allgemeinen Bestens wegen einen größern Credit nöthig, als der geistliche.
Ihr anderer Vorschlag, die zerstreuten Gutsherrlichkeiten völlig aufzuheben, und dafür kleine Bezirke zu machen, über diese Erbgerichtsherrn zu setzen, und von diesen zu erwar- ten, daß sie ihre Gerichtsunterthanen in strengerer Zucht halten, und so wohl über ihre Anlehen als deren zeitigen Wiederbezahlung wachen sollen, mag zwar wohl der Carolin- gischen Verfassung gemäs seyn; aber es wird so viel dazu gehören, um es wieder dahin zurück zu bringen; es streiten so viel heimliche Ahndungen dawider, besonders wann die Pächte und Pflichten der Gerichtsunterthanen nicht auf eher- nen Tafeln eingegraben werden sollten, daß ich nicht weis, ob es rathsam seyn möchte, sich auf diese Art zu helfen.
Ihr dritter Vorschlag, die närrische Rechtsgelehrsamkeit, nach welcher ein Landbesitzer Capitalien aufnimmt, und in der ungewissen Voraussetzung, daß ihm ein andrer Narr wieder bor- gen werde, solche nach einer halbjährigen Löse zu bezahlen ver- spricht, zum Lande hinauszupeitschen, und dafür den alten Rentcontrakt wieder herzustellen, ist schön, aber so leicht nicht auszuführen; ohnerachtet der gesunde Menschenverstand eben diesen Contrakt in Italien, England und Frankreich erhalten hat, und es unmöglich ist auf die Dauer jenen beyzubehalten.
Ihr ehmaliger vierter Vorschlag, dem Beyspiel der ver- schuldeten Römer zu folgen, die ihren Gläubigern und viel- leicht ihren Patronen oder Gutsherrn auf einmal die ganze Schuld absagten, und solchergestalt das durch langjährige Ver- pflichtungen zum Nachtheil des gemeinen Wesens erschöpfte Eigenthum befreyeten, ist wiederum zu heroisch, ohnerachtet
es
Gedanken uͤber den Stilleſtand
allgemeinen Beſtens wegen einen groͤßern Credit noͤthig, als der geiſtliche.
Ihr anderer Vorſchlag, die zerſtreuten Gutsherrlichkeiten voͤllig aufzuheben, und dafuͤr kleine Bezirke zu machen, uͤber dieſe Erbgerichtsherrn zu ſetzen, und von dieſen zu erwar- ten, daß ſie ihre Gerichtsunterthanen in ſtrengerer Zucht halten, und ſo wohl uͤber ihre Anlehen als deren zeitigen Wiederbezahlung wachen ſollen, mag zwar wohl der Carolin- giſchen Verfaſſung gemaͤs ſeyn; aber es wird ſo viel dazu gehoͤren, um es wieder dahin zuruͤck zu bringen; es ſtreiten ſo viel heimliche Ahndungen dawider, beſonders wann die Paͤchte und Pflichten der Gerichtsunterthanen nicht auf eher- nen Tafeln eingegraben werden ſollten, daß ich nicht weis, ob es rathſam ſeyn moͤchte, ſich auf dieſe Art zu helfen.
Ihr dritter Vorſchlag, die naͤrriſche Rechtsgelehrſamkeit, nach welcher ein Landbeſitzer Capitalien aufnimmt, und in der ungewiſſen Vorausſetzung, daß ihm ein andrer Narr wieder bor- gen werde, ſolche nach einer halbjaͤhrigen Loͤſe zu bezahlen ver- ſpricht, zum Lande hinauszupeitſchen, und dafuͤr den alten Rentcontrakt wieder herzuſtellen, iſt ſchoͤn, aber ſo leicht nicht auszufuͤhren; ohnerachtet der geſunde Menſchenverſtand eben dieſen Contrakt in Italien, England und Frankreich erhalten hat, und es unmoͤglich iſt auf die Dauer jenen beyzubehalten.
