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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

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Betrachtungen
ziemlich angemessen, und sie unterscheiden sich durch ihre
Größe leicht von vogteylichen Gefällen.

Eine andre Ursache der Abäußerung in der Eigenthums-
ordnung, nemlich diese:
Wann eine eigenbehörige Person sich dem schändlichen
Hurenleben ergiebt, imgleichen Ehebruch oder Dieb-
stahl begehet, oder sonst einer groben Misselhat überfüh-
ret wird, wodurch dem Erbe eine schwere Last zuwächst;
so ist solches alleinig pro causa discussionis zu achten.

hat sehr vieles von ihrem innerlichen Gehalte verlohren,
weil man hier blos auf das Verhältniß zwischen den Leibeig-
nen und Gutsherrn als Erbverpächtern gesehen hat; der
allenfalls zufrieden ist, einen schlechten Kerl, wenn er sonst
richtig bezahlt, auf dem Hofe zu lassen, so lange der Staat
ihn nicht verbannet. In der That aber gehört diese Ursache
zu den allgemeinen, und die Beamte sollten jeden Freyen,
und der Gutsherr, kraft der vogteylichen Gerechtsame, jeden
Leibeignen, der sich so schändlich beträgt, des Hofes entsetzen
können. Ein Soldat mag noch so schön gewachsen und noch
so tapfer seyn: so wird er vom Regiment gejagt, so bald er
etwas begeht, was mit der Dienstehre nicht bestehen kan.
Eine gleiche Denkungsart herrschte unter den ursprünglichen
Reihepflichtigen bey den Deutschen, und dem Staat ist daran
gelegen, um die gemeine Reihe bey Ehren, folgends mit
dieser Ehre Ackerbau und Amtssäßigkeit in Ansehen zu erhal-
ten, diese Denkungsart nicht zu schwächen. Daß der Mann
oder die Frau, welche in solchem Falle durch den schuldigen
Theil mit ins Unglück gezogen wird, eine Auffahrt (lau-
demium
) bezahlet habe, ist zwar ein hinlänglicher Grund
für den Gutsherrn als Erbverpächtern, um sie nicht zu

ver-

Betrachtungen
ziemlich angemeſſen, und ſie unterſcheiden ſich durch ihre
Groͤße leicht von vogteylichen Gefaͤllen.

Eine andre Urſache der Abaͤußerung in der Eigenthums-
ordnung, nemlich dieſe:
Wann eine eigenbehoͤrige Perſon ſich dem ſchaͤndlichen
Hurenleben ergiebt, imgleichen Ehebruch oder Dieb-
ſtahl begehet, oder ſonſt einer groben Miſſelhat uͤberfuͤh-
ret wird, wodurch dem Erbe eine ſchwere Laſt zuwaͤchſt;
ſo iſt ſolches alleinig pro cauſa diſcuſſionis zu achten.

hat ſehr vieles von ihrem innerlichen Gehalte verlohren,
weil man hier blos auf das Verhaͤltniß zwiſchen den Leibeig-
nen und Gutsherrn als Erbverpaͤchtern geſehen hat; der
allenfalls zufrieden iſt, einen ſchlechten Kerl, wenn er ſonſt
richtig bezahlt, auf dem Hofe zu laſſen, ſo lange der Staat
ihn nicht verbannet. In der That aber gehoͤrt dieſe Urſache
zu den allgemeinen, und die Beamte ſollten jeden Freyen,
und der Gutsherr, kraft der vogteylichen Gerechtſame, jeden
Leibeignen, der ſich ſo ſchaͤndlich betraͤgt, des Hofes entſetzen
koͤnnen. Ein Soldat mag noch ſo ſchoͤn gewachſen und noch
ſo tapfer ſeyn: ſo wird er vom Regiment gejagt, ſo bald er
etwas begeht, was mit der Dienſtehre nicht beſtehen kan.
Eine gleiche Denkungsart herrſchte unter den urſpruͤnglichen
Reihepflichtigen bey den Deutſchen, und dem Staat iſt daran
gelegen, um die gemeine Reihe bey Ehren, folgends mit
dieſer Ehre Ackerbau und Amtsſaͤßigkeit in Anſehen zu erhal-
ten, dieſe Denkungsart nicht zu ſchwaͤchen. Daß der Mann
oder die Frau, welche in ſolchem Falle durch den ſchuldigen
Theil mit ins Ungluͤck gezogen wird, eine Auffahrt (lau-
demium
) bezahlet habe, iſt zwar ein hinlaͤnglicher Grund
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[172/0190] Betrachtungen ziemlich angemeſſen, und ſie unterſcheiden ſich durch ihre Groͤße leicht von vogteylichen Gefaͤllen. Eine andre Urſache der Abaͤußerung in der Eigenthums- ordnung, nemlich dieſe: Wann eine eigenbehoͤrige Perſon ſich dem ſchaͤndlichen Hurenleben ergiebt, imgleichen Ehebruch oder Dieb- ſtahl begehet, oder ſonſt einer groben Miſſelhat uͤberfuͤh- ret wird, wodurch dem Erbe eine ſchwere Laſt zuwaͤchſt; ſo iſt ſolches alleinig pro cauſa diſcuſſionis zu achten. hat ſehr vieles von ihrem innerlichen Gehalte verlohren, weil man hier blos auf das Verhaͤltniß zwiſchen den Leibeig- nen und Gutsherrn als Erbverpaͤchtern geſehen hat; der allenfalls zufrieden iſt, einen ſchlechten Kerl, wenn er ſonſt richtig bezahlt, auf dem Hofe zu laſſen, ſo lange der Staat ihn nicht verbannet. In der That aber gehoͤrt dieſe Urſache zu den allgemeinen, und die Beamte ſollten jeden Freyen, und der Gutsherr, kraft der vogteylichen Gerechtſame, jeden Leibeignen, der ſich ſo ſchaͤndlich betraͤgt, des Hofes entſetzen koͤnnen. Ein Soldat mag noch ſo ſchoͤn gewachſen und noch ſo tapfer ſeyn: ſo wird er vom Regiment gejagt, ſo bald er etwas begeht, was mit der Dienſtehre nicht beſtehen kan. Eine gleiche Denkungsart herrſchte unter den urſpruͤnglichen Reihepflichtigen bey den Deutſchen, und dem Staat iſt daran gelegen, um die gemeine Reihe bey Ehren, folgends mit dieſer Ehre Ackerbau und Amtsſaͤßigkeit in Anſehen zu erhal- ten, dieſe Denkungsart nicht zu ſchwaͤchen. Daß der Mann oder die Frau, welche in ſolchem Falle durch den ſchuldigen Theil mit ins Ungluͤck gezogen wird, eine Auffahrt (lau- demium) bezahlet habe, iſt zwar ein hinlaͤnglicher Grund fuͤr den Gutsherrn als Erbverpaͤchtern, um ſie nicht zu ver-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/190>, abgerufen am 25.11.2024.