und wenn der Beweis in der Kriegesinstanz vollführt, noch einmal Hand an die Sache schlagen, und sich die Acten auf einen Monat, um die Güte zu versuchen, geben lassen kön- nen, wenn es der eine oder andre Theil auf seine Kosten verlangte.
LV. Schreiben eines reisenden Parisers an seinen Wirth in Westphalen.
Gott sey Lob und Dank, daß ich doch endlich wieder hier und einiger maßen bey halbmenschlichen Geschöpfen bin; denn in H.... hat doch noch einer oder andre die Seine gesehen, oder im Parterre pfeifen gehöret. Aber bey euch in Westphalen, ist das ein Wust von runden ehrlichen Leuten, die man ohne Schaden nach dem Gewichte verkaufen könnte; man erstickt bey eurer vielen Gesundheit, und eure sogenann- ten Damen haben eine Physionomie, wobey einem angst und bange werden sollte, wenn sie nicht zum Glück für uns ver- nünftig wären. Sie haben nichts von dem sanften Gelispel, nichts von der zärtlichen Mattigkeit, nichts von der zittern- den Empfindsamkeit, und überhaupt nichts von der unaus- sprechlichen Morbidezza, welche die geringste Bürgerfrau in Paris sich so oft sie will zu geben weis. Das feine Son- derbare, die künstlichen Launen, die schlauen Quälereyen, und alle die kleinen allerliebsten Spitzen, womit das andre Geschlecht bey uns eine rechte Zauberkraft ausübt, sind ihnen eben so unbekannt, als unsre schwebenden Ruhebettgen im rosenfarbigen Sommercabinet. Sie lachten sogar über die
letztern,
Schreiben eines reiſenden Pariſers
und wenn der Beweis in der Kriegesinſtanz vollfuͤhrt, noch einmal Hand an die Sache ſchlagen, und ſich die Acten auf einen Monat, um die Guͤte zu verſuchen, geben laſſen koͤn- nen, wenn es der eine oder andre Theil auf ſeine Koſten verlangte.
LV. Schreiben eines reiſenden Pariſers an ſeinen Wirth in Weſtphalen.
Gott ſey Lob und Dank, daß ich doch endlich wieder hier und einiger maßen bey halbmenſchlichen Geſchoͤpfen bin; denn in H.... hat doch noch einer oder andre die Seine geſehen, oder im Parterre pfeifen gehoͤret. Aber bey euch in Weſtphalen, iſt das ein Wuſt von runden ehrlichen Leuten, die man ohne Schaden nach dem Gewichte verkaufen koͤnnte; man erſtickt bey eurer vielen Geſundheit, und eure ſogenann- ten Damen haben eine Phyſionomie, wobey einem angſt und bange werden ſollte, wenn ſie nicht zum Gluͤck fuͤr uns ver- nuͤnftig waͤren. Sie haben nichts von dem ſanften Geliſpel, nichts von der zaͤrtlichen Mattigkeit, nichts von der zittern- den Empfindſamkeit, und uͤberhaupt nichts von der unaus- ſprechlichen Morbidezza, welche die geringſte Buͤrgerfrau in Paris ſich ſo oft ſie will zu geben weis. Das feine Son- derbare, die kuͤnſtlichen Launen, die ſchlauen Quaͤlereyen, und alle die kleinen allerliebſten Spitzen, womit das andre Geſchlecht bey uns eine rechte Zauberkraft ausuͤbt, ſind ihnen eben ſo unbekannt, als unſre ſchwebenden Ruhebettgen im roſenfarbigen Sommercabinet. Sie lachten ſogar uͤber die
letztern,
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Schreiben eines reiſenden Pariſers
und wenn der Beweis in der Kriegesinſtanz vollfuͤhrt, noch
einmal Hand an die Sache ſchlagen, und ſich die Acten auf
einen Monat, um die Guͤte zu verſuchen, geben laſſen koͤn-
nen, wenn es der eine oder andre Theil auf ſeine Koſten
verlangte.
LV.
Schreiben eines reiſenden Pariſers an
ſeinen Wirth in Weſtphalen.
Gott ſey Lob und Dank, daß ich doch endlich wieder hier
und einiger maßen bey halbmenſchlichen Geſchoͤpfen
bin; denn in H.... hat doch noch einer oder andre die Seine
geſehen, oder im Parterre pfeifen gehoͤret. Aber bey euch in
Weſtphalen, iſt das ein Wuſt von runden ehrlichen Leuten,
die man ohne Schaden nach dem Gewichte verkaufen koͤnnte;
man erſtickt bey eurer vielen Geſundheit, und eure ſogenann-
ten Damen haben eine Phyſionomie, wobey einem angſt und
bange werden ſollte, wenn ſie nicht zum Gluͤck fuͤr uns ver-
nuͤnftig waͤren. Sie haben nichts von dem ſanften Geliſpel,
nichts von der zaͤrtlichen Mattigkeit, nichts von der zittern-
den Empfindſamkeit, und uͤberhaupt nichts von der unaus-
ſprechlichen Morbidezza, welche die geringſte Buͤrgerfrau in
Paris ſich ſo oft ſie will zu geben weis. Das feine Son-
derbare, die kuͤnſtlichen Launen, die ſchlauen Quaͤlereyen,
und alle die kleinen allerliebſten Spitzen, womit das andre
Geſchlecht bey uns eine rechte Zauberkraft ausuͤbt, ſind ihnen
eben ſo unbekannt, als unſre ſchwebenden Ruhebettgen im
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/366>, abgerufen am 24.11.2024.
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