Ihr ehmaliger vierter Vorſchlag, dem Beyſpiel der ver- ſchuldeten Roͤmer zu folgen, die ihren Glaͤubigern und viel- leicht ihren Patronen oder Gutsherrn auf einmal die ganze Schuld abſagten, und ſolchergeſtalt das durch langjaͤhrige Ver- pflichtungen zum Nachtheil des gemeinen Weſens erſchoͤpfte Eigenthum befreyeten, iſt wiederum zu heroiſch, ohnerachtet
es
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0238"n="220"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Gedanken uͤber den Stilleſtand</hi></fw><lb/>
allgemeinen Beſtens wegen einen groͤßern Credit noͤthig, als<lb/>
der geiſtliche.</p><lb/><p>Ihr anderer Vorſchlag, die zerſtreuten Gutsherrlichkeiten<lb/>
voͤllig aufzuheben, und dafuͤr kleine Bezirke zu machen, uͤber<lb/>
dieſe Erbgerichtsherrn zu ſetzen, und von dieſen zu erwar-<lb/>
ten, daß ſie ihre Gerichtsunterthanen in ſtrengerer Zucht<lb/>
halten, und ſo wohl uͤber ihre Anlehen als deren zeitigen<lb/>
Wiederbezahlung wachen ſollen, mag zwar wohl der Carolin-<lb/>
giſchen Verfaſſung gemaͤs ſeyn; aber es wird ſo viel dazu<lb/>
gehoͤren, um es wieder dahin zuruͤck zu bringen; es ſtreiten<lb/>ſo viel heimliche Ahndungen dawider, beſonders wann die<lb/>
Paͤchte und Pflichten der Gerichtsunterthanen nicht auf eher-<lb/>
nen Tafeln eingegraben werden ſollten, daß ich nicht weis,<lb/>
ob es rathſam ſeyn moͤchte, ſich auf dieſe Art zu helfen.</p><lb/><p>Ihr dritter Vorſchlag, die naͤrriſche Rechtsgelehrſamkeit,<lb/>
nach welcher ein Landbeſitzer Capitalien aufnimmt, und in der<lb/>
ungewiſſen Vorausſetzung, daß ihm ein andrer Narr wieder bor-<lb/>
gen werde, ſolche nach einer halbjaͤhrigen Loͤſe zu bezahlen ver-<lb/>ſpricht, zum Lande hinauszupeitſchen, und dafuͤr den alten<lb/>
Rentcontrakt wieder herzuſtellen, iſt ſchoͤn, aber ſo leicht nicht<lb/>
auszufuͤhren; ohnerachtet der geſunde Menſchenverſtand eben<lb/>
dieſen Contrakt in Italien, England und Frankreich erhalten<lb/>
hat, und es unmoͤglich iſt auf die Dauer jenen beyzubehalten.</p><lb/><p>Ihr ehmaliger vierter Vorſchlag, dem Beyſpiel der ver-<lb/>ſchuldeten Roͤmer zu folgen, die ihren Glaͤubigern und viel-<lb/>
leicht ihren Patronen oder Gutsherrn auf einmal die ganze<lb/>
Schuld abſagten, und ſolchergeſtalt das durch langjaͤhrige Ver-<lb/>
pflichtungen zum Nachtheil des gemeinen Weſens erſchoͤpfte<lb/>
Eigenthum befreyeten, iſt wiederum zu heroiſch, ohnerachtet<lb/><fwplace="bottom"type="catch">es</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[220/0238]
Gedanken uͤber den Stilleſtand
allgemeinen Beſtens wegen einen groͤßern Credit noͤthig, als
der geiſtliche.
Ihr anderer Vorſchlag, die zerſtreuten Gutsherrlichkeiten
voͤllig aufzuheben, und dafuͤr kleine Bezirke zu machen, uͤber
dieſe Erbgerichtsherrn zu ſetzen, und von dieſen zu erwar-
ten, daß ſie ihre Gerichtsunterthanen in ſtrengerer Zucht
halten, und ſo wohl uͤber ihre Anlehen als deren zeitigen
Wiederbezahlung wachen ſollen, mag zwar wohl der Carolin-
giſchen Verfaſſung gemaͤs ſeyn; aber es wird ſo viel dazu
gehoͤren, um es wieder dahin zuruͤck zu bringen; es ſtreiten
ſo viel heimliche Ahndungen dawider, beſonders wann die
Paͤchte und Pflichten der Gerichtsunterthanen nicht auf eher-
nen Tafeln eingegraben werden ſollten, daß ich nicht weis,
ob es rathſam ſeyn moͤchte, ſich auf dieſe Art zu helfen.
Ihr dritter Vorſchlag, die naͤrriſche Rechtsgelehrſamkeit,
nach welcher ein Landbeſitzer Capitalien aufnimmt, und in der
ungewiſſen Vorausſetzung, daß ihm ein andrer Narr wieder bor-
gen werde, ſolche nach einer halbjaͤhrigen Loͤſe zu bezahlen ver-
ſpricht, zum Lande hinauszupeitſchen, und dafuͤr den alten
Rentcontrakt wieder herzuſtellen, iſt ſchoͤn, aber ſo leicht nicht
auszufuͤhren; ohnerachtet der geſunde Menſchenverſtand eben
dieſen Contrakt in Italien, England und Frankreich erhalten
hat, und es unmoͤglich iſt auf die Dauer jenen beyzubehalten.
Ihr ehmaliger vierter Vorſchlag, dem Beyſpiel der ver-
ſchuldeten Roͤmer zu folgen, die ihren Glaͤubigern und viel-
leicht ihren Patronen oder Gutsherrn auf einmal die ganze
Schuld abſagten, und ſolchergeſtalt das durch langjaͤhrige Ver-
pflichtungen zum Nachtheil des gemeinen Weſens erſchoͤpfte
Eigenthum befreyeten, iſt wiederum zu heroiſch, ohnerachtet
es
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/238>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.