Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.Original als Copey zu seyn. zum Kleide genommen hatte. Denn er bat mich zugleich ihmnoch den Abend die Ehre zu thun und ein Soupe fin dans sae petite maison bey ihm einzunehmen, jetzt aber zu erlauben, daß er wieder forteilen dürfte, weil er noch einen deutschen Prinzen und sechs Hofcavaliers zu machen hätte. Ich dankte ihm voll Verwirrung, und hätte ihn vielleicht an den Wagen begleitet, wenn mich nicht ein anderer Mann in einem eben so prächtigen Kleide an der Thür aufgehalten hätte. Dieses war mein Hauswirth, welcher mir, weil ich einen Frieseur verlangt hatte, seine unterthänigen Dienste anbot, und mich fragte, ob ich en aimable etourdi, en abbe minaudant, en Musquetaire a la morbleu, en homme a sentimens oder auch en Neitre allemand ausgesetzt seyn wollte? so sollte gleich sein erster Commiß, der, ich weis nicht, wie viel Herzoge fri- sirte, seine Aufwartung bey mir machen. Bald hätte ich mir letzteres erwählet, wenn nicht eben ein bestellter Miethlaquais herein getreten wäre, und ohne alle weitere Vorrede befohlen hätte, mich a la meaupou zu frisiren. Dieser junge Mensch hies meinen Wirth im Staatskleide sogleich einen sot; zeigte mir in einer Secunde eine nagelneue Dose von Martin, eine goldne Uhr von tertre, Mansietten a triple rang, und über- hin la plus sine Jambe du monde. Jetzt trat mein Freund, ein junger allerliebster Franzose, herein, dem ich aus Holland empfohlen worden. Niemals hat sich ein Mensch mehr über meine Ankunft erfreuet als dieser. Ich getraue mir sein Bild nicht zu entwerfen. Es war ein ganz unbeschreiblicher Mann, und unser Vertrauen gieng sogleich über alles. Er sagte mir, nachdem er meine Gestalt durchgelaufen war, mit einer Auf- richtigkeit, die mich noch rühret, wie er mich schwerlich in die gute Gesellschaft bringen könnte, weil ich die platteste Fi- gur von der Welt wäre. Doch setzte er endlich hinzu, wollte er, um seine Zeit zu verlieren, mich als einen Bären einfüh- ren Mösers patr. Phantas. II. Th. Z
Original als Copey zu ſeyn. zum Kleide genommen hatte. Denn er bat mich zugleich ihmnoch den Abend die Ehre zu thun und ein Soupé fin dans ſæ petite maiſon bey ihm einzunehmen, jetzt aber zu erlauben, daß er wieder forteilen duͤrfte, weil er noch einen deutſchen Prinzen und ſechs Hofcavaliers zu machen haͤtte. Ich dankte ihm voll Verwirrung, und haͤtte ihn vielleicht an den Wagen begleitet, wenn mich nicht ein anderer Mann in einem eben ſo praͤchtigen Kleide an der Thuͤr aufgehalten haͤtte. Dieſes war mein Hauswirth, welcher mir, weil ich einen Frieſeur verlangt hatte, ſeine unterthaͤnigen Dienſte anbot, und mich fragte, ob ich en aimable etourdi, en abbé minaudant, en Musquetaire à la morbleu, en homme à ſentimens oder auch en Neitre allemand ausgeſetzt ſeyn wollte? ſo ſollte gleich ſein erſter Commiß, der, ich weis nicht, wie viel Herzoge fri- ſirte, ſeine Aufwartung bey mir machen. Bald haͤtte ich mir letzteres erwaͤhlet, wenn nicht eben ein beſtellter Miethlaquais herein getreten waͤre, und ohne alle weitere Vorrede befohlen haͤtte, mich a la meaupou zu friſiren. Dieſer junge Menſch hies meinen Wirth im Staatskleide ſogleich einen ſot; zeigte mir in einer Secunde eine nagelneue Doſe von Martin, eine goldne Uhr von tertre, Manſietten a triple rang, und uͤber- hin la plus ſine Jambe du monde. Jetzt trat mein Freund, ein junger allerliebſter Franzoſe, herein, dem ich aus Holland empfohlen worden. Niemals hat ſich ein Menſch mehr uͤber meine Ankunft erfreuet als dieſer. Ich getraue mir ſein Bild nicht zu entwerfen. Es war ein ganz unbeſchreiblicher Mann, und unſer Vertrauen gieng ſogleich uͤber alles. Er ſagte mir, nachdem er meine Geſtalt durchgelaufen war, mit einer Auf- richtigkeit, die mich noch ruͤhret, wie er mich ſchwerlich in die gute Geſellſchaft bringen koͤnnte, weil ich die platteſte Fi- gur von der Welt waͤre. Doch ſetzte er endlich hinzu, wollte er, um ſeine Zeit zu verlieren, mich als einen Baͤren einfuͤh- ren Möſers patr. Phantaſ. II. Th. Z
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Original als Copey zu ſeyn.
zum Kleide genommen hatte. Denn er bat mich zugleich ihm
noch den Abend die Ehre zu thun und ein Soupé fin dans ſæ
petite maiſon bey ihm einzunehmen, jetzt aber zu erlauben,
daß er wieder forteilen duͤrfte, weil er noch einen deutſchen
Prinzen und ſechs Hofcavaliers zu machen haͤtte. Ich dankte
ihm voll Verwirrung, und haͤtte ihn vielleicht an den Wagen
begleitet, wenn mich nicht ein anderer Mann in einem eben
ſo praͤchtigen Kleide an der Thuͤr aufgehalten haͤtte. Dieſes
war mein Hauswirth, welcher mir, weil ich einen Frieſeur
verlangt hatte, ſeine unterthaͤnigen Dienſte anbot, und mich
fragte, ob ich en aimable etourdi, en abbé minaudant, en
Musquetaire à la morbleu, en homme à ſentimens oder
auch en Neitre allemand ausgeſetzt ſeyn wollte? ſo ſollte gleich
ſein erſter Commiß, der, ich weis nicht, wie viel Herzoge fri-
ſirte, ſeine Aufwartung bey mir machen. Bald haͤtte ich mir
letzteres erwaͤhlet, wenn nicht eben ein beſtellter Miethlaquais
herein getreten waͤre, und ohne alle weitere Vorrede befohlen
haͤtte, mich a la meaupou zu friſiren. Dieſer junge Menſch
hies meinen Wirth im Staatskleide ſogleich einen ſot; zeigte
mir in einer Secunde eine nagelneue Doſe von Martin, eine
goldne Uhr von tertre, Manſietten a triple rang, und uͤber-
hin la plus ſine Jambe du monde. Jetzt trat mein Freund,
ein junger allerliebſter Franzoſe, herein, dem ich aus Holland
empfohlen worden. Niemals hat ſich ein Menſch mehr uͤber
meine Ankunft erfreuet als dieſer. Ich getraue mir ſein Bild
nicht zu entwerfen. Es war ein ganz unbeſchreiblicher Mann,
und unſer Vertrauen gieng ſogleich uͤber alles. Er ſagte mir,
nachdem er meine Geſtalt durchgelaufen war, mit einer Auf-
richtigkeit, die mich noch ruͤhret, wie er mich ſchwerlich in
die gute Geſellſchaft bringen koͤnnte, weil ich die platteſte Fi-
gur von der Welt waͤre. Doch ſetzte er endlich hinzu, wollte
er, um ſeine Zeit zu verlieren, mich als einen Baͤren einfuͤh-
ren
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