tzung eines schlechten Haushalters dermaßen erschweret, daß auch auf der andern Seite nicht allein der Staat und die Gutsherrn sondern auch der Gläubiger, der einem solchen schlechten Wirthe das seinige aufgeopfert hat, in großen Verlust gestürzet wird. Allein so vernünftig und nothwendig auch die Bemühungen sind, wodurch man dieser Form eine verbesserte Gestalt zu geben wünschet, eben so nothwendig ist auch die Politik, sich von jenem Grundsatze nicht zu weit zu entfernen, und den Richter zum bloßen Ausrichter der guts- herrlichen Willkühr zu machen. So bald dieses geschieht, treten alle obige zuerst erwehnte Folgen richtig ein; jeder Freyer wird sich scheuen unter solchen Bedingungen in den Leibeigenthum zu treten; aller Credit fällt nothwendig weg- und der Gutsherr trägt am Ende die Last eines jeden nichts, würdigen Kerls.
Wenn aber gleich die Regeln, daß eine größere Strenge der Abäußerungsursachen dem wahren Interesse des Guts- herrn zuwider laufe, und daß mildere Gesetze für beyde am zuträglichsten seyn, dadurch ausgefunden und außer Streit ge- setzet find: so muß ich doch aufrichtig bekennen, daß man da- durch nur noch wenig gewonnen, und höchstens den Punkt festgesetzet habe, woraus man die Sache übersehen müsse. Denn es liegt so wenig an der Milde als an der Strenge der Ursachen, daß wir mit den Abäußerungen nicht fortkommen können, sondern in der Mannigfaltigkeit der Umstände, welche eben und dasselbe Verbrechen bald vergrößern und bald ver- kleinern; es liegt auch zum theil mit an dem Richter, der ohne den Leibeignen nach seinem wahren Charakter und Haus- halt zu kennen, blos nach demjenigen sprechen kan und muß, was vor ihm in den Acten angeführet und erwiesen ist, wel- ches denn wiederum nicht allemal in der Kürze geschehen kan, worinn man es zu haben wünscht.
Mord
Die Abmeyerungen koͤnnen dem Hofesherrn
tzung eines ſchlechten Haushalters dermaßen erſchweret, daß auch auf der andern Seite nicht allein der Staat und die Gutsherrn ſondern auch der Glaͤubiger, der einem ſolchen ſchlechten Wirthe das ſeinige aufgeopfert hat, in großen Verluſt geſtuͤrzet wird. Allein ſo vernuͤnftig und nothwendig auch die Bemuͤhungen ſind, wodurch man dieſer Form eine verbeſſerte Geſtalt zu geben wuͤnſchet, eben ſo nothwendig iſt auch die Politik, ſich von jenem Grundſatze nicht zu weit zu entfernen, und den Richter zum bloßen Ausrichter der guts- herrlichen Willkuͤhr zu machen. So bald dieſes geſchieht, treten alle obige zuerſt erwehnte Folgen richtig ein; jeder Freyer wird ſich ſcheuen unter ſolchen Bedingungen in den Leibeigenthum zu treten; aller Credit faͤllt nothwendig weg- und der Gutsherr traͤgt am Ende die Laſt eines jeden nichts, wuͤrdigen Kerls.
Wenn aber gleich die Regeln, daß eine groͤßere Strenge der Abaͤußerungsurſachen dem wahren Intereſſe des Guts- herrn zuwider laufe, und daß mildere Geſetze fuͤr beyde am zutraͤglichſten ſeyn, dadurch ausgefunden und außer Streit ge- ſetzet find: ſo muß ich doch aufrichtig bekennen, daß man da- durch nur noch wenig gewonnen, und hoͤchſtens den Punkt feſtgeſetzet habe, woraus man die Sache uͤberſehen muͤſſe. Denn es liegt ſo wenig an der Milde als an der Strenge der Urſachen, daß wir mit den Abaͤußerungen nicht fortkommen koͤnnen, ſondern in der Mannigfaltigkeit der Umſtaͤnde, welche eben und daſſelbe Verbrechen bald vergroͤßern und bald ver- kleinern; es liegt auch zum theil mit an dem Richter, der ohne den Leibeignen nach ſeinem wahren Charakter und Haus- halt zu kennen, blos nach demjenigen ſprechen kan und muß, was vor ihm in den Acten angefuͤhret und erwieſen iſt, wel- ches denn wiederum nicht allemal in der Kuͤrze geſchehen kan, worinn man es zu haben wuͤnſcht.
Mord
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Die Abmeyerungen koͤnnen dem Hofesherrn
tzung eines ſchlechten Haushalters dermaßen erſchweret, daß
auch auf der andern Seite nicht allein der Staat und die
Gutsherrn ſondern auch der Glaͤubiger, der einem ſolchen
ſchlechten Wirthe das ſeinige aufgeopfert hat, in großen
Verluſt geſtuͤrzet wird. Allein ſo vernuͤnftig und nothwendig
auch die Bemuͤhungen ſind, wodurch man dieſer Form eine
verbeſſerte Geſtalt zu geben wuͤnſchet, eben ſo nothwendig iſt
auch die Politik, ſich von jenem Grundſatze nicht zu weit zu
entfernen, und den Richter zum bloßen Ausrichter der guts-
herrlichen Willkuͤhr zu machen. So bald dieſes geſchieht,
treten alle obige zuerſt erwehnte Folgen richtig ein; jeder
Freyer wird ſich ſcheuen unter ſolchen Bedingungen in den
Leibeigenthum zu treten; aller Credit faͤllt nothwendig weg-
und der Gutsherr traͤgt am Ende die Laſt eines jeden nichts,
wuͤrdigen Kerls.
Wenn aber gleich die Regeln, daß eine groͤßere Strenge
der Abaͤußerungsurſachen dem wahren Intereſſe des Guts-
herrn zuwider laufe, und daß mildere Geſetze fuͤr beyde am
zutraͤglichſten ſeyn, dadurch ausgefunden und außer Streit ge-
ſetzet find: ſo muß ich doch aufrichtig bekennen, daß man da-
durch nur noch wenig gewonnen, und hoͤchſtens den Punkt
feſtgeſetzet habe, woraus man die Sache uͤberſehen muͤſſe.
Denn es liegt ſo wenig an der Milde als an der Strenge der
Urſachen, daß wir mit den Abaͤußerungen nicht fortkommen
koͤnnen, ſondern in der Mannigfaltigkeit der Umſtaͤnde, welche
eben und daſſelbe Verbrechen bald vergroͤßern und bald ver-
kleinern; es liegt auch zum theil mit an dem Richter, der
ohne den Leibeignen nach ſeinem wahren Charakter und Haus-
halt zu kennen, blos nach demjenigen ſprechen kan und muß,
was vor ihm in den Acten angefuͤhret und erwieſen iſt, wel-
ches denn wiederum nicht allemal in der Kuͤrze geſchehen kan,
worinn man es zu haben wuͤnſcht.
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/176>, abgerufen am 23.07.2024.
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