤffentlichen Beyfall immerfort unterhalten habt, auf das ſchaͤndlichſte hintergangen werde? Ihr wollet behaup- ten, daß ein jeder die Freyheit habe, auf dem Seinigen zu thun was er wolle; daß ich kein Zwangrecht erlangt habe; und daß ein ander ſich eben der Freyheit bedienen koͤnne, deren ich mich bedient habe? Ihr wollet es zum Geſetze machen, daß die Anlegung einer Muͤhle zu den freyen und willkuͤhrli- chen Handlungen gehoͤre, die ſo lange ihr euch eurer Freyheit nicht begeben habt, keinem verwehret werden koͤnne? …
O meine lieben Freunde bedenket wohl was ihr thut; Ihr habt noch eine Kirche, viele Bruͤcken, verſchiedene Heerſtraſ- ſen, einen Canal, eine Waſſerleitung — ihr habt noch eine Brauerey, ein Wirthshaus, eine Schoͤnfaͤrberey und viele andre koſtbare Anlagen noͤthig, ehe ihr in den Stand kommt, dasjenige, was euch die Natur hier beſchert hat, auf das beſte zu nutzen, eurer Haͤndearbeit die gehoͤrige Vollkommenheit zu geben, und euch nur einiger maßen zu einem Staate zu bil- den? Wer wird es aber wagen dergleichen auf ſeine Koſten auszufuͤhren, wenn ihr ihm auf gleiche Art begegnen wollet? Wer wird die Kirche bauen, wenn jeder ſeine Stube zur Ca- pelle machen will? Wer wird den Bau einer Bruͤcke oder Heerſtraße wagen, wenn ihr, ſo bald ſolches geſchehn, einem andern geſtatten wollet neben der Bruͤcke nur ein Faͤhrſchiff zu halten, oder ſo oft er kan, den Zoll auf der Heerſtraße zu ver- fahren? Wer wird die koſtbare Waſſerleitung, die von jenem Berge uͤber eine Stunde Weges hieher gehen muͤßte, anle- gen, wenn ihr dieſe Unternehmung, die jetzt einem jeden frey- ſteht, ſo bald ſie vollfuͤhret iſt, andern nicht verbieten wollet? Bedenkt es wohl, ſage ich noch einmal, was ihr thut; nichts iſt jetzt freyer und willkuͤhrlicher als die Anlegung einer Poſt zu unſern benachbarten Colonien. Tauſend wuͤnſchen ſie, und
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eine Rede auf ein. neuen Dorfe in Jamaica geh.
durch meinen Bau zu erkennen gegeben habe, und was ihr
durch euren oͤffentlichen Beyfall immerfort unterhalten habt,
auf das ſchaͤndlichſte hintergangen werde? Ihr wollet behaup-
ten, daß ein jeder die Freyheit habe, auf dem Seinigen zu
thun was er wolle; daß ich kein Zwangrecht erlangt habe;
und daß ein ander ſich eben der Freyheit bedienen koͤnne, deren
ich mich bedient habe? Ihr wollet es zum Geſetze machen,
daß die Anlegung einer Muͤhle zu den freyen und willkuͤhrli-
chen Handlungen gehoͤre, die ſo lange ihr euch eurer Freyheit
nicht begeben habt, keinem verwehret werden koͤnne? …
O meine lieben Freunde bedenket wohl was ihr thut; Ihr
habt noch eine Kirche, viele Bruͤcken, verſchiedene Heerſtraſ-
ſen, einen Canal, eine Waſſerleitung — ihr habt noch eine
Brauerey, ein Wirthshaus, eine Schoͤnfaͤrberey und viele
andre koſtbare Anlagen noͤthig, ehe ihr in den Stand kommt,
dasjenige, was euch die Natur hier beſchert hat, auf das beſte
zu nutzen, eurer Haͤndearbeit die gehoͤrige Vollkommenheit zu
geben, und euch nur einiger maßen zu einem Staate zu bil-
den? Wer wird es aber wagen dergleichen auf ſeine Koſten
auszufuͤhren, wenn ihr ihm auf gleiche Art begegnen wollet?
Wer wird die Kirche bauen, wenn jeder ſeine Stube zur Ca-
pelle machen will? Wer wird den Bau einer Bruͤcke oder
Heerſtraße wagen, wenn ihr, ſo bald ſolches geſchehn, einem
andern geſtatten wollet neben der Bruͤcke nur ein Faͤhrſchiff zu
halten, oder ſo oft er kan, den Zoll auf der Heerſtraße zu ver-
fahren? Wer wird die koſtbare Waſſerleitung, die von jenem
Berge uͤber eine Stunde Weges hieher gehen muͤßte, anle-
gen, wenn ihr dieſe Unternehmung, die jetzt einem jeden frey-
ſteht, ſo bald ſie vollfuͤhret iſt, andern nicht verbieten wollet?
Bedenkt es wohl, ſage ich noch einmal, was ihr thut; nichts
iſt jetzt freyer und willkuͤhrlicher als die Anlegung einer Poſt
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/423>, abgerufen am 23.07.2024.
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